Der Auftritt eines Lehrers des Weißenhorner Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums (NKG) auf einer Demonstration der sogenannten Initiative „Klardenken Schwaben“ sorgt derzeit für reichlich Wirbel. Ein Video seiner Rede auf der Kundgebung in Illertissen ist im Netz aufgetaucht, wurde bereits über 65.000 Mal angeklickt und beschäftigt inzwischen auch das bayerische Kultusminsiterium. Was sagen die Schulleitung und der Lehrer selbst dazu?
Um die 400 Menschen waren zur Kundgebung der Kritiker der Corona-Auflagen auf den Illertisser Marktplatz gekommen. Dabei gab es etliche Reden von in der Szene durchaus bekannten Persönlichkeiten. Zum Beispiel von Samuel Eckert. Ein YouTuber, der mit 144.000 Abonnenten seines Kanals oft stark umstrittenen Interviewpartnern Reichweite beschert. Und auch Thorsten Schulte äußerte sich. Ein Unternehmensberater und Bestseller-Autor, der von Kritikern dem neurechten Populismus zugeordnet wird und als AfD-Sympathisant gilt.
In der Quer- und/oder Klardenken-Szene einen Namen gemacht hat sich aber auch ein Lehrer des NKG, der auch bei der corona-kritischen Organisation "Ärzte für Aufklärung" als Unterstützer aufgeführt wird. Für die Querdenker gilt der 56-Jährige nun aber als der "erste Lehrer", der remonstriert, sich also als Beamter gegen eine Weisung seines Vorgesetzten gewehrt habe. Unter diesem Slogan macht das Video in den sozialen Medien bundes-, wenn nicht sogar europaweit die Runde..
Video sorgt für Furore: Warum der NKG-Lehrer die Maskenpflicht verweigert
Die Weisung, die er laut seinen Aussagen im Video nicht akzeptieren wollte, sei die dauerhafte Maskenpflicht für Schüler. "Das kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren", sagt der Lehrer im Video. Er habe Schüler, die über Schwindel und Kopfweh klagen, wegen der Maske schlecht sehen und sich nicht konzentrieren können. "Schüler haben echte Not." Von der Wirksamkeit der Masken halte er ohnehin nichts: "Masken sind ungefähr so, wenn man mit einem Maschendrahtzaun einen Schwarm Fliegen abhalten möchte", sagt er im Video. Hinzu komme der Druck, der auf die Schüler ausgeübt werde. Wenn bei einem Schüler die Maske nur leicht unter die Nase rutscht, werde sofort mit Sanktionen gedroht. Es sei ein "Verbrechen" der Politiker, wenn diese von sich geben: "Wenn du das nicht tust, dann bist du verantwortlich für den Tod deiner Eltern und Großeltern", so der Lehrer und Vater von drei Kindern.
Als einziger seiner 63 Lehrerkollegen am NKG habe er deshalb seine "Pflicht" wahrgenommen, um wegen der Maskenpflicht zu demonstrieren. Er habe Bedenken um die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Anordnungen und wandte sich nicht nur an die Schulleitung, sondern auch an das bayerische Kulturministerium. Deren Antwort sei gewesen, er könne wegen der Maskenpflicht nicht remonstrieren, weil es keine Anweisung des Kultusministeriums sei, sondern eine Verordnung im Zuge des Infektionsschutzgesetzes.
Wirbel um Weißenhorner Lehrer: Das sagt die Schulleitung des NKG
Gerhard Lantenhammer, Schulleiter des NKG, will sich gegenüber unserer Redaktion zum Fall nicht äußern und verweist ans Kultusministerium. Dort will ein Sprecher auf Anfrage aus personen- und datenschutzrechtlichen Gründen keine Informationen zu Einzelfällen preisgeben. Lehrer seien keine Personen des öffentlichen Lebens.
Grundsätzlich jedoch hätten Lehrkräfte aufgrund der derzeit geltenden Rechtsnormen, insbesondere der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die Maskenpflicht zu beachten. Auch Schüler seien zur Beachtung der Maskenpflicht anzuhalten. Das Kultusministerium spricht von einer "pädagogische Verantwortung" der Lehrkräfte. Sie hätten für Schüler eine "Vorbildwirkung" und seien deshalb auch zu "vorbildlichem Verhalten verpflichtet".
Welche Folgen der Auftritt eines Beamten bei einer Corona-Demo haben könnte, zeigt der Fall eines Augsburger Polizisten. Dieser stand bei der großen Kundgebung in Berlin auf der Bühne. Gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Zudem wurde er in den Innendienst versetzt. Mit "harten Sanktionen" müssten demnach vor allem Beamte rechnen, die sich in Sachen Reichsbürgerideologie oder Rechtsextremismus politisch betätigen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Anfang September. Hier habe die Meinungsfreiheit von Polizisten klare Grenzen: "Für so etwas fehlt mir jegliches Verständnis", so der Innenminister.
So äußert sich der NKG-Lehrer zum Video von der Corona-Demo in Illertissen
Nach Erkenntnissen des bayerischen Kultusministeriums aber würden die Lehrkräfte in Bayern die Hygienevorschriften "sehr gut" umsetzen und verantwortungsbewusst mittragen. Der besagte Lehrer des NKG in Weißenhorn will sich im Gespräch mit unserer Redaktion nicht zum Video und den darin getroffenen Aussagen äußern. Der Film, sagt er, sei ohne seine Einwilligung veröffentlicht worden. Er wolle einen "Schlussstrich" darunter ziehen. Doch vermutlich nicht nur schulintern, sondern vor allem im Netz wird der Fall weiter für Gesprächsstoff sorgen.
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