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Bellenberg: Streit um gefällte Bäume in Bellenberg geht weiter

Bellenberg

Streit um gefällte Bäume in Bellenberg geht weiter

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    Um die Kastanien, die in Bellenberg gefällt wurden, gibt es weiter Wirbel.
    Um die Kastanien, die in Bellenberg gefällt wurden, gibt es weiter Wirbel. Foto: Regina Langhans

    Das Fällen der vier gesunden Kastanien an der Auer Straße in Bellenberg hat offenbar den Nerv vieler Bürger getroffen. Nun melden sich mit Kurt Bucher und Franz Zeller zwei engagierte Bürger zu Wort, jeder auf seine Art Experte.

    Kurt Bucher, ehemaliger Zweiter Bürgermeister und 36 Jahre Mitglied im Gemeinderat, hält die Fällung der Kastanien für "unverzeihlich“. Er sagt: "Der Erhalt gesunder gemeindlicher Bäume muss in jeder Gemeinde höchste Priorität genießen.“

    Kurt Bucher war 36 Jahre Mitglied im Gemeinderat und zuletzt Zweiter Bürgermeister.
    Kurt Bucher war 36 Jahre Mitglied im Gemeinderat und zuletzt Zweiter Bürgermeister. Foto: Regina Langhans

    Auch sei es "seinerzeit keine falsche Baumwahl“ gewesen, dort Kastanien zu pflanzen, sondern eine "bewusste Entscheidung von Bürgermeister Roland Bürzle und dem Gemeinderat, damit Kinder im Ort Kastanien sammeln können“.

    Baumfällungen: In Bellenberg kursieren Drohungen und anonyme Schreiben

    Als die Wiese daneben später verkauft, bebaut und verpachtet wurde, seien die Bäume längst gediehen gewesen. Generell ist Bucher der Meinung, jeder Antrag auf Fällung müsse bezüglich der Begründungen und möglicher Alternativen sorgfältigst geprüft werden. Er sagt: "Ich bleibe dabei, dass derartige Entscheidungen differenziert und sachlich abzuwägen und ohne Emotionen zu treffen sind.“ Beleidigungen, unbewiesene Vermutungen, Drohungen und anonyme Schreiben, wie sie derzeit kursierten und von denen er nicht ausgenommen werde, seien für ihn keine Möglichkeit, um zu guten Entscheidungen für Mensch und Natur im Ort zu kommen.

    Zwar seien die vier Bäume unwiederbringbar abgesägt. Doch es lohne, sich über künftige Entscheidungen Gedanken zu machen beziehungsweise aus der Vergangenheit zu lernen. So ist das Thema vermeintlich im Weg stehender Bäume und insbesondere der vier Kastanien an der Auer Straße in Bellenberg nicht neu, wie Bucher aufzeigt: Dass dort herabfallende Kastanien gravierende Schäden an Autos anrichteten, konnte den früheren Gemeinderat nicht vom Fällen überzeugen.

    Wegen vier Wochen im Jahr sollten keine gesunden Bäume gefällt werden

    Mittendrin in einer kontroversen Diskussion um einen anderen Baum stellte Gemeinderat Wolfgang Schrapp am 24. März 2017 einen Antrag auf Fällung der vier Kastanien an der Auer Straße. Dieser wurde im Juni 2017 mit 2:12 Stimmen (ohne Schrapp) abgelehnt. In der gleichen Sitzung wurde dem Antrag der Firma Rapp in gleicher Sache mit 3:12 Stimmen nicht entsprochen. Hierbei durfte Schrapp mitstimmen und war für die Fällung. Bucher: "Ich habe als Zweiter Bürgermeister damals deutlich gemacht, dass man gesunde Bäume, die zehn Monate keinen schädigen, wegen vier bis sechs Wochen, in denen Kastanien eventuell Probleme machen, nicht fällen darf.“

    Auch habe er darum gebeten, dass Grundstückseigner, Pächter und Gemeinde gemeinsam nach Lösungen suchen sollten, um Schäden zu vermeiden, etwa durch Schilder, zeitlich befristetes Parken an anderer Stelle oder durch Anbringung einer Überdachung. Schließlich habe er dem Gremium einen Vorschlag unterbreitet, wie künftig bei Anträgen auf Fällung gemeindlicher Bäume vorgegangen werden könne. Stets unter der Prämisse: erstens Baumerhalt, zweitens Einvernehmlichkeit mit dem Antragsteller. Bucher: "Leider wurde der Vorschlag nicht verbindlich beschlossen, sondern zur Kenntnis genommen.“ So habe er das Papier Bürgermeisterin Schewetzky vor der entscheidenden Sitzung zukommen lassen mit der Bitte um Beachtung. "Das Ergebnis ist bekannt“, sagt Bucher.

    Am Gemeinderat vorbei wurden in Bellenberg Fakten geschaffen

    Franz Zeller, Bellenberger und Kreisvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, moniert vor allem, dass nach dem Rückzug des Antragstellers am Gemeinderat vorbei Fakten geschaffen wurden mit der Begründung, lediglich den Beschluss umzusetzen. Zeller zitiert aus dem Sitzungsprotokoll vom 4. Februar: "Gemeinderat Martin Heidl bittet um Klärung, ob der Beschluss in einer der nächsten Sitzungen zurückgenommen werde oder bestehen bleibe“.

    Franz Zeller ist Kreisvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz.
    Franz Zeller ist Kreisvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz. Foto: Regina Langhans

    Dazu sei es aber nicht mehr gekommen. „Die stellvertretenden Bürgermeister hielten es wohl für angebracht, trotz Protesten aus der Bevölkerung vollendete Tatsachen zu schaffen.“ In der Sitzung am 25. Februar sei Gelegenheit zur neuerlichen Beratung gewesen und danach noch Zeit, um gegebenenfalls innerhalb der genehmigten Frist zu fällen. Offenbar habe man einer befürchteten Meinungsänderung im Gremium zuvorkommen wollen, sodass das Tauziehen um die Kastanien ein unrühmliches Ende genommen habe.

    Der Naturschützer weist darauf hin, dass sich der Schaden nicht so einfach kompensieren lasse. "Bis neue Bäume eine gleichwertige ökologische Funktion erfüllen können, wie die jetzt gefällten es bereits taten, dauert es wieder 20 bis 30 Jahre.“ Das Defizit lasse sich nicht mehr einholen, denn die alten Bäume wären für Insekten, Vögel, Fledermäuse immer wertvoller geworden. "Der Artenschwund ist auch da nicht mehr zu übersehen und Bellenberg ist leider nicht gerade bekannt dafür, sich besonders für ökologische Belange und Artenvielfalt einzusetzen“, kritisiert Zeller. Und das in einer Zeit, die von Klimawandel und Insektensterben geprägt sei. "Aber das scheint sich bei unseren Gemeinderäten noch nicht herumgesprochen zu haben“, so der Vorsitzende enttäuscht.

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