Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Sputnik V: R-Pharm in Illertissen macht nächsten Schritt zur Impfstoff-Produktion

Illertissen

R-Pharm macht nächsten Schritt zur Impfstoff-Produktion

    • |
    Der Pharmakonzern R-Pharm macht einen weiteren Schritt zur Impfstoff-Produktion.
    Der Pharmakonzern R-Pharm macht einen weiteren Schritt zur Impfstoff-Produktion. Foto: Alexander Kaya

    R-Pharm in Illertissen möchte sobald wie möglich Impfstoff herstellen. Nach einem zwischenzeitlichen Baustopp (wir berichteten) hat der Pharmakonzern jetzt einen nächsten Schritt gemacht. "Das war ein Riesenkraftakt", sagte eine Unternehmenssprecherin gegenüber unserer Redaktion. Jetzt liege der Ball bei den Behörden - und die nimmt der Konzern jetzt in die Pflicht.

    Es sei ein Werk, das es so noch nie gab, berichtet die Sprecherin, die zugleich Mitglied der Standortleitung bei R-Pharm in Illertissen ist und namentlich nicht genannt werden möchte. Mehrere Hundert Seiten seien jüngst an das Neu-Ulmer Landratsamt geschickt worden: Es geht um den bislang ausstehenden Antrag nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) für "die Errichtung der Anlagen zur Impfstoff-Produktion in größeren Mengen".

    Bei R-Pharm ging man erst davon aus, dass dieser Antrag gar nicht nötig sei.Schließlich gehe es um Anlagen in einer bereits bestehenden Halle. Doch die Behörden sahen das anders. Wie erst durch Recherchen unserer Redaktion bekannt wurde, folgte daraufhin Mitte März ein freiwilliger Baustopp seitens des Unternehmens, um - so teilte es das Landratsamt damals mit - eine "rechtskonforme Vorgehensweise sicherzustellen".

    Antrag nach Immissionsschutzgesetz ist laut R-Pharm fertig: Und nun?

    Damit das schnellstmöglich klappen kann, fanden seither wöchentliche Treffen zwischen R-Pharm und Behördenvertretern statt. Hinzugezogen wurden auch vom Amt empfohlene externe Berater. Nun sei der Antrag fertig - zumindest aus Sicht des Pharmakonzerns. Es fehle lediglich die Unterschrift von Geschäftsführer Vasily Ignatiev. Doch die solle folgen, sobald von behördlicher Seite das "Go" kommt und tatsächlich alles passt, so die Sprecherin, die als Apothekerin für die Biotechnologie bei R-Pharm verantwortlich ist.

    Der Ball liegt nun also beim Neu-Ulmer Landratsamt. Die zuständige Geschäftsbereichsleiterin für Bauen und Umwelt, Jaquline Makrinius, bestätigte auf Anfrage den Eingang des Antrag-Entwurfs, "der mehrere Hundert Seiten umfasst und sehr umfangreich ist". Dieser werde aktuell auf Vollständigkeit geprüft. Trifft dies zu, könne der eigentliche Antrag gestellt werden. Das Vorgehen wurde deshalb so gewählt, damit es später beim Verfahren nicht zu zeitlichen Verzögerungen kommt. "So schnell wie möglich unter Einhaltung der rechtsstaatlichen Vorschriften" soll es dann weitergehen.

    Impfstoff-Produktion: R-Pharm nimmt jetzt die Behörden in die Pflicht

    Bei R-Pharm werde man nun ganz genau darauf schauen, wie nun mit dem Antrags-Entwurf umgegangen wird. "Wir hoffen auf zügige Weiterbearbeitung", sagt die Apothekerin. Sie verstehe zwar jeden Beamten, der den sicheren Weg gehen wolle. Doch jetzt hofft sie auf Pragmatismus und, dass nicht der "Standardweg" eingeschlagen wird, da dieser "sehr lange und sehr komplex" werden könnte. Für das BImSchG-Verfahren steht eine Zeitspanne von bis zu sieben Monaten im Raum. Auch eine öffentliche Auslegung im Rathaus und eine Bürgerbeteiligung sind vorgesehen, wie Jaquline Makrinius in ihrer Stellungnahme noch mal bekräftigte.

    Allerdings, so sieht es zumindest die R-Pharm-Sprecherin, gebe es auch die gesetzliche Möglichkeit eines vorzeitigen Baubeginns. Nämlich dann, wenn die Firma das Risiko eingehe und dafür Sorge trage, dass um- oder zurückgebaut wird, wenn etwas nicht den Vorgaben entspricht. Sie verweist hierbei auf andere größere Vorhaben aus der Industrie, wo das angeblich möglich war. Das Landratsamt solle nun die Freiräume nutzen, die das Gesetz biete. Die Apothekerin spricht von "Ermessens- und Interpretationsspielraum".

    Sollte seitens der Behörden ein vorzeitiger Baubeginn nicht möglich sein, zieht R-Pharm dann eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Erwägung? Juristisch vorzugehen sei das allerletzte Mittel. Da müsse schon eine sehr verfahrene Situation vorherrschen, so die Apothekerin: "Wir versuchen, im Guten darüber zu sprechen und mit dem Landratsamt eine konstruktive Lösung zu finden."

    Impfstoff-Produktion in Illertissen wäre gut für Wirtschaftsstandort Bayern

    Jedoch ist auch reichlich Druck im Spiel. 30 Millionen Euro sollen in die Impfstoff-Produktion investiert werden. Ein Baubeginn im Frühsommer ist "hart eingeplant". Man sei aber guter Dinge, dass das klappt. Mit der Politik - gemeint sind unter anderem die bayerischen Minister für Gesundheit sowie Umwelt - steht R-Pharm "in gutem Austausch". Schließlich gehe es nicht nur um die kurzfristige Beschaffung von Impfstoff gegen das Coronavirus, sondern auch um eine langfristige Stärkung des Wirtschaftsstandortes in Bayern. Viele produzierende Pharmakonzerne seien zuletzt abgewandert. Dass nun in Illertissen mehrere Millionen Euro investiert werden, werde von der Politik "gern gesehen", so die Sprecherin.

    Wann mit der Impfstoff-Produktion in Illertissen aber begonnen werden kann, hängt auch davon ab, wie schnell die Behörden sind. Welches Vakzin - ob AstraZeneca oder das russische Präparat Sputnik V - zuerst die Laufbänder passieren wird, bleibt weiterhin offen. Das sei von der Gesamtsituation und den Marktverhältnissen abhängig. "Das ändert sich immer ein bisschen. Wir bereiten uns auf alle Möglichkeiten vor." Eine Zulassung von Sputnik V seitens der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) steht noch aus.

    "Extrem viel" neues Personal bei R-Pharm in Illertissen eingestellt

    Derweil sei am Standort an der Iller "extrem viel" Personal neu eingestellt worden, das auch neue Fachkompetenzen mitbringe. Die Apothekerin spricht von einem Zuwachs im zweistelligen Bereich in allen Bereichen mit Bezug zur Biotechnologie: Produktion, Qualitätsmanagement sowie Ingenieurwesen. Man arbeite auch eng mit internationalen Kollegen des russischen Mutterkonzerns in Moskau zusammen. Zuletzt waren 350 Menschen am Illertisser Standort beschäftigt. Bald könnten es 400 sein.

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich jüngst im Gespräch mit unserer Redaktion zu den Vorgängen in Illertissen und zum Vorvertrag über 2,5 Millionen Impfdosen des russischen Corona-Impfstoffs, der auch importiert werden könnte. Kritik hierzu wies er zurück: "Warum sollte ein zugelassener Impfstoff, der in Bayern produziert wird, nicht auch in Bayern verimpft werden? Wir können jede einzelne Dosis brauchen. Und wenn wir eines Tages wirklich zu viel Impfstoff haben sollten, können wir ihn immer noch an Partnerländer abgeben", so der CSU-Chef.

    Lesen Sie dazu auch:

    Unseren Kommentar: R-Pharm und ein Fehler mit Folgen für die Impfstoff-Pläne

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden