Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Sinningen: Hochwasserschutz in Sinningen: Ein Damm, zwei Männer und viel Ärger

Sinningen

Hochwasserschutz in Sinningen: Ein Damm, zwei Männer und viel Ärger

    • |
    Franz Gutser (links) und Xaver Bühler in Sinningen. An dieser Stelle soll in Zukunft der neue Damm verlaufen.
    Franz Gutser (links) und Xaver Bühler in Sinningen. An dieser Stelle soll in Zukunft der neue Damm verlaufen. Foto: Maximilian Sonntag

    Franz Gutser steht in Arbeitskleidung und mit einem Filzhut auf dem Kopf vor seinem Haus in Sinningen. Sein Freund Xaver Bühler, ehemaliger Ortsvorsteher, ist auch da. Er hat einen Stapel an Blättern in der Hand. Seiten über Seiten mit Plänen und Skizzen von einer Baumaßnahme, die bei beiden Männern für Frust sorgt. Ein Damm zum Schutz vor Hochwasser der Iller soll sich bald wie ein "U" um Franz Gutsers Haus schlängeln.

    Mit dem Augusthochwasser im Jahr 2005 hatten viele Gemeinden entlang der Iller zu kämpfen. So auch das Dorf Sinningen, ein Teil der Gemeinde Kirchberg an der Iller, in Baden-Württemberg. Im Zuge dessen errichteten die Sinninger Sandsackdämme und ein provisorisches Erdhaufbauwerk und konnten so Schlimmeres verhindern. Dem Regierungspräsidium Tübingen zufolge entsprechen diese baulichen Maßnahmen aber nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und stellen daher keinen sicheren Hochwasserschutz mehr dar.

    Das Land Baden-Württemberg gab daher im Jahr 2014 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, um verschiedene Konzepte zu generieren, wie der Hochwasserschutz in Sinningen gewährleistet werden kann. Letztlich wurde entschieden, einen Damm zu bauen, der auf Höhe Sinningen nicht wie der bisherige Schutz von 2005 parallel zur Iller verläuft, sondern sich um Teile des westlichen Sinningens schlängelt (siehe Karte unten). So soll, wie das Regierungspräsidium Tübingen auf Nachfrage unserer Redaktion erläutert, ein wertvoller Retentionsraum, der den Hochwasserabfluss in der Iller selbst verringert, erhalten werden. Es geht hier also um eine Fläche, die bei Hochwasser überschwemmt werden kann und so den Fluss entlastet.

    Neuer Damm, aber keine Gewerbehalle

    Mit diesem Konzept sind Franz Gutser und Xaver Bühler allerdings nicht einverstanden. Um den Ärger Gutsers zu verstehen, muss man zunächst einen Blick in die Vergangenheit werfen. Im Jahr 2008 brannten sein Wohnhaus und seine Gewerbehalle ab. Letztere stand auf einer von Gutser gepachteten Fläche, die sich an sein Grundstück in Richtung der Iller anschließt. Nach dem Brand habe er sich an einem anderen Ort in Sinningen niederlassen wollen, dafür aber keinen neuen Platz bekommen, so Gutser. Dem 67-Jährigen zufolge, versprach ihm der damalige Bürgermeister Kirchbergs, Herbert Pressl, dass die gepachtete Fläche sein Eigentum wird. "Das ist bis heute nicht passiert", so Gutser.

    Nun soll auf einem Teil dieses Areal der neue Damm verlaufen, weshalb Gutser seinen Plan, hier eine neue Gewerbehalle aufzubauen, nicht mehr umsetzen kann. Hinzu käme, so der 67-Jährige, dass er mit Fahrzeugen wie einem Tieflader, Forstmaschinen oder seinen Langholzautos nicht mehr richtig auf das Grundstück einfahren könne. Das tatsächliche Grundstück Gutsers bleibt durch den Dammbau unbeeinträchtigt. Lediglich die gepachteten, bereits gekündigten Flächen fielen für den Anwohner weg, so das Regierungspräsidium Tübingen. Von einer Kündigung des Pachtverhältnisses will der 67-Jährige aber nichts wissen, eine solche habe er nie bekommen. Gutser fühlt sich jedenfalls von den Behörden im Stich gelassen und ein Stück weit hintergangen.

    Neubau des Hochwasserschutzes bringt baurechtlichen Spielraum

    Gutser, der bereits mit einer Klage gegen die Baumaßnahme vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim gescheitert ist, könnte auch ohne den neuen Damm keine Halle errichten, da es sich hier mittlerweile um ein Überschwemmungsgebiet handele, sagt Jochen Stuber, Kirchbergs Bürgermeister. Dieses Überflutungsareal betreffe große Teile der Sinninger Siedlung, so Stuber weiter, hier herrsche ohnehin ein Bauverbot. "Wir haben jetzt die Chance, den Hochwasserschutz zu bekommen, den wir schon seit 20 Jahren fordern. Das geht aber nur in dieser Form. So kann in Bezug auf 30 bis 40 weitere Wohnungen beziehungsweise Häuser baurechtlich etwas gemacht werden. Das ist bisher totes Land", erklärt Stuber.

    Franz Gutsers Meinung steht jedenfalls fest. Er kann dem geplanten Damm, dessen Bau so gut wie unausweichlich ist, nichts abgewinnen. Auch Xaver Bühler, dessen Grundstück zwar weiter von der Iller entfernt liegt, sieht das ähnlich. Sollte das Gebiet bei Sinningen im Falle eines Hochwassers geflutet werden, würde dieses, wie er sagt, auch sein Grundstück erreichen. Aus seiner und der von Franz Gutsers Sicht wären daher andere Lösungen praktikabler. Ihnen zufolge könnte man den bisherigen Damm stabilisieren und die andere Seite der Iller, also die Illerauen, als Flutungsgebiet verwenden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden