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Illertissen: Prozess: Frau will gestohlen haben, "um Druck abzubauen"

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Prozess: Frau will gestohlen haben, "um Druck abzubauen"

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    Eine 46 Jahre alte Frau wehrt sich vor dem Landgericht Memmingen gegen eine Haftstrafe wegen Diebstahls. Das Verfahren geht wohl im Herbst weiter.
    Eine 46 Jahre alte Frau wehrt sich vor dem Landgericht Memmingen gegen eine Haftstrafe wegen Diebstahls. Das Verfahren geht wohl im Herbst weiter. Foto: Roland Furthmair (Symbolbild)

    Zu fünf Monaten Haft war eine Frau aus dem südlichen Landkreis Neu-Ulm verurteilt worden, weil sie in einem Illertisser Drogeriemarkt Hygieneartikel im Wert von rund 116 Euro gestohlen hatte. Die aus Rumänien stammende 46-Jährige hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Vor dem Landgericht Memmingen präsentierte ihre in Medienberichten als "Staranwältin" bezeichnete Verteidigerin eine Erklärung für den Diebstahl – und verhinderte zumindest zunächst eine Haftstrafe für ihre Mandantin.

    Als Verteidigerin trat Rechtsanwältin Ricarda Lang aus München auf, die von dortigen Medien als "Staranwältin" bezeichnet wird und vom Magazin Focus schon dreimal unter die "Top-Strafverteidiger/innen Deutschlands" gewählt wurde. Sie erklärte die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen. Das bedeutet, dass das Gericht nur über die Höhe der Strafe weiter verhandelt. Damit ist allerdings auch ein Geständnis verbunden, weshalb der Staatsanwalt seine Berufung zurücknahm. Die Staatsanwaltschaft Memmingen hatte ebenfalls Rechtsmittel gegen das Ersturteil eingelegt, weil das Strafmaß "weder der Tat noch der Täterpersönlichkeit gerecht geworden" sei. Die Ware hatte die 46-Jährige im Rucksack einer Mittäterin versteckt. Diese wurde vom

    Diebstahl in Illertissen: Frau steht vor dem Landgericht Memmingen

    Die Verteidigerin erläuterte, dass sich die Lebensumstände der Angeklagten seit dem Ersturteil geändert hätten, da diese seither einer geregelten Arbeit nachgehe. Das Motiv für den Diebstahl sei weder finanzielle noch materielle Not, sondern die Angeklagte stehle, "aus Kompensation, um Druck abzubauen". Sie habe vier Kinder; der Ehemann habe einen geregelten Verdienst, und sie könne selbst nicht erklären, warum sie immer wieder Diebstähle begehe.

    Richter Jürgen Hasler, der Vorsitzende der 3. Strafkammer, fragte nach, weshalb die Angeklagte nach der Bewährungsstrafe für frühere Taten den Kontakt zur Bewährungshelferin abgebrochen habe. Das wurde mit sprachlichen Problemen begründet. Auch die gesamte Verhandlung am Landgericht wurde von einer Dolmetscherin übersetzt. Verteidigerin Lang argumentierte weiter, dass "Wegsperren nichts bringt", weil offensichtlich psychische Probleme vorlägen. Sie schlage deshalb Beratungsgespräche als Bewährungsauflage vor.

    Prozess soll nach psychiatrischem Gutachten weitergehen

    Richter Hasler erwiderte, dass schon nach der früheren Verurteilung die Einladungen zu Gesprächen nicht wahrgenommen worden seien. Er habe sich diesbezüglich an das Bayerische Oberste Landesgericht zu halten, demzufolge die frühere Bewährung widerrufen werden müsste und die Strafe aus dem aktuellen Verfahren noch dazu käme. Er sehe momentan keine Chance, sich darüber hinwegzusetzen, sagte Hasler weiter. So zog sich der Vorsitzende mit seinen beiden Schöffen zur Beratung zurück und kam wieder mit einem Vorschlag: Die Angeklagte solle sich vom Memminger Gerichtspsychiater Dr. Andreas Küthmann mit Dolmetscherhilfe ausführlich untersuchen lassen, und im Herbst könne dann weiter verhandelt werden.

    Nach Rückfrage bei Verteidigung und Staatsanwaltschaft gab Richter Hasler schließlich bekannt, dass das Verfahren bis zur Vorlage des psychiatrischen Gutachtens ausgesetzt wird. Die zu erwartenden weitaus höheren Kosten wurden sowohl von der Angeklagten als auch ihrem im Zuhörerraum anwesenden Bekannten- oder Familienkreis zustimmend zur Kenntnis genommen. Diese gehen auf jeden Fall zu ihren Lasten, da sie die angeklagte Tat durch die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen bereits eingestanden hat.

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