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Illertissen: Das Wirtsehepaar des Illertisser Schlossbräus lebt und arbeitet mit der Geschichte

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Das Wirtsehepaar des Illertisser Schlossbräus lebt und arbeitet mit der Geschichte

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    Das Ehepaar Annette und Rudolf Endres führt nun in dritter Generation eine Familientradition fort: Sie bewirtschaftet das traditionsreiche Illertisser Schlosbräu.
    Das Ehepaar Annette und Rudolf Endres führt nun in dritter Generation eine Familientradition fort: Sie bewirtschaftet das traditionsreiche Illertisser Schlosbräu. Foto:  Regina Langhans

    Das Schlossbräu in Illertissen kennt jeder, aber vielleicht nicht die Historie dahinter. Oder wer würde vermuten, dass den Blick auf Illertissen auch schon Hans Gotthard von Vöhlin genossen hat? So wird in der Chronik berichtet, „dass er am Sonntag gern im Bräuhaus mitten unter den Bürgersleuten weilte und sich mit ihnen am eigenen Gebräu labte“. Das 1686 errichtete herrschaftliche Gebäude hat den Niedergang der Vöhlin überdauert, indem es zu verschiedenen privaten Besitzern wechselte. Nun führt das Brauerehepaar Annette und Rudolf Endres in dritter Generation die Vöhlinsche Tradition fort. Beim Blick in die wuchtigen Gewölbe sagt die Hausherrin: „Wir arbeiten und wohnen mit der Geschichte dieses Hauses.“

    Erinnerungen an die „blutige Kirchweih“ im Illertisser Schlossbräu

    Sonnenschein zu jeder Jahreszeit sei mit eingepreist, denn ihr Haus am Hang werde sogar noch abends mit wärmenden Strahlen verwöhnt, das weiß Annette Endres zu schätzen. Allerdings sei das mächtige Gebäude in den Berg hinein gebaut, die hintere Dachrinne stoße am Erdboden auf und teils benötigten sie Luftentfeuchter, ergänzt Rudolf Endres. Das sind eben die Licht- und Schattenseiten eines so spannenden Erbes. Als Hans Gotthard von Vöhlin (1663 bis 1709) im Jahr 1686 das Schloss-Bräuhaus errichtete, dürfte damit ein Vorgängerbau ersetzt worden sein. Zumindest berichtet Anton Kanz in seiner „Chronik von Tüssen“ über eine „blutige Kirchweih“ 1677 im Wirtshaus des herrschaftlichen Braumeisters, dem Bierhänsele, indem Burschen der Herrschaft Illereichen mit den Illertissern zu raufen begannen, sodass der Vöhlinsche Obervogt eingreifen musste.

    Nachdem zu Brauerei und Wirtshaus eine Landwirtschaft gehörte, und das Anwesen Wasser aus drei eigenen Quellen über sogenannte Deicheln, also ausgehöhlte Holzstämme, bezog, dürfte es sich um den Wirtschaftshof der Herrschaft gehandelt haben. Die gute Lage lasse nichts anderes vermuten. Endres sagt: „Von da wurden die Schlossleute mit allen notwendigen Lebensmitteln beliefert, es gab Milchvieh und Getreide wurde angebaut.“ Unter anderem wurde auch der Hopfenanbau versucht, weiß Endres. In Ermangelung eines eigenen Märzenkellers durfte der Braumeister den Sommerbierkeller im Schloss benutzen.

    Ein beliebter Festplatz beim Illertisser Schlossbräu

    Mit dem Verkauf der Vöhlinherrschaft 1756 ging auch das Schloss-Bräuhaus in den Besitz des bayerischen Kurfürsten über und kam 1803 mit Illertissen an den bayerischen Staat. Nach anfänglicher Verpachtung wurde es zum Verkauf ausgeschrieben, wobei es der damalige Pächter Georg Käser erwarb. Wegen wirtschaftlicher Nöte durch die napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts bat er um Ermäßigung und wurde 1808 für 9313 Gulden und 46 Kreuzer Eigentümer des gesamten Anwesens. Im Jahr 1814 kaufte der Braumeister den nahegelegenen Platz „Lueg ins Land“ dazu, woraus bald ein beliebter Festplatz für die Illertisser Bürgerschaft entstand.  

    Es folgten mehrere Eigentümerwechsel, die zeigten, dass die Verwaltung eines derartigen Anwesens nicht einfach war und Geschick erforderte. Rudolf Endres hat die Gaststätte 1986 von den Eltern Franz Xaver und Helene übernommen, wobei seine Mutter eine geborene Semler ist. Vater Franz Xaver Endres wiederum beerbte 1954 seinen Vater Sebastian. Der Brauer stammte aus Aislingen/Dillingen, arbeitete bei der Brauerei Goldene Gans in Augsburg und lernte dort seine Frau Philomena kennen, die Köchin bei der Brauerei Thorbräu war. Im Jahr 1911 erwarben die beiden Brauerei und Gaststätte mit der Absicht, sich eine gemeinsame Existenz aufzubauen.

    Die Menschen wollen heute das Bier gerne süffig

    Rudolf Endres ist in dieser Tradition aufgewachsen und beim Vater in die Lehre gegangen, um sich dann in der Branche umzusehen: in der Hirschbrauerei Ottobeuren, beim Löwenbräu in Neu-Ulm, bei der Brauerei Meckatz in Heimenkirch sowie in Autenried. Darauf machte er den Meister. Er sei gerne in die Fußstapfen des Vaters getreten, wobei ihn die Verbindung von Tradition und moderner Brauereitechnik begeistert habe. Auf sein Konto gehen etwa das neue Gebäude mit Sudhaus, die Flaschenfüllerei oder der Umbau der Kelleranlagen. Gebraut wird helles und dunkles Bier sowie Weizen. „Früher wurden stärkere Märzenbiere bevorzugt, heutzutage soll es vor allem schmecken und süffig sein“, weiß der Wirt.

    Aber auch Annette Endres ist vom Fach. Sie stammt aus der Brauerei Schweighart in Kronburg und ist ebenfalls beim eigenen Vater in die Lehre gegangen, um das Brauerhandwerk zu lernen. Inzwischen liegt ihr Schwerpunkt in der Küche, wo sie feine schwäbisch-bayerische Gerichte aus regionalen Zutaten zaubert. Die Köchin empfiehlt etwa Rostbraten, gebratene Leber, Linsengerichte sowie zeitgemäße Mahlzeiten mit selbst gemachten Spätzle.   

    Zusammen haben sie dem Schloss-Bräuhaus sein heutiges historisches Gepräge gegeben. Ursprünglich beherbergte der hintere Trakt das Sudhaus mit der stattlichen Produktionskapazität von 30 Hektolitern, daneben wurde das Bier abgefüllt und im großen Gewölbekeller gelagert. Die nachfolgenden Besitzer änderten verschiedentlich die Nutzung der historischen Räume. Annette und Rudolf Endres bauten den hinteren Bereich in Bräustube und Schlossstube mit prächtigem Holztäfer um, wobei der historische Gewölbegang mit weiteren Gasttischen ganz besonders an alte Zeiten erinnert. Original erhalten sind auch die massiven Bodenplatten im Eingangsbereich. Aus der Erbauungszeit stammen noch Gewölbekeller und Dachstuhl. Auch den Biergarten mit altem  Kastanienbestand, Ausschank und Panoramablick habe es von Anfang gegeben, weiß der Wirt.

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