Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Neu-Ulm: Gibt es genügend Notärzte im Landkreis Neu-Ulm?

Neu-Ulm

Gibt es genügend Notärzte im Landkreis Neu-Ulm?

    • |
    Zum Dienst als Notarzt melden sich Mediziner freiwillig. Den Dienstplan stellt die Kassenärztliche Vereinigung auf. Die tut sich in manchen Regionen schwer, die Schichten zu besetzen.
    Zum Dienst als Notarzt melden sich Mediziner freiwillig. Den Dienstplan stellt die Kassenärztliche Vereinigung auf. Die tut sich in manchen Regionen schwer, die Schichten zu besetzen. Foto: Barbara Wild (Symbolbild)

    Wer einen Unfall hatte und den Notruf 112 wählt, erwartet, dass ihm Sanitäter und Mediziner zur Hilfe kommen. Bayernweit gibt es deswegen ein Netz von Rettungswachen und Notarzt-Standorten. Doch bei Letzteren ist es ziemlich löchrig geworden – die Lücken in den Dienstplänen werden je nach Region größer, beispielsweise über die Weihnachtsfeiertage. Wie sieht die Situation im Landkreis Neu-Ulm aus? Wie sind die Dienste geregelt – und vor allem: Müssen sich Patienten Sorgen machen?

    Im Landkreis Neu-Ulm gibt es drei Notarzt-Standorte:

    Vereinzelt erfordere es einen hohen Aufwand, Dienste zu besetzen, berichtet die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) auf Nachfrage. Im Landkreis Neu-Ulm können sich die Zahlen unterm Strich aber sehen lassen: In Weißenhorn waren demnach alle Dienste in den vergangenen drei Monaten besetzt. Die Quote der beiden Standorte Neu-Ulm und Illertissen liegt laut KVB über dem Bayern-Durchschnitt von derzeit 96,8 Prozent. Konkret heißt das: In Neu-Ulm waren die Dienste im vergangenen Quartal im Schnitt zu 97,78 Prozent besetzt. „Derzeit sind noch zwei Dienste für den Monat März offen, von denen wir aber ausgehen, dass diese noch besetzt werden“, so ein Sprecher der KVB in der vergangenen Woche. In

    Neu-Ulmer Arzt: Engpässe drohen bei Notarztdiensten

    Diese Ansicht teilt der Geschäftsführer des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Donau-Iller (ZRF), Jan Terboven. Im Landkreis Neu-Ulm komme es „recht selten“ vor, dass ein Dienst offen bleibt. Ein Muster, was bestimmte Zeiten anbelangt, könne er nicht erkennen.

    Der ZRF selbst habe „relativ wenig Einfluss auf die Dienstpläne“, so Terboven, bekomme sie aber übermittelt. Denn der Zweckverband ist die Dachorganisation der Integrierten Leitstelle Donau-Iller, die alle Notrufe und Informationen für Rettungsdienst und Feuerwehr entgegennimmt und dann die Einsatzkräfte und zuständigen Stellen alarmiert. Im gesamten Zuständigkeitsbereich des ZRF – der neben dem Kreis Neu-Ulm auch die Landkreise Günzburg und Unterallgäu sowie die kreisfreie Stadt Memmingen umfasst – gibt es laut Terboven weniger Ausfälle als im Bayern-Schnitt. „Für die Patienten besteht kein wirklicher Grund zur Sorge.“ Schließlich sei der Einsatz der Rettungswagen sichergestellt und man könne einen Notarzt von Nachbarstandorten alarmieren.

    Beispiel Illertissen: Komme es einmal vor, dass an dem Standort eine Schicht nicht besetzt werden konnte, so würden im Notfall benachbarte Standorte – auch im angrenzenden Baden-Württemberg – oder auch ein Rettungshubschrauber alarmiert. „Der Rettungswagen kommt trotzdem aus Illertissen. Der kommt auch zurecht, bis der Notarzt da ist“, erklärt Terboven. Ungefähr 70 Prozent der Einsätze könne die Besatzung eines Rettungswagens, zu der mindestens ein Notfallsanitäter gehört, ohnehin ohne Notarzt erledigen.

    Privatleben spielt größere Rolle

    Dass umliegende Standorte einspringen, sei an sich auch kein Problem, sagt Dr. Max Weindler, niedergelassener Allgemeinarzt und Obmann der Notärzte am Standort Neu-Ulm: „Solange Einzelfälle nicht zu Regelfällen werden. Das wäre dann problematisch. Im Moment bekommt der Patient noch wenig mit.“ Auch wenn sich Lücken derzeit wohl in Grenzen hielten – zuletzt sei dies beispielsweise am Neujahrstag der Fall gewesen –, hat sich die Situation aus seiner Sicht zugespitzt. Aus ganz unterschiedlichen Gründen sei es schwieriger geworden, die Schichten zu besetzen.

    Einer davon ist laut Weindler die Regelung, dass die Notärzte von der Rettungswache aus und in Begleitung eines Fahrers, der ausgebildeter Rettungssanitäter ist, zu Einsätzen ausrücken müssen. Vorher durften die Diensthabenden allein von der Praxis und zu Hause aus starten. Hinzu komme, dass sich die Einstellung zur Arbeit generell ändere. „Früher wurde das Privatleben untergeordnet“, sagt Weindler, der selbst 67 Jahre alt ist. „Man muss also wollen und man muss können.“ Wie lange er selbst Dienste übernehmen werde? „Mindestens so lange, wie ich in der Praxis weitermache. Aber es gibt irgendwann eine physische Grenze.“ Scheiden er und ein Kollege aus, der in einem ähnlichen Alter ist, dann drohen Probleme, befürchtet Weindler.

    Die KVB teilt mit: „Der Ärztemangel macht sich auch beim Thema Notarztdienst bemerkbar.“ Gleichzeitig verdichte sich die Arbeit in der Praxis oder Klinik zunehmend. Das habe dazu geführt, dass viele Ärzte dem Notarztdienst im Sinne einer verbesserten „Work-Life-Balance“ nicht mehr den gleichen zeitlichen Rahmen einräumen wie in früheren Zeiten. Außerdem berichtet ein KVB-Sprecher: „Niedergelassene Ärzte sind zudem einem Loyalitätskonflikt ausgeliefert, wenn sie den Notarztdienst während ihrer Sprechzeiten erbringen.“ Dr. Weindler aus Neu-Ulm sagt: Keiner wolle mit dem Gedanken an die eigene Praxis oder die Arbeit in der Klinik „in der Wache sitzen und die Zeit totschlagen“.

    Erschwerend bei der Suche nach Nachwuchs kommt laut KVB hinzu, dass die qualitativen Anforderungen im Rettungswesen – und damit auch an die Notärzte – deutlich und stetig gestiegen seien. „Die heute obligatorischen Zusatzweiterbildungen in der Notfallmedizin erfordern einen hohen persönlichen und zeitlichen Aufwand.“ Dadurch erhöhe sich auch das Berufsalter der in den Notarztdienst einsteigenden Ärzte.

    Was geschieht, wenn nicht mehr genügend Ärzte zur Verfügung stehen? Laut KVB sieht es der Gesetzgeber vor, bei Problemen geeignete Kliniken heranzuziehen. Jan Terboven vom ZRF sagt, dass beobachtet werde, wie sich die Situation entwickle: „Wir sind da wachsam.“

    Lesen Sie außerdem:

    Ärztekammer: Notarzt-Dienst ist bei jungen Medizinern unbeliebt

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden