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Prozess: Verzweifelte Mutter täuscht Kita

Prozess

Verzweifelte Mutter täuscht Kita

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    Seit ihrer Trennung plagen eine 36-Jährige aus Senden finanzielle Sorgen. Die Beiträge für den Kindergartenplatz der gemeinsamen Tochter bezahlt der Ex-Mann nicht. Ein Antrag der Mutter auf finanzielle Unterstützung beim Landratsamt Neu-Ulm bleibt unbeachtet, die Kita-Rechnungen weiter unbezahlt. Dann verliert die Tochter den Platz in der Einrichtung. Die Mutter ergreift die Initiative – allerdings keine legale. Nun stand sie wegen versuchten Betrugs vor dem Amtsgericht in Neu-Ulm.

    Sie habe im November 2018 eine E-Mail an das Bistum Augsburg, den Träger des Kindergartens, geschickt, in der sie die Zahlung der offenen Kita-Beiträge durch das Landratsamt bestätigte, gab die Angeklagte zu. Die Krux: In dieser Mail gab sie sich als die zuständige Mitarbeiterin des

    „In dieser Zeit ist finanziell viel auf mich eingeprasselt“, sagte sie. Weil sie die Rechnungen nicht bezahlen konnte, habe sie noch am selben Tag einen Antrag auf Unterstützung beim Landratsamt eingereicht. Diesen habe sie persönlich an der Pforte abgegeben – erreicht hat er die zuständige Behörde nie, versicherte die zuständige Mitarbeiterin des Landratsamtes, die als Zeugin aussagte. Erst der zweite Antrag, den die Angeklagte nach einem Telefonat im November persönlich bei der Behörde einreichte, sei bearbeitet worden.

    An diesem Tag sei ihr vom Bistum Augsburg Bescheid gegeben worden, dass ihre Tochter den Kindergarten nicht mehr besuchen dürfe, berichtete die 36-Jährige: „Ich war total verzweifelt.“ Deshalb habe sie beim Landratsamt angerufen und die nötigen Unterlagen gleich zur Antragstellung mitgebracht. Weil die Kündigung für den Kindergartenplatz ihrer Tochter schon ausgesprochen war, bat die Angeklagte im Amt darum, das Bistum sofort zu informieren, dass die offenen Beiträge beglichen werden. Sie habe gehofft, dadurch die Kündigung noch kippen zu können, sagte sie. Ihr Wunsch wurde abgelehnt. Ihr sei vom Amt lediglich versichert worden, dass der Bescheid für die Unterstützung per Post kommt. Daraufhin habe sie die Mail mit der Bestätigung der Zahlung im Namen des Landratsamtes selbst an das Bistum Augsburg geschickt, damit ihre Tochter auch am nächsten Tag in die Kita könne.

    „Ich habe alles zusammen gekratzt, was ich hatte, und die Schulden beim Bistum bezahlt“, berichtet die Angeklagte. Weil sich ein Pfarrer für sie einsetzte, durfte ihre Tochter trotz der Mail nach einem Tag Zwangspause wieder in den Kindergarten. Vom Landratsamt und ihrem Antrag auf Unterstützung habe sie seitdem nichts mehr gehört. Der Antrag sei wegen fehlender Unterlagen noch in Bearbeitung, sagte die zuständige Mitarbeiterin vor Gericht. Lange könne es aber nicht mehr dauern, bis das Geld fließt.

    Für Richter Thomas Mayer war das Handeln der 36-Jährigen letztlich kein versuchter Betrug, wenn auch „moralisch anrüchig“. Er sprach die Angeklagte aufgrund der besonderen Umstände, fehlenden Vorsatzes und ihrer Notlage frei. „Das war nicht okay vom Bistum, da muss man schon mal Empathie haben und Verständnis für Frauen mit Kindern und ihre finanziellen Probleme aufbringen“, sagte Mayer. Oberstaatsanwalt Markus Schroth hingegen blieb hart. Er forderte eine Geldstrafe von 500 Euro und will gegen das Urteil Einspruch einlegen. Damit könnte der Fall in nächster Instanz, vor dem Landgericht Memmingen, neu verhandelt werden.

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