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Multimedia-Reportage: Rundgang: So wandelt sich das Fuggerschloss in Babenhausen

Babenhausens Wahrzeichen: das Fuggerschloss.
Multimedia-Reportage

Rundgang: So wandelt sich das Fuggerschloss in Babenhausen

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    Zuerst musste der Storch umziehen. Sein Nest wurde um die 50 Meter weiter nach Westen versetzt, bevor der Trubel auf dem Schlossdach losging. Jetzt hat er einen Logenplatz auf einer Baustelle, wie sie Babenhausen lange nicht gesehen hat. Als wäre er sich dieses Privilegs bewusst, lässt sich der Storch nicht stören von der weißen Plane, die das abgedeckte Dach neben ihm umhüllt und im Wind raschelt. Vom Kompressor, der darunter dröhnt, und den Zimmerern, Statikern und Dachdeckern, die das Gerüst hinaufsteigen.

    Auch Fridolin Müller steht an einem sonnigen Maitag auf einer Ebene in knapp zehn Metern Höhe und blickt durch das Sicherheitsnetz nach unten in den fast quadratischen Innenhof, in den gerade ein Transporter rollt. Den Überblick zu wahren, gehört zu seinen Aufgaben. Müller arbeitet in der Fürst-Fugger-Zentralverwaltung und ist mit Ulrike Holzmann für die Bauherrenvertretung und Projektsteuerung zuständig. Und Projekte gibt es gerade viele zu steuern im Fuggerschloss Babenhausen und drumherum.

    Im Fuggerschloss Babenhausen wurde manches "für die Ewigkeit gebaut"

    Von oben, aus der Storchperspektive, ist am besten zu erkennen, wie sehr sich das Schlossareal in den vergangenen Monaten verändert hat - und noch verändern wird. Da ist einmal der östliche Teil des Langschlosses, den die Familie Fugger sanieren lässt. Die Arbeiten am Dach sind nur der Anfang. "Wir müssen erst hier oben die Substanz schützen, um die Bereiche unten nutzen zu können", erklärt Müller. Ein Teil der Räume im Langschloss - das wegen seines im Vergleich zum Rechbergbau jüngeren Alters auch den Namen Neues Schloss trägt - soll vermietet werden, zum Beispiel als Büros.

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    Die Dimension des Langschloss-Projekts wird im Inneren des steilen Satteldachs eindrücklich bewusst. Zwei bis drei Einfamilienhäuser ließen sich hier problemlos verstecken. Zwischen Traufe und Dachfirst erstrecken sich allein schon vier Stockwerke, verbunden durch Kamine und massive Holztreppen. "Manches hier wurde für die Ewigkeit gebaut", sagt Müller und klopft auf eine Stufe, die mit Staub und Sägemehl überzogen ist. "Das haben die früher schon nicht schlecht gemacht."

    Nicht nur mit Muskelkraft, sondern auch mit Köpfchen sind die Männer vorgegangen, als sie das Langschloss im 16. Jahrhundert Stein auf Stein, Dachplatte für Dachplatte errichtet haben. Römische Zahlen sind in die dicken, vergrauten Sparren eingeritzt. Müller deutet auf die XXVIII, 28. Die Nummern sollten wohl zeigen, wo welcher Balken hingehört.

    Inzwischen haben die Zimmerer morsche Stellen im Dachstuhl ersetzt. Frisches, helles Holz und Stahlträger verstärken ihn nun. "Auch ein Taubenschlag war marode und wurde entfernt", sagt Müller. Aufwendiger als gedacht sei es, den charakteristisch-eckigen Treppengiebel zu sanieren. Dazu wurde extra die komplette östliche Fassade des knapp 25 Meter hohen Langschlosses eingerüstet, die sich über dem Schlossgraben erhebt.

    Dieser Graben wandelt sich ebenfalls, sein ursprünglicher Zweck wird ins Gegenteil verkehrt: Während die Senke in früheren Zeiten Eindringlinge vom Schloss fernhielt, soll sie die Menschen künftig geradezu auf das Gelände einladen. Bald verbindet ein Spazierweg die Fürst-Fugger-Straße - Durchreisenden besser bekannt unter dem schnörkellosen Namen B300 - über den Schlossgraben mit dem öffentlich zugänglichen Park. Auch ein neuer Zugang ins Langschloss ist von hier aus geplant.

