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Oberschönegg: Viehscheid: Von Kranzrindern und fliegenden Kuhfladen

Oberschönegg

Viehscheid: Von Kranzrindern und fliegenden Kuhfladen

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    Entsprechend der Tradition wurden einige Rinder für den Weg zurück zum Stall mit bunten Blumenkränzen geschmückt. Hunderte Besucher kamen, um sich das Spektakel anzusehen.
    Entsprechend der Tradition wurden einige Rinder für den Weg zurück zum Stall mit bunten Blumenkränzen geschmückt. Hunderte Besucher kamen, um sich das Spektakel anzusehen.

    Welche Technik ist die richtige? Ein wenig ratlos und kritisch dreht und wendet Lian Hieb den getrockneten Kuhfladen in seiner Hand. Dann schwingt er den Arm zurück und wirft. Wie eine Diskusscheibe segelt der Fladen über die Wiese. 14 Meter messen die Helfer mit ihrem Band. Nicht schlecht, geht aber besser. Den zweiten Wurf verbindet der Zwölfjährige mit einem kleinen Anlauf und schafft schon 20 Meter. Wie viele andere Männer und Frauen will er beim

    Rund 100 Kuhfladen wurden für den Wettbewerb gebacken

    Als er nachmittags im Radio von dem Wettbewerb gehört hatte, der am Vorabend des Viehscheids in Oberschönegg ausgetragen wird, überredete er seine Eltern dazu, mit ihm von Senden in die Unterallgäuer Gemeinde zu fahren. Dort liegen am Abend rund 100 tellergroße, zuvor im Backofen getrocknete Kuhfladen bereit. Anfangs zögernd, dann sehr rege stellen die Teilnehmer, vorwiegend Männer, aber auch einige Frauen, Kinder und Jugendliche aus der näheren und weiteren Umgebung, auf der mit Flutlicht erhellten Wiese ihr Wurfgeschick unter Beweis. Unter ihnen ist auch Marina Seitz aus Auerbach bei Mindelheim. Als sie von dem Wettbewerb direkt neben dem Hof ihres Onkels Gerhard Fäßler erfuhr, fühlte sie sich geradezu angesprochen. Mit fast 32 Metern schafft sie auf Anhieb eine beachtliche Weite.

    Manche nehmen den Kuhfladen ungeniert in die Hand, andere greifen wegen des leichten „Geschmäckles“ lieber zu Gummihandschuhen. Da an diesem milden Herbstabend ein leichter Wind weht, fliegen die relativ leichten Scheiben nicht immer in die gewünschte Richtung. Während bei manchen Versuchen Helfer und Zuschauer regelrecht in Deckung gehen müssen, erweisen sich einige Teilnehmer als wahre Talente. Nicht nur Kraft und Geschick, sondern vor allem eine gewisse Technik zum Erfolg führt.

    Während in der Maschinenhalle nebenan die Band Calypso für Stimmung und eine volle Tanzfläche sorgt, wird der Andrang auf den Wettbewerb ständig größer. Als die Veranstalter nach 22 Uhr dessen Ende ankündigen, entschließen sich einige noch spontan, ebenfalls ihr Glück zu versuchen. Insgesamt kommen mehr als 100 Teilnehmer zusammen. Schließlich erhalten die Sieger auch Preise, darunter ein niedliches Kälbchen, ein Schlacht-schwein, Ferkel und eine von Hand gefertigte Gartenbank.

    Auch Tag Zwei des Viehscheids war gut besucht

    Am nächsten Vormittag ist erneut viel los in Oberschönegg: Hunderte Zuschauer säumen die Straßen, manch einer reckt den Kopf, um einen Blick auf das Jungvieh zu erhaschen, das sich mit rund einer halben Stunde Verspätung nähert. Kuhglocken läuten, die Alt-Schönegger Dorfmusikanten spielen vom Traktoranhänger herunter – Heimatklänge, für viele Besucher. „Wir sind extra in Dirndl und Lederhose gekommen“, sagt eine Besucherin, ihren kleinen Sohn an der Hand. Es sei schön, dass das Allgäuer Brauchtum nicht nur in direkter Alpennähe praktiziert wird, sondern auch im Unterallgäu.

    Auch die Oberschönegger Kinder begleiteten die Tiere. Auf den Schildern war jeweils zu lesen, wo die Kühe ihre Sommerfrische verbracht hatten.
    Auch die Oberschönegger Kinder begleiteten die Tiere. Auf den Schildern war jeweils zu lesen, wo die Kühe ihre Sommerfrische verbracht hatten.

    Mehr als 40 Rinder werden an diesem Sonntag bei schönstem Oktoberwetter zurück in den Stall getrieben. Die meisten standen auf Weiden des Landwirts Gerhard Fäßler, dem Initiator des Viehscheids, der heuer zum zweiten Mal in großen Stil stattfindet. Mädchen und Buben laufen vor den einzelnen Herden und halten Schilder, auf denen steht, wo die Tiere die Sommerfrische verbrachten: auf der Weide „Pilzenküfr“ oder auf der „Tafertshofa-Gangwalda“ etwa. Viele Blicke ziehen vor allem die Kranzrinder auf sich, die mit Kronen aus Blumen, Beeren und Grün geschmückt sind.

    Die Tiere kommen nicht allein am heimischen Fäßlerhof an – sie werden von Hunderten Besuchern begleitet. Schnell sind die Bierbänke besetzt, Helfer bauen rasch zusätzliche Garnituren auf. Große Holztabletts voller Weißwürste und Brezen werden durch die Reihen balanciert. Und die Rinder? Die essen auch – und kümmern sich damit quasi um die Kuhfladen, denen am Vorabend schon besondere Aufmerksamkeit zuteilwurde. Am weitesten geworfen hatte dabei Georg Wölfle aus Dennenberg. Er kam auf 52,67 Meter.

    Mehr Bilder finden Sie in unserer Bildergalerie:

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