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Prozess: Entführer müssen hinter Gitter

Prozess

Entführer müssen hinter Gitter

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    Sie hatten wohl gehofft, noch mit einer Bewährungsstrafe davon zu kommen. Am dritten Verhandlungstag zeigten sich die zwei 29-jährigen Slowenen auf der Anklagebank des Memminger Landgerichts geständig und reumütig.

    Die Männer hatten bei der Entführung eines Allgäuer Bauunternehmers und dessen damaligen Angestellten in Nordholz mitgeholfen. Dabei seien sie eigentlich nur nach Deutschland gekommen, um Gebrauchtwagen zu kaufen, wie sie gestern vor Gericht von ihren Verteidigern verlesen ließen.

    In die Entführung seien sie verwickelt worden, weil ein Bekannter sie um einen Gefallen gebeten habe – sie sollten lediglich „böse schauen“. Doch dabei war es nicht geblieben.

    Zum Hintergrund: Im Dezember 2014 wurde ein Allgäuer Bauunternehmer und sein damaliger Angestellter in einen Hinterhalt nach Nordholz gelockt. Dort wurden sie in einer Halle von mehreren Männern überwältigt, geschlagen und mit dem Tod bedroht, sollte der Geschäftsmann nicht sofort eine offene Rechnung von 48000 Euro zahlen. Selbst mit einem möglichen Verkauf an Organhändler wurde ihnen gedroht.

    Während der Drahtzieher der Entführung mit dem Unternehmer und einem zweiten, unbekannten Mann, nach Immenstadt fuhr um Geld abzuheben, blieben die beiden Angeklagten mit dem zweiten Opfer in Nordholz zurück. Sie boten ihm zwar Wasser und Zigaretten an, nichtsdestotrotz musste der Angestellte fast drei Stunden in der Halle ausharren, ohne zu wissen, wie es mit ihm weitergeht.

    Die der Strafkammer Vorsitzende Richterin Brigitte Grenzstein rechnete den Angeklagten positiv an, dass sie sich freiwillig dem Strafverfahren in Deutschland ausgeliefert, schon einige Monate in Untersuchungshaft verbracht und sich mehrmals bei den zwei Entführungsopfern entschuldigt hatten.

    Am letzten Verhandlungstag boten sie aus freien Stücken an, ein Schmerzensgeld von insgesamt 4000 Euro an die Opfer zu zahlen. Am Ende lautete das Urteil des Gerichts: Zwei Jahre und acht Monate Haft. Dabei hätte es schlimmer kommen können. Die Höchststrafe für Nötigung, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung beträgt zehn Jahre.

    Im Laufe des Verfahrens hatte es sich herauskristallisiert, dass es sich bei der Entführung nicht um erpresserischen Menschenraub und schwere räuberische Erpressung gehandelt hatte. Die beiden Angeklagten hatten sich nicht bereichert, sondern seien davon ausgegangen, dass die Geldforderung rechtens sei, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen sie wurden also abgeschwächt. Auch war die Tat nicht präzise geplant, die Männer waren nicht maskiert und hatten überall am Tatort DNA-Spuren hinterlassen.

    Die Prellungen von den Schlägen sind längst verheilt, doch die Opfer leiden noch immer unter Angstzuständen. Bei der Urteilsverkündung betonte Richterin Grenzstein, wie sehr die Geschädigten unter der Tat gelitten haben. „Es ist eine massive Straftat“, sagte sie mit Nachdruck, eine Bewährungsstrafe käme nicht in Betracht.

    Am zweiten Prozesstag hatten die beiden Opfer die Entführung anschaulich aus ihrer Sicht geschildert. Der Bauunternehmer, der trotz einer eindringlichen Drohung des Drahtziehers die Tat angezeigt hatte, sei danach mit dem „Angstvirus“ infiziert gewesen. Er habe aus Furcht vor Rache in wechselnden Hotels geschlafen und regelmäßig Auto und Handynummer ausgetauscht.

    Beide Slowenen sitzen seit dem Frühjahr 2016 in Untersuchungshaft, beide haben das Urteil angenommen. Bei ihren Angehörigen auf der Anklagebank flossen bittere Tränen.

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