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Rennertshofen: Als die Roggenburger Äbte zur Sommerfrische an den Osterbach fuhren

Rennertshofen

Als die Roggenburger Äbte zur Sommerfrische an den Osterbach fuhren

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    Der Rennertshofer Pfarrhof war einst die Sommerresidenz der Roggenburger Äbte. Jetzt wird über die Zukunft des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert diskutiert.
    Der Rennertshofer Pfarrhof war einst die Sommerresidenz der Roggenburger Äbte. Jetzt wird über die Zukunft des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert diskutiert. Foto: Ralph Manhalter

    Warum es nicht den Großen, den Wichtigen des Reiches gleichtun? Warum nicht ebenfalls einen Stein gewordenen Anspruch der eigenen Machtfülle demonstrativ inmitten des eigenen Territoriums errichten? Offenbar war das das Ansinnen eines der Roggenburger Äbte. Entstanden ist daraus die Sommerfrische der geistlichen Herrn in Rennertshofen.

    Sicherlich, das Zeitalter des Barock und des Rokoko neigte sich schon zu Ende, lag genau genommen in den letzten Zügen. Hier und da noch ein kurzes Aufbäumen, ein Zucken vor dem endgültigen Aus. Die Geisteshaltung hatte sich verschoben. Ein frischer Wind fegte so manch Verstaubtes hinweg und damit, leider auch, manch Vertrautes, Lieb gewonnenes.

    Der Wind brachte die Aufklärung, das ersehnte Sonnenlicht nach dem so oft gescholtenen Dunkel. Aber er brachte auch Unsicherheit, Perspektivlosigkeit und das Gefühl, von nun ab ganz auf sich alleine gestellt zu sein. Was wundert, dass außerhalb urbaner Zentren und akademischer Gelehrtenkreise sich das Alte nicht vollkommen unterkriegen ließ, ja man es gar nicht tot sehen wollte. Reformiert meinetwegen, aber nicht leblos.

    Erst nach langen Verhandlungen ging Rennertshofen an das Kloster

    Georg Lienhardt hatte sich, noch ganz dem Geiste des Barock verhaftet, zeitlebens gegen die neue Strömung gewehrt. Als einer der letzten Äbte des Klosters Roggenburg erlangte unter ihm Kunst und Kultur in seinem kleinen reichsunmittelbaren Territorium eine letzte große Blüte. Berühmt ist die Zusammenarbeit Lienhardts mit dem bekannten Weißenhorner Maler Franz Martin Kuen, dessen 300. Geburtstag im vergangenen Jahr begangen wurde.

    Das weltliche Herrschaftsgebiet der Äbte umfasste zwölf Dörfer mit angrenzenden Weilern, getrennt lediglich durch das große klösterliche Waldgebiet zwischen Osterbach und Günztal. Ein Stachel im Roggenburger Fleisch war allerdings, dass der nahe gelegene Ort Rennertshofen zwar ebenfalls zum Territorium des Reichsstiftes gehörte, das Patronat aber die Freiherren von Erolzheim innehatten. Diesen, mit den ehemaligen Herren von Nordholz verwandten Edelfreien wurde es im Jahr 1664 von den Grafen von Oettingen veräußert. Nach mehreren aufwendigen und zermürbenden Verhandlungen gelang den Roggenburgern im Jahr 1771 schließlich der Erwerb dieser wichtigen Rechte, worauf im Gegenzug dem bischöflichen Stuhl in Augsburg eben diese Patronatsrechte in Nattenhausen abgegeben werden mussten.

    Das plante Architekt Dossenberger für den Repräsentationsbau

    Nun galt es, den Neuerwerb gebührend zu ehren. Sicherlich trug die schöne Lage Rennertshofens dazu bei, dass sich Abt Lienhardt eine Sommerresidenz im Osterbachtal wünschte. Der in jener Zeit viel beschäftigte Architekt im mittelschwäbischen Raum, Joseph Dossenberger sollte die Entwürfe hierzu liefern. Und hierbei wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt: Eine Dreiflügelanlage sollte das Repräsentationsbedürfnis der hohen Geistlichkeit befriedigen. Auf dem Gemälde im Flur des ersten Stockes präsentiert der stolze Abt den ambitionierten Plan, allein zur Ausführung kam dieser nie.

    Dennoch kann sich das, was sich seit dem Jahr 1781 dem Betrachter offenbart, durchaus sehen lassen: Der dreigeschossige Bau mit fünf zu vier Achsen und einem von zwei Zwerchgiebeln durchschnittenen Mansarddach leuchtet in blassem Rosa. Die Ehrwürdigkeit kann man nicht abstreiten, wenn auch die glanzvollen Jahre längst vorbei sind, überhaupt nur wenige Jahrzehnte dauerten.

    Denn 1803 war Schluss mit der Eigenständigkeit. Napoleon war über den Rhein gekommen und mit ihm das Gedankengut der Französischen Revolution. Säkularisierung hieß das in den Ohren der Geistlichkeit böse Wort: Aufhebung der Klöster und Enteignung ihres Besitzes. Fortan sollte das stattliche Gebäude als Pfarrhof der Gemeinde Rennertshofen dienen.

    Aber auch diese Ära gehört zwischenzeitlich der Vergangenheit an: Seit einigen Jahren steht nun der Pfarrhof leer, nachdem der letzte Geistliche in den verdienten Ruhestand gegangen ist. Derzeitig ist über eine künftige Nutzung noch keine Entscheidung gefallen; es bleibt jedoch zu hoffen, dass diese der Würdigkeit des Gebäudes angemessenen Respekt zollen wird.

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