Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Weißenhorn: Noch regionaler geht es beim Obst nicht

Weißenhorn

Noch regionaler geht es beim Obst nicht

    • |
    Rudolf Siehler vom Fachbereich Naturschutz und Landschaftsplanung am Landratsamt Neu-Ulm schwört auf alte Obstsorten. Im Kreismustergarten in Weißenhorn wurde nun ein „Obstsortenerhaltungsgarten“ angelegt, um vom Aussterben bedrohte regionale Apfel- und Birnensorten zu bewahren.
    Rudolf Siehler vom Fachbereich Naturschutz und Landschaftsplanung am Landratsamt Neu-Ulm schwört auf alte Obstsorten. Im Kreismustergarten in Weißenhorn wurde nun ein „Obstsortenerhaltungsgarten“ angelegt, um vom Aussterben bedrohte regionale Apfel- und Birnensorten zu bewahren. Foto: Andreas Brücken

    Gängige Apfelsorten wie „ Jonagold “, „Golden Delicius“ oder „ Granny Smith “ kennen Verbraucher aus den Supermarktregalen. Obst wie der „Pfaffenhofer Schmelzling“ oder die „Weißenhorner Birne“ hingegen dürfte den meisten Menschen unbekannter sein als so manche exotische Frucht. Gerade solche bedrohten Sorten sollen im neuen „Obsterhaltungsgarten“ in

    Mit einem symbolischen Spatenstich hat Landrat Thorsten Freudenberger am Mittwochnachmittag das ungefähr 9000 Quadratmeter große Gelände neben dem Kreismustergarten in Weißenhorn eröffnet. Auf der landkreiseigenen Wiese werden im Rahmen des Projektes 50 Obsthochstämme mit besonders stark bedrohten Regionalsorten angepflanzt und veredelt. Durch entsprechende Mähauflagen und Düngeverzicht soll aus dem derzeit intensiv genutzten artenarmen Acker eine blühende Streuobstwiese werden. Für Landrat Freudenberger ist der Obstgarten mehr als nur eine bunte Wiese: Mit dem Projekt solle die Artenvielfalt erhalten bleiben und das kulturelle Erbe der regionaltypischen Apfel- und Birnensorten des Landkreises gesichert werden, sagte er.

    In Reutti wurde eine verschollen geglaubte Apfelsorte gefunden

    Wenn Rudolf Siehler vom Fachbereich Naturschutz und Landschaftsplanung am Landratsamt Neu-Ulm von alten Apfel- und Birnenbäume spricht, kommt er ins Schwärmen. Widerstandsfähiger und robuster gegen die Folgen der zunehmenden Trockenheit seien die Pflanzen aus Urgroßvaters Garten, sagt er. „Wahrscheinlich kommen diese robusten und pflegeleichten Sorten mit dem Klimawandel am besten klar“, fügt der Fachmann hinzu. Auch könne er sich vorstellen, die alten Sorten am Straßenrand zu pflanzen. Um die verschollenen Gewächse wieder zu finden, wurden seit dem Jahr 2016 ungefähr 6000 alte Obstbäume per GPS erfasst und deren Sorten bestimmt. Als kleine botanische Sensation hat sich dabei ein Fund in Reutti herausgestellt: Dort fanden die Fachleute die „Herzens Parmäne“, eine Apfelsorte , die eigentlich als verschwunden galt. Insgesamt wurden 2500 Obstbäume dokumentiert, von denen 120 Sorten nicht namentlich bekannt waren.

    Wie bei einer Schnitzeljagd seien die Spezialisten Spur um Spur nachgegangen, um die Bäume zu bestimmen, erzählt Siehler . Bislang tragen viele Gewächse noch nüchterne Namen wie „ Steinheim 8282“. Allein in Bayern seien früher mehr als 1500 Apfel- und Birnensorten verbreitet gewesen, führt der Kreisfachberater weiter aus. „In den 1940er-Jahren ist mit einem staatlichen Sortenreinigungsprogramm die Artenvielfalt aus den Obstgärten verschwunden.“ Mit dem anschließenden Anbau im großen Stil forderte der Handel gleichbleibende Standartwahre ohne Ertragsschwankungen.

    Keine Allrounder, dafür Früchte mit Charakter

    Heute sind nur noch ungefähr 200 Apfel- und Birnensorten im Landkreis bekannt. Zudem sind die Streuobstwiesen, wie sie vereinzelt noch an Dorfrändern zu sehen sind, veraltet und sterben zunehmend ab. Mit den Regionalsorten wie dem „Pfaffenhofer Schmelzing“ oder der „Weißenhorner Birne“ dürften die Besitzer zwar keinen Allrounder wie aus dem Supermarkt erwarten, sagt Siehler . Dafür komme man in den Genuss einer charaktervollen Frucht. Derzeit gibt es für die urwüchsigen Bäume im Kreis Neu-Ulm mit der Baumschule Stölzle in Illertissen nur eine Adresse. Doch auch dort müssen sich Gärtner noch bis zum Herbst gedulden, bis die Ware wieder verfügbar ist.

    Mehr über den Kreismustergarten in Weißenhorn lesen Sie hier:

    So klappt das Gärtnern selbst auf dem Trockenen

    Hier lassen sich Gärtner inspirieren

    Kreismustergarten wird 30 Jahre alt

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden