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Illertissen: Baumfreundschaften gegen den Klimawandel: Was den Illertisser Auwald auszeichnet

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Baumfreundschaften gegen den Klimawandel: Was den Illertisser Auwald auszeichnet

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    Beim Rundgang mit den Förstern Ekkehard Steger (links, FBG Neu-Ulm)
und Bernd Karrer (Forstrevier Illertissen) durch den Illertisser Baum-
und Kunstpfad ging es um nachhaltige Forstwirtschaft angesichts des
Klimawandels.
    Beim Rundgang mit den Förstern Ekkehard Steger (links, FBG Neu-Ulm) und Bernd Karrer (Forstrevier Illertissen) durch den Illertisser Baum- und Kunstpfad ging es um nachhaltige Forstwirtschaft angesichts des Klimawandels. Foto: Regina Langhans

    Eine schöne Tradition ist es, Bäume als Symbol für eine gute Zukunft zu pflanzen. Was aber, wenn Bäume selbst eine unsichere Zukunft haben? Auf der Suche nach Antworten folgten kürzlich mehr als zwei Dutzend Waldbesitzende und Interessierte bis aus Blaustein Ekkehard Steger, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Neu-Ulm, auf einem besonderen Rundgang. Mit dabei war Bernd Karrer vom Forstrevier Illertissen, der über den Baum- und Kunstpfad am Rand der Illertisser Jungviehweide führte. Beide erklärten, welche Arten besonders harmonieren und was den Auwald auszeichnet.

    Das Augenmerk lag diesmal weniger auf der Kunst, sondern galt den 48 heimischen Baumarten. Nach und nach gepflanzt, ist in über zehn Jahren ein beispielhafter Mischwald entstanden, an dem sich Anpassungen der Bäume ans veränderte Klima oder ihr Verhalten zueinander beobachten lassen. Bernd Karrer und sein damaliger Kollege Peter Schaffner haben den Pfad im Jahr 2012 auf einer freien, nicht bepflanzten Fläche angelegt. Beim Spaziergang entlang der auf Tafeln beschrifteten Bäume wusste Karrer Interessantes zu erzählen. Beispielsweise, dass beim Aufforsten jeweils ein Hauptbaum und ein dienender oder Nebenbaum gepflanzt würden. Letzterer mit einem Anteil von 20 Prozent, um Monokulturen zu vermeiden. So würden sich Lärchen mit Buchen anfreunden oder Eichen mit Hainbuchen harmonieren. Andere wie die Linde oder Buche eigneten sich als Haupt- wie als Nebenbaum. Auch passen Fichten, Buchen und Tannen gut zusammen. Die Vermehrung der Fichte erfolgt inzwischen überwiegend durch Naturverjüngung, dann sind die Bäumchen auch widerstandsfähiger als gepflanzte aus der Baumschule.

    Rundgang durch den Auwald: Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft

    Generell zieht Bernd Karrer die Standortkarte zurate, bevor etwas in die Erde gesetzt werden soll. „Unsere Waldböden weisen unterschiedliche Eigenschaften auf und die verschiedenen Bäume haben sich im Laufe der Jahrhunderte an die jeweiligen Orte angepasst“, weiß der Förster. Mit standortgerechten Pflanzungen auf optimalem Boden könnten Waldbesitzer den Stürmen und Wetterextremen etwas entgegenstellen. Der richtige Baum auf dem passenden Platz sei Grundvoraussetzung für einen gesunden Wald.

    Ekkehard Steger erinnert daran, dass die Nachhaltigkeit eine Erfindung der Forstwirtschaft schon vor über 300 Jahren sei. Damals waren die Wälder übernutzt worden. Sie dienten der Schweinemast und lieferten Brennholz, mit ihrem Laub wurden die Ställe ausgelegt und viel Holz wurde von Köhlern, der Glasindustrie oder im Bergbau verbraucht. Der sächsische Oberberghauptmann Carlo von Carlowitz in Freiberg habe im Jahr 1713 eine nachhaltige Forstwirtschaft gefordert, weiß Steger. Es dürfe nicht mehr Holz geerntet werden als nachkommen könne. Damals habe sich die schnell wachsende Fichte wegen ihrer vielseitigen Nutzbarkeit als attraktiv erwiesen, angefangen beim kleinen Christbaum bis zu den langen Stämmen für Möbel oder Häuserbau. Es sei also nichts Neues, zum Erhalt der Wälder auf Nachhaltigkeit zu setzen, die sich aber heute an anderen Kriterien orientiere, sagen die beiden Förster.

    Im Illertisser Auwald wachsen heute andere Arten als früher

    Beim Rundgang machten sie auf allerlei Wissenswertes aufmerksam. Die Fichte könne durch ihre raue Rinde das Regenwasser aufhalten, sodass es später am Boden ankommt, wogegen an der glatten Rinde der Buche das Wasser gut ablaufe und direkt in die Erde gelange. Holz sei ein sehr vielseitig verwendbarer Rohstoff. Buchenholz lasse sich zum Beispiel in Zellulose aufspalten, womit Kleidung hergestellt werden könne. Der Prozess verbrauche zehnmal weniger Wasser als die Herstellung von Baumwolle, so Karrer.

    Die aus Kanada längst heimisch gewordene Douglasie komme in ihrer Wirtschaftlichkeit der Fichte nahe, war zu erfahren. Sie existierte wie andere Baumarten vor der Eiszeit auch in Europa, konnte aber wegen der quer verlaufenden Alpen nicht in unsere Gefilde zurückkehren. Ihren Artgenossen in Nordamerika breiteten sich anders aus, weil die Gebirge dort von Norden nach Süden verlaufen. Interessant auch, dass in dem vom Eschensterben heimgesuchten Illertisser Auwald verschiedene heimische Baumarten für Ersatz gesorgt haben, informiert Karrer: etwa Hainbuche Winterlinde, Flatterulme, Berg- und Spitzahorn, Vogelkirsche, Weiden und vorrangig Eichen. Auf die Weise kann sich Illertissen rühmen, im Vorjahr 13.650 Bäume in ihrem Stadtwald gepflanzt zu haben. Insgesamt hat die Forstbetriebsgemeinschaft 2023 im gesamten Landkreis etwa 175.000 Bäume eingesetzt. Beinahe jeder zehnte Baum, der im Landkreis Neu-Ulm gepflanzt wird, erweitert also den Illertisser Auwald. Von den dort neu gesetzten Gewächsen waren 83 Prozent Laubbäume wie Eichen und Buchen, bei den 17 Prozent Nadelhölzern kamen hauptsächlich Douglasie, Weißtanne und Lärche zum Zug.

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