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Weißenhorn: Kriegsende: Als weiße Fahnen von den Gebäuden wehten

Weißenhorn

Kriegsende: Als weiße Fahnen von den Gebäuden wehten

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    Rauchschwaden, zerstörte Gebäude: Der Blick vom ehemaligen Fuggerschlößchen auf die brennende Bahnhofsgegend.
    Rauchschwaden, zerstörte Gebäude: Der Blick vom ehemaligen Fuggerschlößchen auf die brennende Bahnhofsgegend.

    Anton Bischof hat die traumatischen Erlebnisse jenes 13. September 1944 wohl sein Leben lang nicht vergessen: „Es folgten 4 - 5 furchtbare Donnerschläge und Erschütterungen und wir am Boden liegend, waren ganz überzeugt, dass es einmal ein Städtchen Weißenhorn gegeben habe. Jedoch nach Abflug der Verbände sahen wir durch Rauch und Feuer, dass sämtliche Türme und Türmchen der Stadt noch standen. Wenn die Bombenwerfer gezielt und alle Bomben ihr Ziel erreicht hätten, dann wäre das Resultat furchtbar gewesen.“

    Der Angriff galt nicht Weißenhorn, sondern einem militärisch wichtigem Lager

    Was der bekannte Weißenhorner Maler in jenen trostlosen Tagen offenbar nicht wusste: Die amerikanischen Bomber hatten gar nicht die Stadt im Visier, sondern das wenige Kilometer westlich im Eschach gelegene Tanklager. Diese für die Logistik der Wehrmacht überaus wichtige Aufbereitungs- und Speicheranlage für Flugbenzin wurde noch vor Kriegsbeginn im Jahre 1937 vor den Toren der Stadt aus dem Waldboden gestampft. Trotz bestmöglicher Tarnung bekamen die Alliierten nicht zuletzt dank ihrer Luftaufklärung Wind von der kriegswichtigen Produktionsstätte, sodass bereits 1940 erste Angriffe geflogen wurden. Diese verliefen zunächst für die Weißenhorner Bevölkerung glimpflich; zumeist verfehlten die Bomben ihr Ziel und schlugen in den Feldern und Wiesen der näheren Umgebung auf. Das sollte sich allerdings in den letzten Kriegsmonaten ändern.

    Einige Männer hatten den Mut zu einer verwegenen Initiative

    Mehrere Tieffliegerangriffe zielten neben dem Tanklager auch auf die Bahnhofsgegend mit den Rangiergleisen, auf welchen sich zu diesem Zeitpunkt mit Treibstoff beladene Kesselwagen befanden. Auch die Rothbrücke und benachbarte Gebäude wurden getroffen und zum Teil zerstört. Der letzte verheerende Schlag ging hingegen auf das Konto eines Einzelnen: Wie Burkhard Günther in seinem Artikel „Luftangriffe auf Weißenhorn“ berichtet, löste sich im April ’45 aus einem Bomberverband ein einzelnes Flugzeug. Der Pilot ließ acht Bomben auf die Wohnbebauung an der Memminger Straße fallen, mehrere Tote waren zu beklagen. Militärisch hatte dieses Unterfangen keinerlei Sinn, das Tanklager galt ebenfalls als bereits zerstört. Möglicherweise in Anbetracht eines erneuten Angriffs ergriffen am Morgen des 25. April 1945 mutige Männer unter Einsatz ihres Lebens die Initiative.

    Dicke Rauchschwaden und zerstörte Gebäude: der von Bomben getroffene Weißenhorner Bahnhof.
    Dicke Rauchschwaden und zerstörte Gebäude: der von Bomben getroffene Weißenhorner Bahnhof.

    Mit den weißen Flaggen in Weißenhorn ging ein grauenvoller Krieg zu Ende

    Hier lassen wir noch mal Anton Bischof zu Wort kommen: „Um 10.30 früh sah man plötzlich weiße Fahnen am Turm der Pfarrkirche … Das war ein Signal für die Einwohnerschaft; denn ein paar Minuten später erschienen an sehr vielen Häusern ebenfalls weiße Fahnen… kurz darauf verlangte ein deutscher Offizier die sofortige Einziehung der weißen Fahnen. Da kamen aber die Weißenhorner Frauen und Mütter mit ihren Kindern und beschworen den Offizier abzuziehen … die weißen Fahnen kamen wieder heraus.“ Am darauffolgenden Tag gegen 15.45 Uhr erschienen am Unteren Tor die ersten amerikanischen Panzer. Obwohl noch vereinzelt Gefechte zu hören waren, bei denen die versprengte deutsche Verteidigung einen sinnlosen Tod erlitt, war für Weißenhorn der sechsjährige grauenvolle Krieg zu Ende.

    Heute stehen die weißen Flaggen für mehr als Frieden

    Als Erinnerung wird am Samstag um 8 Uhr wieder eine weiße Fahne auf dem Kirchturm der Stadtpfarrkirche gehisst. Danach übergeben Stadtpfarrer Lothar Hartmann und Kirchenpfleger Alfred Haas dem Vorstand des Museumsvereins und dem Leiter des Heimatmuseums einen Granatsplitter aus dem Zweiten Weltkrieg für das Museum. Dieser befindet sich bis heute im Besitz der Stadtpfarrei. Die Bevölkerung ist aufgerufen, ein gemeinsames Zeichen gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Weiße Tücher, Bettlaken oder Fahnen symbolisieren, dass Menschen auch in der schwierigen Zeit zusammenstehen und füreinander da sind.

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