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Buch-Nordholz: Warum Orte wie Totenloch und Schweigbeuren aufgegeben und vergessen wurden

Buch-Nordholz

Warum Orte wie Totenloch und Schweigbeuren aufgegeben und vergessen wurden

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    Dieses Foto zeigt den Engenhof bei Nordholz. Zwischen diesem und dem dahinterliegenden Kloster Roggenburg befand sich wohl einst der Ort Totenloch.
    Dieses Foto zeigt den Engenhof bei Nordholz. Zwischen diesem und dem dahinterliegenden Kloster Roggenburg befand sich wohl einst der Ort Totenloch. Foto: Ralph Manhalter

    Wer heutzutage durch die Wälder zwischen Osterbach- und Günztal streift, mag nicht vorrangig auf den Gedanken kommen, dort befände sich etwas anderes außer reiner Natur. Vor einigen Jahrhunderten stellte sich die Landschaft allerdings noch etwas anders dar. Damals, im Roggenburger Klosterstaat des späten Mittelalters, war der Wald natürlich auch eine wertvolle Einnahmequelle. Dennoch wirkte das Gehölz lichter als in unserer Zeit, mitunter aufgelockert durch kleine Siedlungen. Woher wir das wissen? Alte Urkunden berichten davon. Sie erzählen von Orten wie Steinbeuren, Abbenbeuren, Schweigbeuren und Totenloch. Gerade der letzte Name verursacht auch dem modernen Zeitgenossen noch einen kalten Schauer am Rücken. Was hat es damit auf sich?

    Tatsächlich überlebte die Ansiedlung Totenloch als Flurbezeichnung "Todtenloh" zwischen den Orten Meßhofen und Nordholz. Ob es sich dabei - diese Vermutung liegt im ersten Moment nahe - um einen ehemaligen Bestattungsplatz handelt oder ob der Name sich vielmehr aus einer Verballhornung einer örtlichen Gegebenheit ableitet, bleibt letztlich ungeklärt. Ähnlich verhält es sich mit Steinbeuren. Weist die Waldabteilung Steinbach in der Nähe des Ingstetter Weihers wirklich, wie Adolf Thoma vermutete, auf den einstigen Weiler Steinbeuren hin? Möglich ist es, allein es fehlen die Belege. Allerdings hat der Roggenburger Altbürgermeister Thoma nach eigenen Angaben inmitten des Forstes überwachsene uralte Ziegelsteine gesichtet, die durchaus auf eine frühere Besiedlung hindeuten könnten.

    Der Glaserhof zwischen Ingstetten und Deisenhausen war früher an einer anderen Stelle

    Die kleinen Orte, oft nicht mehr als wenige Gehöfte, wurden bis in die frühe Neuzeit alle aufgegeben. Die Gründe hierfür lagen auf der Hand: Mehr Sicherheit in einem größeren Dorfverbund, schlechte Ernten, Überfälle und Brände. Ein dokumentiertes Beispiel für einen Ortswechsel ist der Glaserhof zwischen Ingstetten und Deisenhausen. Einst befand sich diese Glashütte des Klosters Roggenburg etwa einen Kilometer weiter nordwestlich der heutigen Gebäude, bis diese 1745 schließlich verlassen und das Gewerbe verlagert wurde. Ganz in der Nähe soll auch die Ansiedlung Schweigbeuren gelegen haben.

    Auch wenn keiner mehr den genauen Platz weiß, wo einst die Häuser gestanden haben, eine Sage hat dennoch die Zeiten überlebt. Das Büchlein „Sagen aus dem Landkreis Krumbach und seiner Umgebung“ schildert hierzu Folgendes: Einst habe sich dort eine Burg des Edelmanns Luitholf befunden, welcher auf einem Kreuzzug in das Heilige Land gelangte. Vor den Toren Jerusalems an die Geschichte des leugnenden Petrus und den krähenden Hahn erinnert, beschloss der schwäbische Ritter, in seiner Heimat diesen Vogel als Wappentier seines Geschlechts einzuführen. Bald krähte dann auch ein lebendiger Gockel auf dem Turm der Burg Schweigbeuren und erinnerte ihre Besitzer, sich stets treu zum rechtmäßigen Herren zu verhalten.

    Der Gockel von Schweigbeuren wurde einst erwähnt, wenn jemand log

    Als eines Tages Feinde vor den Mauern erschienen, ermahnte das Krähen des Hahns zum Durchhalten. Dies sollte sich letztendlich auch als die Rettung der bedrängten Burg herausstellen. Als die Belagerer nämlich mehrmals täglich den Hahn rufen hörten, kamen sie zur Ansicht, es könne um die Not der Umzingelten nicht so weit her sein, wenn diese sich noch den Luxus leisten, einen nichtsnutzigen Vogel zu halten, der nicht einmal Eier legen kann. Tatsächlich sei aber bereits alles Vieh geschlachtet und alles Brot aufgebraucht gewesen, heißt es in der Sage.

    Ein Nachfahre Luitholfs jedoch ignorierte das Rufen des Hahns, als jener in den Jahren der Belagerung von Burgau den bayerischen Herzog Ludwig statt seinen Lehensherren Leopold von Österreich unterstützte. Dieses Abfallen von der lehensrechtlichen Treueverpflichtung musste der selbstsüchtige Nachfahre mit seinem Leben bezahlen: Er fiel in der Schlacht, während zur gleichen Stunde die Burg Schweigbeuren in die Tiefe der Erde versank. Noch jahrelang lautete deshalb in der Umgebung der Spruch, wenn jemand log: „Hör auf, ich hör schon den Gockel von Schweigbeuren schreien.“

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