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Jedesheim: War die frühere Jedesheimer Kirche einst ein heidnischer Tempel?

Jedesheim

War die frühere Jedesheimer Kirche einst ein heidnischer Tempel?

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    Dem Geheimnis der einstigen Wandbilder in der alten Jedesheimer Kirche (im Bild das heutige Gotteshaus) ist der Heimatforscher Valentin Mayer auf der Spur.
    Dem Geheimnis der einstigen Wandbilder in der alten Jedesheimer Kirche (im Bild das heutige Gotteshaus) ist der Heimatforscher Valentin Mayer auf der Spur. Foto: Wolfgang Seruset (Archivbild)

    Der vierfüßige Drache oder auch der gefiederte Gott gehörten einst wohl zu den keltischen Symbolen. Für Valentin Mayer gehören sie quasi zu dem Paket, das er selbst zu seinem Geburtstag präsentiert. Es ist besonderes Paket, denn es ist voll mit geschichtlichem Wissen. Dabei ist auch sein Geburtstag ein besonderer:

    Wie kein anderer kennt Valentin Mayer die Geschichte seines Heimatortes Jedesheim, die er als ehemaliger Bürgermeister auch selbst mitgestaltet hat. So verfügt er über einen mächtigen Fundus an Wissen. Einiges davon hat er in Büchern niedergeschrieben. Vor zwei Jahren erschien sein jüngstes Werk "

    Valentin Mayer ist auch mit 102 Jahren noch ein unermüdlicher Heimatforscher. Für ihn gibt es in der Heimatgeschichte von Jedesheim noch immer viel zu entdecken.
    Valentin Mayer ist auch mit 102 Jahren noch ein unermüdlicher Heimatforscher. Für ihn gibt es in der Heimatgeschichte von Jedesheim noch immer viel zu entdecken. Foto: Zita Schmid

    "Das Hirn funktioniert noch", meint Valentin Mayer und lächelt verschmitzt. Lesen sei inzwischen eine seiner Haupttätigkeiten, meint er. Obwohl er sich nach wie vor über eine robuste Gesundheit freuen könne und auch jeden Tag unterwegs sei, verbringe er damit viel Zeit. "150 Jahre Pfarrkirche St. Meinrad Jedesheim" heißt eines der Werke auf dem Tisch. Ein anderes Buch trägt den Titel "Symbole der Kelten". Beides hängt mit seiner jüngsten Entdeckung zusammen. Auch in der früheren Jedesheimer Kirche befanden sich wohl geheimnisvolle, alte Zeichen. So berichtet Anton Kanz in der Illertisser Chronik, dass beim Abbruch der alten Pfarrkirche im Jahr 1855 unerklärliche Wandbilder entdeckt worden seien, deren Sinn und Bedeutung Rätsel aufgaben.

    Heidnische Stätten wurden zu christlichen Kirchen - auch in Jedesheim

    Auch der damalige Dekan und lllertisser Pfarrer Marquart Curtius berichtet als Augenzeuge in seinen Aufzeichnungen von dieser Entdeckung. Kunstverständige seien damals hinzugezogen worden. Diese kamen zu dem Schluss, dass das Gebäude ursprünglich wohl ein Tempel aus der Römerzeit gewesen sei. Im Zuge der Christianisierung könnten diese Malereien dann unter einer dicken Putzschicht verschwunden sein. Dazu passend wäre ein Erlass von Papst Gregor dem Großen aus dem Jahr 602, erzählt Mayer aus seinen Recherchen. So soll der Papst verfügt haben, den Heiden ihre Gebäude zu lassen, sie jedoch mit christlichen Inhalten neu zu beleben. Demzufolge konnten heidnische Stätten also in Kirchen umgewandelt werden. Dabei musste man aber die unchristlichen Götterbilder zerstören.

    So soll die alte Jedesheimer Kirche ausgesehen haben. 1855 wurde sie abgerissen. Wie in Chroniken festgehalten, wurden beim Abbruch vermutlich heidnische Götterbilder entdeckt. Die Zeichnung von Hubert Mayer entstand nach Skizzen des Landbauamtes.
    So soll die alte Jedesheimer Kirche ausgesehen haben. 1855 wurde sie abgerissen. Wie in Chroniken festgehalten, wurden beim Abbruch vermutlich heidnische Götterbilder entdeckt. Die Zeichnung von Hubert Mayer entstand nach Skizzen des Landbauamtes. Foto: Zita Schmid

    Wie die Symbole ausgesehen haben, die sich laut Mayer an der Ostinnenmauer der alten Kirche befanden, darüber gibt es keine Aufzeichnungen mehr. Ein Drache, der bei den Kelten die Rolle des Wächters verkörperte, wäre ein denkbares Symbol, sagt er. Auch Darstellungen aus dem Sonnenkult seien möglich. Die Kelten haben auch auf Jedesheimer Flur ihre Spuren hinterlassen. In seinem "persönlichen Geschichtsbuch" schreibt Mayer von "Eisenschlackenlagern, einige Tonnen schwer", die bei einem Wiesenumbruch gefunden wurden und auf die einstige keltische Eisengewinnung hinweisen.

    Die Römer duldeten den Kult der Kelten

    "Als die Römer kamen, brachten sie ihre Götter mit, duldeten aber nach wie vor den Kult der heimischen Bevölkerung", erklärt Mayer nun weiter. Über reisende Händler und römische Legionäre seien dann die ersten Christen gekommen. In seinem Buch zur Pfarrkirche schreibt der Autor Alois Häutle, dass wohl schon zur Zeit von Bischof Ulrich (890 – 973) eine geordnete Seelsorge bestanden habe. Der spätere Bistumspatron soll selbst die damals bereits bestehende Jedesheimer Kirche konsekriert haben. Dies ist jedoch nicht belegt. Auch was später rund um das Gotteshaus geschah, verschwimmt im Dunkel der Jahrhunderte.

    Nach dem Kirchenabbruch von 1855 wurde das jetzige Gotteshaus am gleichen Platz gebaut. Wie alt der kleinere Vorgängerbau war, ist nicht bekannt. 1858 war der Kirchenneubau vollendet. Die heidnischen Götterbilder waren nun endgültig Geschichte. Eine Geschichte, der Valentin Mayer als unermüdlicher Heimatforscher nun nachging, damit auch dieser Teil der Jedesheimer Vergangenheit nicht verloren geht. Eine Geschichte, hinter der laut Valentin Mayer auch eine "Sensation" stecken könnte. Nämlich dann, wenn die alte Kirche tatsächlich einst ein Tempel war und die dort entdeckten Symbole schon zu Zeiten des heiligen Ulrich übertüncht im Verborgenen lagen. Beim Abbruch 1855, bald 1000 Jahre später, könnten sie ein letztes Mal zutage gekommen sein.

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