Kramerladen, Bekleidungsgeschäft, Bettenhaus. Seit mehr als 130 Jahren werden in der Vöhlinstraße 8 Waren verkauft. Nun wird das als Wachter-Haus bekannte Gebäude aufgestockt, erweitert und umgebaut. In einem knappen Jahr soll alles fertig sein. Das sind die Pläne.
Etwa 1890 ließ der den Landwirt und Kaufmann Xaver Bischofberger das Bestandsgebäude in der Vöhlintraße 8 errichten, neben seinem Hof betrieb er einen Kramerladen. 1921 übernahm dessen Tochter Maria den Laden, die Landwirtschaft gab sie auf. Deren Tochter Erna Wachter führte den Betrieb von 1948 an als Fachgeschäft für Damenoberbekleidung weiter. Das Geschäft wurde 1954 zur 1000-Jahr-Feier der Stadt generalsaniert, umgebaut und erweitert. Der Anbau im Süden kam 1975 zeitgleich mit der zweiten Generalsanierung dazu. Weitere 20 Jahre später gab Erna Wachter das Geschäft altersbedingt auf, die Ladenfläche im Erdgeschoss wurde an Betten Baumgärtner vermietet. 2009 wurde die Verkaufsfläche im Erdgeschoss auf Baumgärtners Kosten erweitert, inzwischen ist der Anbau mit Schaufensterfront ins Eigentum der Familie Wachter übergegangen.
Wachter-Haus in der Vöhlinstraße in Illertissen wird erweitert
Aktuell wird direkt neben dem bestehenden Wachter-Haus ein zweites Gebäude errichtet. Aus bisher rund 260 Quadratmetern Geschäftsfläche im Erdgeschoss werden dadurch etwa 415. In den beiden Obergeschossen beider Häuser wird jeweils eine Wohnung gebaut, alle sollen ab September oder Oktober 2025 bezugsfertig sein. Betten Baumgärtner soll im Mai oder Juni des kommenden Jahres wieder in die angestammten Räume ziehen können. Das Unternehmen nutzt derzeit den Laden gegenüber, die zuvor von den Schreibwarenläden Mein Mix beziehungsweise Fleischmann genutzt wurden. Das Gebäude gehört der Stadt, die es wegen der Nähe zum alten Feuerwehrhaus erwarb. Betten Baumgärtner hat Verkaufsräume und Lager bis Mai 2025 angemietet und kann den Vertrag monatlich verlängern. Wie es im Haus anschließend weitergeht, ist noch nicht abschließend geklärt. „Es gibt Ideen, aber noch keine konkreten Pläne“, sagt Gerhard Steinle aus dem Bauamt der Stadt Illertissen.
Geschäftsführer André Baumgärtner ist mit der Übergangsmöglichkeit sehr zufrieden. Die Verkaufsfläche sei etwas größer als die frühere im Wachter-Haus vor dem Umbau. Das Lager schließt direkt an und ist über Einfahrt und Rampe gut erreichbar. „Die Lagerfläche hier ist schon komfortabel“, findet der Unternehmer. Die Lage gleich gegenüber des angestammten Geschäfts sei mit Blick auf die Kundschaft sinnvoll – niemand müsse sich an eine andere Adresse gewöhnen.
Neubau: Wünsche von Betten Baumgärtner werden berücksichtigt
Zunächst hatte André Baumgärtner geplant, seine Waren auch während des Neubaus im Wachter-Haus zu verkaufen. Dann wären immer Teile der Verkaufsfläche abgetrennt worden, um beides parallel zu ermöglichen. Die Entscheidung, vorübergehend umzuziehen, fiel erst während des Räumungsverkaufs. „Das kam eher kurzfristig“, sagt André Baumgärtner über die Nachricht, dass Mein Mix das Anwesen Vöhlinstraße 5 verlässt. Der Umzug helfe allen Beteiligten. Der Betrieb im Laden sein angenehmer, nach dem Umbau könne das Bettengeschäft auf einmal eingerichtet und komplett eröffnet werden. Und: „Drüben können sie ungestört arbeiten und werden schneller fertig.“ André Baumgärtner schätzt den Austausch mit der Familie Baumgärtner, die auf die Bedürfnisse des Möbelhauses eingeht. „Da können wir unsere Wünsche verwirklichen, das haben wir vorher nie gehabt“, lobt der Geschäftsmann.
Für André Baumgärtner ist der Umbau der Ladenfläche eine Weichenstellung für die Zukunft. Er rechnet für die Einrichtung des neuen Bettengeschäfts mit Investitionen von rund 150.000 Euro. Genaue Kosten stünden noch nicht fest. Die Kundschaft indes kommt zu Fuß aus der Stadt selbst, fährt aber auch aus einem weiten Umkreis nach Illertissen. „Kunden, die Beratung wollen und Wert auf guten Schlaf legen, kommen zu uns. Und sie kommen wegen der Mitarbeiter“, schildert der Geschäftsführer.
Zwölf neue Mietwohnungen in drei Häusern entstehen
Gebaut wird indes nicht nur am Geschäftshaus, wie Werner Wachter berichtet. Der Münchner Rechtsanwalt ist Miteigentümer der Immobilie und vertritt die Baugemeinschaft Wachter. Das Grundstück ist rund 2700 Quadratmeter groß und gemäß dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz ein Baudenkmal. Beim Erdaushub hat die archäologische Baubegleitung zahlreiche Fundstücke aus der Römerzeit und dem frühen Mittelalter zutage gefördert. Man habe mit Funden gerechnet, sagt Wachter – aber nicht in diesem Umfang.
Das Bestandsgebäude mit der Hausnummer 8 wird zum Wohn- und Geschäftshauses umgebaut, nebenan besteht ein weiteres Wohn- und Geschäftshaus mit der Hausnummer 6. Hinter den beiden Anwesen wird ein reines Wohngebäude mit acht Einheiten und 19 Tiefgaragenstellplätzen errichtet, das Januar oder Februar 2025 bezugsfertig sein soll. Die Erdgeschosswohnungen haben einen Gartenanteil, das Haus wird nach dem höchsten Energieeffizienzstandard errichtet. Sämtliche Wohnungen in allen drei Häusern werden vermietet.
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