Ob der Autofahrer gewusst hat, wie viel Geld auf dem Spiel stand? Mitte September war der 56 Jahre alte Mann mit seinem VW Caddy von der Autobahn abgekommen und exakt zwischen den Pfosten der Hinweistafel für das Illertisser Vöhlinschloss hindurch gerollt. Der Mann stieg unverletzt aus seinem Fahrzeug. Die „Touristische Unterrichtungstafel“, so der offizielle Name, blieb im Gegenzug zum Auto völlig unbeschädigt. Das Schild nimmt in einer bundesweiten Rangliste einen Spitzenplatz ein.
Die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, Vorsitzende des nach ihr benannten Bündnisses, hat sich im Verkehrsministerium nach den zehn teuersten Tafeln dieser Art erkundigt, die seit 2022 aufgestellt worden sind. Der Hinweis auf das Vöhlinschloss landet auf Rang zwei, knapp hinter der Tafel, die den Zechenpark Friedrich Heinrich im nordrhein-westfälischen Kamp-Lintfort zeigt und knapp vor jener mit dem Motiv „Neuburg – Renaissance an der Donau“. Dabei führt die Liste sogar noch einen geringeren Betrag auf als den, den die Stadt berappen musste.
Illertissen: Teure Hinweistafel für das Vöhlinschloss
Die Kosten für die Stadt Illertissen beziffert Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) in der Antwort auf Wagenknechts Anfrage mit 35.521,35 Euro brutto. Als der Stadtrat im März 2023 über einen Ersatz für die damals 20 Jahren alten Vorgängerschilder debattierte, riefen die veranschlagten Kosten reichlich Ärger hervor. Neben dem Preis für die Tafeln verlangte die Autobahndirektion Südbayern Miete fürs Grundstück und eine Erschwerniszulage, hochgerechnet auf 20 Jahre. Beim Mähen des Grünstreifens müsse man schließlich drumherum. Insgesamt rund 65.000 Euro kamen zusammen. Dem Stadtrat war es das wert. Eine Mehrheit von 14:8 Mitgliedern fand, dass der Werbeeffekt die Kosten rechtfertigt.
Bleibt die Frage, wo die Kosten eigentlich herkommen. Die Illertisser Vorgängerschilder waren weitaus billiger gewesen, die Stadt hatte für die Neuanschaffung zunächst 10.000 Euro eingeplant. Unter den Top Ten der teuersten Tafeln sind auch drei, die weniger als 20.000 Euro kosteten. Auf Rang zehn landet das Motiv „St. Georgen – Heimat der Phonindustrie“ aus dem Schwarzwald. Der Preis, so könnte man folgern, muss also wohl mit der Pracht des Vöhlinschlosses zusammenhängen. Und es gibt einen weiteren Trost: Die alten Schilder waren kleiner, der Abstand zwischen den Pfosten war geringer. Ob der Unfall ohne die teure Neuanschaffung so glimpflich ausgegangen wäre, ist zumindest fraglich.
Jetzt habe ich evtl. auch eine Ahnung, warum manche Verkehrsschilder - von 80 auf 50 und bald darauf wieder auf 70 - geändert werden. Von irgendwas muss die Schilder-Industrie ja leben?
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