    Dessen Erdgeschosses birgt eine architektonische Besonderheit: die Neun-Säulen-Halle. Ihr früherer Glanz ist zu erahnen, auch wenn der Putz an manchen Stellen bröckelt und feine Risse an den Wänden wandern. Drei Reihen von je drei Säulen teilen den Raum in vier Schiffe, über die sich Kreuzgratgewölbe spannen. Auf die grauweißen Mauern neben den Ochsenaugenfenstern hat einst ein Maler Bilder gepinselt. In erblasstem Gelb, Blau und Braun schmücken die Babenhauser St.-Andreas-Kirche, aber auch das Ulmer Münster und die St.-Martin-Kirche in Memmingen die Halle. Müller sagt, sie könnte in Zukunft vielleicht Schauplatz von Veranstaltungen sein.

    Schatzsuche im ehemaligen Wirtschaftstrakt des Fuggerschlosses

    Jenseits des Schlossgrabens klafft ein Loch im Boden. Erde und Schutt häufen sich an den Rändern und markieren die zweite große Baustelle auf dem Areal. Denn die Fugger bringen gerade nicht nur das Langschloss auf Vordermann - als wäre das nicht schon eine Generationenaufgabe für sich, eine kostspielige obendrein. Sie bauen auch an einer Kindertagesstätte, die sie an die Gemeinde vermieten werden.

    Der frühere Wirtschaftstrakt - das Torhaus, die Stallungen - wird zu diesem Zweck ins Heute geholt, die Orangerie in moderner Form wieder vervollständigt. An die Gebäude unter Denkmalschutz soll sich laut Architektenplan noch ein neuer Anbau schmiegen. Um Platz für ihn zu schaffen, musste aber erst einmal ein Teil der ehemaligen Fürst-Fugger-Brauerei weichen.

    Als sich die Baggerschaufel zum ersten Mal ins hohe Sudhaus grub, hatten die Bauherren nur eine vage Vorstellung davon, was zutage tritt, wenn es erst einmal weg ist. Welcher unliebsame Baustoff unter dem 60er-Jahre-Gebäude schlummert, in dem einst das Fuggerbier gärte, welcher Keller, der nicht in den alten Plänen eingezeichnet ist. Nun herrscht Gewissheit. "Bei manchem Material, das überraschend herausgekommen ist, ist die Beseitigung arbeitsintensiv", sagt Müller. Nächster Schritt: Die Hohlräume müssen wieder gefüllt werden, damit die Kita auf einem festen Fundament steht.

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    Bald also werden Mädchen und Buben über das Gelände toben, sich vielleicht fühlen wie kleine Prinzessinnen und Schlossherren. Momentan sind aber noch Bagger und Baumaschinen die Attraktion. Auch für die Eltern und Großeltern. Sie verfolgen die Verwandlung des Babenhauser Fuggerareals mit großem Interesse, lag es doch jahrelang in einer Art Dornröschenschlaf. Mancher Nachmittagsspaziergang führt zu den Baustellen. "An den Wochenenden", sagt Müller, "wird hin und wieder sogar ein Bauzaun zur Seite gerückt. Das ist natürlich nicht Sinn der Sache."

    Was zumindest den Kindern genauso gefallen dürfte wie die Bagger, ist die Schatzsuche, die die Mitarbeiter der Fürst-Fugger-Zentralverwaltung gerade im Wirtschaftstrakt veranstalten. Sie entrümpeln, räumen nach und nach aus. Historische Arbeitsgeräte, schwere Eichentüren, aber auch Schrottreifes, "man weiß nie, was noch alles herauskommt", sagt Fridolin Müller in einer Werkstatt, in die Licht durch schmutzige Fenster fällt, und nickt zu einem Tisch im Eck, auf dem sich Kisten, Schachteln, Rohre stapeln. Die Helfer archivieren Erhaltenswertes, vielleicht bekommt manches Fundstück einmal einen Platz in einer Vitrine im Fuggermuseum im westlichen Teil des Langschlosses. Dort, wo nun der Storch auf dem Dach thront und stolz sein weiß-schwarzes Gefieder aufplustert.

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