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Illertissen-Au: Ist der "Regenbogengottesdienst" in Au eine Reaktion auf Outings in der Kirche?

Illertissen-Au

Ist der "Regenbogengottesdienst" in Au eine Reaktion auf Outings in der Kirche?

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    In der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Au feiert Stadtpfarrer Andreas Specker rund um die Vielfalt der Beziehungen einen Regenbogengottesdienst.
    In der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Au feiert Stadtpfarrer Andreas Specker rund um die Vielfalt der Beziehungen einen Regenbogengottesdienst. Foto: Regina Langhans

    Erst überregional das Outing von mehr als 100 katholischen Kirchenmitarbeiterinnen und Kirchenmitarbeitern, jetzt ein "Regenbogengottesdienst" im Illertisser Stadtteil Au: Er findet anlässlich des Valentinstags am Sonntag, 13. Februar, um 18 Uhr in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt statt. Eine Reaktion auf die aktuelle Initiative unter dem Hashtag #OutInChurch? Die Nachfrage bringt den Illertisser Stadtpfarrer Andreas Specker zum Schmunzeln, denn die Reihenfolge sei umgekehrt: "Den Valentinsgottesdienst gibt es bald zehn Jahre in der Pfarreiengemeinschaft, und dass er heuer '

    Ob sich nun angesichts der Aktualität auch neue Zielgruppen beim Valentins- oder eben Regenbogengottesdienst in Au einfinden werden - Pfarrer Specker würde es freuen. Dass so viele Gläubige, die in Diensten der katholischen Kirche stehen, erst Mut aufbringen mussten für ein Coming-out, findet er vor allem "traurig". Specker hält es da mit den von Papst Franziskus in den Anfängen seiner Amtszeit etwa so geäußerten Worten: "Wer bin ich denn, um über uns zu urteilen?" Specker geht es darum, die Menschen in ihren Befindlichkeiten zu nehmen, wie sie Gott geschaffen hat. In den Vorjahren hatte er nach dem Valentinsgottesdienst eine Paarbar eröffnet. Das erschwerten heuer die Corona-Vorschriften, weshalb der Pfarrer überlegt, den Film "Wie Gott uns schuf" laufen zu lassen.

    Pfarrer Specker ärgert sich über Kirchen-Vertreter: "Was ist schon dabei, sich zu entschuldigen?"

    Damit ist Specker schon mittendrin im Thema, der Frage nach dem Umgang der katholischen Kirche mit der Sexualität. Es sei bezeichnend für eine Institution, einen Arbeitgeber, wenn sich Mitarbeiter zu einem solchen Schritt, dem Outing, genötigt sähen. Zumal in den Diözesen Deutschlands der Umgang mit der sexuellen Orientierung sehr verschieden ausgelegt werde, "aber bis zur Gebäudepflege reichen kann, wofür etwa kein Homosexueller angestellt wird". Specker zieht einen Vergleich: "Wenn ich zum Facharzt gehe, interessiert mich nicht dessen sexuelle Orientierung, sondern vielmehr seine medizinische Kompetenz."

    Stadtpfarrer Andreas Specker von der Pfarreiengemeinschaft Illertissen.
    Stadtpfarrer Andreas Specker von der Pfarreiengemeinschaft Illertissen. Foto: Regina Langhans

    Überhaupt ärgere ihn, wie die Kirche Probleme verdränge und dazu in ihre eigene Welt flüchte, statt sich der Realität zu stellen. Dass etwa die schon zehn Jahre währende Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Amtsträger nicht vorankomme. Der Theologe findet: "Was ist schon dabei, sich zu entschuldigen, zu sagen, dass sich als falsch herausgestellt hat, wie man die Dinge früher eingeschätzt habe." Er setzt da auf den Glauben anstelle einer Angst um die Lehre. Der Pfarrer urteilt: "Das Zweite Vatikanische Konzil ist 60 Jahre her, und wir sind bei so manchen Fragen nicht weitergekommen."

    Als Kirchenmann zieht er den Vergleich zu weltlichen Regierungen, die sich anfangs für die Belange der Bürgerinnen und Bürger interessierten und später oftmals den Kontakt vernachlässigten. Auch kirchlichen Würdenträgern könne der Bezug zur Realität verloren gehen. Specker sieht das Thema Missbrauch aber auch im Rahmen einer allgemeinen gesellschaftlichen Verantwortung. Denn sexuelle Gewalt gebe es in allen Schichten und Bereichen: "Auch da wäre noch vieles aufzuarbeiten", mahnt er.

    Regenbogengottesdienst in Au soll die Menschen verbinden

    Aber zurück zum Regenbogengottesdienst. Der Name trage das symbolträchtige Bild des Regenbogens in sich, der Himmel und Erde verbindet und in allen Farben schillert, betont Beate Weber aus Au. Sie gehört zum Vorbereitungsteam und sagt, dass sie dieses Verbindende vor Augen gehabt habe, als über das Motto des Gottesdienstes entschieden wurde. Es hat für sie als Geschiedene und Wiederverheiratete besondere Aussagekraft. Wohlwissend um dahingehend unterschiedliche Auffassungen in der katholischen Kirche, bedeutet es ihr viel, Zugang zu den Sakramenten zu erhalten. Private Schicksale sollten nichts mit der Glaubensausübung zu tun haben, findet sie.

    So ist für sie das vom Valentins- zum Regenbogengottesdienst gewidmete Fest eine Erweiterung des Begriffs Liebe. Anders als in den von Paaren wahrgenommenen Valentinsfeiern sollen sich beim Regenbogengottesdienst alle wiederfinden können, die sich jemandem verbunden fühlen "und ihre Liebe segnen lassen wollen", wünscht sie sich. "Wer vielleicht Single, aber mit jemandem eng befreundet ist oder einen Lieblingsmenschen hat, soll sich beim Regenbogengottesdienst in der Kirche in Au willkommen fühlen." Angesichts des flexibel zu nutzenden Kirchenraums sind der Teilnehmerzahl wenig Grenzen gesetzt.

    Auf den Themengottesdienst angesprochen, sagt Dekan Martin Straub aus Vöhringen, dass es in seinem Dekanat hierzu weder Vorgaben noch Absprachen gebe. Valentinsgottesdienste fänden sicher mancherorts statt. Und wenn sich Menschen in ihrer sexuellen Orientierung outen wollten, sei es "ihre persönliche Entscheidung", so der Geistliche.

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