Seit die Ulmer Münstergemeinde bekannt gab, dass sie aufgrund der aktuellen Rassismus-Debatte in diesem Jahr auf die Heiligen Drei Könige in ihrer Weihnachtskrippe verzichtet, hat sich womöglich der eine oder andere selbst schon gefragt: Wie sehen die Drei Weisen in meiner Krippe eigentlich aus? Ab Mitte Dezember stellt Anton Bidell aus Illerberg einen kleinen Teil seiner mehr als 100 Krippen im Vöhlinschloss in Illertissen aus. Gedanken über seine Figuren hat sich der 67-Jährige zwar schon gemacht. Zur Entscheidung im Ulmer Münster hat der leidenschaftliche Krippenbauer aber seine eigene Meinung.
"Jeder muss für sich selber entscheiden: Gefällt mir das - oder gefällt mir das nicht?", sagt er. Wenn die Münstergemeinde der Meinung sei, der Brezelkönig sei anstößig, dann sei das eine Sache der Gemeinde. Den schwarzen König - der im Ulmer Münster Melchior heißt - rauszunehmen, gehe für den 67-Jährigen daher in Ordnung.
Er gibt aber zu bedenken: Bei einer Krippe handle es sich um Kunstwerke von ganz unterschiedlichen Künstlern. Jede Region habe seine Eigenheiten: Schwäbische sind anders Tiroler, Tiroler anders als Neapolitanische. Die besten Krippen seien seiner Meinung nach die, bei denen sich der Künstler etwas bei den Figuren und deren Darstellung gedacht hat. "Krippen sind vielfältig, das Empfinden ist unterschiedlich." Im Ulmer Fall seien die Figuren eben abstrakt dargestellt. "Das muss einem gefallen", sagt er. "Mir gefällt es nicht. Ich würde sie nicht aufbauen."
Rassismus-Debatte um Krippe im Ulmer Münster: "Alle Menschen dürfen zum Jesuskind kommen"
Bei der Debatte darüber seien die Emotionen hoch gekocht. Freunde und Bekannte hatten ihn auch schon aufgefordert, sich doch an der Debatte zu beteiligen, an die Zeitung einen Leserbrief zu schreiben. "Aber das will ich nicht. Jeder sollte für sich frei entscheiden, ob er das gut oder schlecht findet", sagt er. Für ihn ganz grundsätzlich steht fest: Ein schwarzer König gehört in die Krippe. In manchen Krippen gebe es auch gelbe Könige. "Alle Menschen dürfen zum Jesuskind kommen", sagt Bidell.
Dessen Keller in Illerberg schmückt neben Krippen aus Polen, Tansania, Tirol und vielen anderen Teilen der Welt auch eine 22 Meter lange Krippe des Künstlers Sebastian Osterrieder. Als der gelernte Maschinenschlosser 1980 das Haus im Vöhringer Stadtteil baute, gab nicht der Architekt den Grundriss vor - sondern die 40 Quadratmeter große Krippe. Der Architekt musste sich danach richten. Der Vöhringer Stadtrat kommt ohnehin aus dem Schwärmen nicht mehr heraus, wenn er von den Ställen, den Figuren und den Geschichten dahinter erzählt. Aus gut 100 Krippenbüchern holt er sein Wissen.
Krippen-Faszination in Illerberg: "Der Gleichverrückte wie der Vater"
Seine Faszination für Maria, Joseph und das Jesuskind wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Sein Großvater, einst Bürgermeister von Attenhofen, habe Schmiedeeisen für Kirchen hergestellt. Auch für Kirchen im Raum München, wo er auf Sebastian Osterrieder traf. Seither lässt die Familie Bidell die Liebe zu Krippen nicht mehr los. "Der Gleichverrückte wie der Vater", sagt Anton Bidell über sich selbst.
Ein Schlaganfall 2010 bedeutete aber eine Zäsur. Stellte er seit 2001 jährlich das Krippenmuseum im Kloster Roggenburg auf die Beine, ging das von heute auf morgen nicht mehr. Auch seinen Vorsitz im Krippenverein Illerberg und Umgebung gab der langjährige Betriebssanitäter bei den Wieland-Werken auf. "Wenn du im Rollstuhl sitzt, kannst du keinen Verein führen", sagt er.
Krippenausstellung im Vöhlinschloss in Illertissen mit "künstlerisch schönen Figuren"
Dieses Weihnachten aber kann ein Teil seiner zahlreichen Krippen wieder - zum dritten Mal schon - im Vöhlinschloss in Illertissen bestaunt werden. Ab Mitte Dezember, der genaue Termin steht noch aus, hat die Krippenausstellung von Donnerstag bis Sonntag jeweils von 13 bis 17 geöffnet. "Die Ausstellungsstücke", verspricht Bidell, "sind nicht anstößig oder provokant. Das sind künstlerisch schöne Figuren."
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