Das Abitur: Für Gymnasialschüler das Finale der Schulzeit. Es ist das ersehnte Ende der langen Jahre mit Unterricht, frühem Aufstehen und Prüfungen. Endlich sein Zeugnis in den Händen halten, auf dem Abiball seine Eltern strahlen sehen, mit seinen Freunden die neue Freiheit feiern.
In diesem Jahr fallen wegen der Corona-Pandemie alle offiziellen Feierlichkeiten aus. Es gibt keine Verabschiedungen, keinen Abiturball, keinen Abischerz. Ein paar Ideen für Alternativen gibt es, aber ein Ersatz sind sie nicht. Von Missmut ist trotzdem wenig zu hören bei den Abiturienten im Landkreis.
Zum Glück noch kein Kleid für den Ball gekauft
Franziska Geist aus Holzheim findet es nicht schlimm, dass die Feiern an ihrer Schule, dem Lessing-Gymnasium in Neu-Ulm, abgesagt sind. „Ich habe zum Glück noch kein Kleid gekauft“, sagt die 18-Jährige. Andere in ihrer Stufe hätten sich bereits teure Abendkleider für den Ball ausgesucht. Die Feier später im Jahr nachzuholen käme nicht infrage. „Viele von uns sind zu diesem Zeitpunkt schon wo anders, zum Beispiel fürs Studium.“
Man überlege, die Verabschiedung in einem Autokino abzuhalten. Geist wisse aber noch nicht, wie das ablaufen könnte. „Vielleicht fährt man da vorbei und holt sein Zeugnis ab“, sagt sie und lacht. Doch auch ohne gemeinsame Feiern freut sich die Schülerin auf die Zeit nach dem Abitur: Sie möchte in Stuttgart ein ökologisches Jahr bei der Naturschutzjugend absolvieren.
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Im Illertal Gymnasium Vöhringen sitzen am Montagnachmittag nach einer mündlichen Prüfung mehrere Abiturienten zusammen. Alle finden es schade, dass keine Feiern stattfinden. Doch möglicherweise gibt es eine Alternative. „Vielleicht organisieren wir im Pausenhof eine kleine Verabschiedung“, sagt Samuel Bleher aus Aufheim bei Senden. Das werde gerade noch mit Schulleiterin Regina Beutler besprochen. Mit aufgestellten Bierbänken und dem nötigen Abstand könnte so eine Verabschiedung organisiert werden. Ein großer Nachteil: Die Eltern dürften nicht dabei sein.
Die Reaktionen auf diese Idee stieß bei den Abiturienten trotzdem auf Vorfreude. Bleher sagt: „Alle wollen einfach gerne zusammen feiern.“
Kein Raum ist groß genug für Eltern, Schüler und ausreichend Abstand
Auch am Kolleg der Schulbrüder in Illertissen findet in diesem Jahr keine Abiturfeier statt. Der 18-jährige Schülersprecher Sebastian Bäuerle hat sich damit abgefunden. Man habe keinen Raum für die Verabschiedung gefunden, der groß genug für die Abiturienten und deren Familien war. „Das ist vor allem für die Eltern schade“, sagt er. Einen kleinen Ersatz haben sich die Schüler selbst gestaltet: An dem letzten regulären Schultag der Abschlussklasse kamen alle in Anzug und Abendkleid.
Denn nachgeholt würden die Feiern nicht. Dabei hätte sein Jahrgang bereits Pläne geschmiedet: Für die traditionelle Abiturrede, die von den Absolventen gehalten wird, gab es reichlich Ideen. Auch für den Abischerz, der von den Abiturienten für die Schule organisiert wird, hatte man sich schon viel überlegt. Zu diesem Anlass überlegt sich die Abschlussklasse üblicherweise Spiele für Lehrer, alle anderen Klassen haben zu der Zeit frei. „Das ist immer extrem witzig“, sagt Bäuerle. „Und man begegnet Lehrern auf freundschaftlicher Ebene.“
Corona schweißte die Schüler noch mehr zusammen
Die Stimmung in der Jahrgangsstufe sei nach der Schulschließung zunächst bedrückt gewesen. „Es war ein enormer Stress, nicht zu wissen, wie es weitergeht“, sagt Bäuerle. Niemand wusste, ob und wie Schulaufgaben nachgeholt würden und ob das Abitur stattfindet: „Wir waren uns nicht sicher, ob wir überhaupt lernen sollen. Das war so verwirrend.“ In der Klasse entbrannten hitzige Diskussionen.
Doch sobald die Termine feststanden, und die Abiturienten nach drei Wochen „Corona-Ferien“ in den Unterricht zurückkehren konnten, wurde die Stimmung besser. „Es haben sich alle so auf die Schule gefreut“, sagt der Schülersprecher. „Und nicht nur darauf, seine Freunde wiederzusehen, auch die Lehrer.“ Die Situation sei für alle besonders gewesen. „Da sind wir zusammengewachsen“, sagt Bäuerle.
Viele Abiturienten des Illertisser Kollegs würden im kleinen Freundeskreis das Feiern nachholen. Denn auch die inoffizielle Abifahrt nach Kroatien musste abgesagt werden – für viele sei das schlimmer als eine Absage des Abiballs. Aber die Abschlussklasse des Kollegs nehme die Situation jetzt mit Humor. Bäuerle findet, seine Generation sei ganz gut darin, das Beste aus etwas zu machen. „Wir werden immer der Corona-Jahrgang bleiben“, sagt Bäuerle und lacht.
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