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Memmingen/Unterallgäu: Kontakt zum Kind auch in Krisenzeiten: Mutter übt Kritik

Memmingen/Unterallgäu

Kontakt zum Kind auch in Krisenzeiten: Mutter übt Kritik

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    Streit um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind gibt es immer wieder zwischen Eltern. Wenn der Konflikt ausartet oder keine Lösung zu finden ist, können Jugendamt und Familiengericht eingeschaltet werden.
    Streit um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind gibt es immer wieder zwischen Eltern. Wenn der Konflikt ausartet oder keine Lösung zu finden ist, können Jugendamt und Familiengericht eingeschaltet werden. Foto: Silvia Marks, dpa

    Das Umgangsrecht beschäftigt zunehmend die Jugendämter der Stadt Memmingen und des Landkreises Unterallgäu sowie das Familiengericht am Memminger Amtsgericht. Das gilt auch für begleitete Umgänge (sieheInfokasten), bei denen das Kind ein Elternteil nur im Beisein einer dritten Person treffen darf. 2019 wurden in zehn Fällen solche Umgänge im Auftrag des Memminger Jugendamts durchgeführt, das Unterallgäuer Kreisjugendamt verzeichnete insgesamt 31 Fälle. Scharfe Kritik äußert nun eine betroffene Mutter aus der Region: Demnach fänden Umgänge nur unregelmäßig und über längere Zeiträume gar nicht statt.

    Auf Nachfrage bei den Behörden ist zu erfahren, dass die begleiteten Umgänge wegen der Corona-Pandemie zeitweise ausgesetzt waren. Dabei habe es sich aber um eine Ausnahmesituation gehandelt. Die Organisation der Umgangstermine liegt laut Familiengericht beim Jugendamt zusammen mit Trägern, deren Mitarbeiter die Treffen begleiten. In Memmingen kooperiert die Behörde mit dem Kreisverband Memmingen/Unterallgäu des Kinderschutzbundes; das Unterallgäuer Jugendamt wird außerdem von der Kolping-Akademie sowie Honorarkräften unterstützt.

    Infektionsschutz – und auch rechtliche Unklarheiten

    Während der Ausgangsbeschränkungen im März und April habe der Kinderschutzbund die Umgangsbegleitungen ausgesetzt, teilt die Pressestelle der Stadt Memmingen mit. Demnach diente dies nicht nur dem Infektionsschutz – auch rechtliche Unklarheiten spielten eine Rolle. Auf die außergewöhnliche Situation verweist auch Christine Keller, Leiterin des Unterallgäuer Kreisjugendamts. Angesichts des am 16.März in Bayern ausgerufenen Katastrophenfalls und der gleichzeitig verkündeten Einschränkungen stellten auch dessen Anbieter die Umgänge ein. In der Folge hätten die Träger jedoch Hygiene- und Abstandskonzepte erarbeitet und seit Mai – nach Ende der Ausgangsbeschränkungen – fanden laut Keller und städtischer Pressestelle wieder Umgänge statt.

    Dass über längere Zeit kein solcher Kontakt zwischen Kind und Elternteil zustande kommt, ist nach Darstellung beider Jugendämter die Ausnahme. „Grundsätzlich ist zwischen Stadtjugendamt und Kinderschutzbund vertraglich sichergestellt, dass fachliche Standards einzuhalten sind“, heißt es bei der Stadt Memmingen. Dies beinhalte „eine angemessene Zeitdauer bis zum Beginn des begleiteten Umgangs“.

    Was ist "Begleiteter Umgang"?

    Ziel: Der Begleitete Umgang kommt in der Regel im Auftrag des Jugendamts oder nach einem Beschluss des Familiengerichts zustande: Er soll es Kindern ermöglichen, in konfliktbeladenen Situationen wie einer Scheidung oder Trennung mit beiden Elternteilen Kontakt zu halten.

    Außerdem stellt er eine Möglichkeit zur Kontaktanbahnung dar, wenn Kinder ein Elternteil längere Zeit nicht gesehen haben. Im Mittelpunkt steht immer das Wohl des Kindes.

    Im Optimalfall hat es am Ende mit beiden Seiten einen unbeschwerten, von den Eltern eigenständig und einvernehmlich geregelten Umgang.

    Gründe: Das Umgangsrecht des Kindes mit einem oder beiden Elternteilen kann aus verschiedenen Gründen eingeschränkt werden. Der Begleitete Umgang, also Kontakt im Beisein einer dritten Person, ist zum Beispiel bei psychischen oder Suchterkrankungen des betreffenden Elternteils nötig.

    Ebenso wird er erforderlich, wenn das Kind vor Übergriffen körperlicher, seelischer oder anderer Art sowie verbaler Beeinflussung geschützt werden soll. (ver)

    Eine eindeutige Definition durch gesetzliche Regelungen gebe es dazu aber nicht. Das Gericht kann nach eigener Auskunft im Beschluss zum Umgangsrecht Anordnungen zur Umsetzung treffen. Seien diese für das Jugendamt nicht praktikabel oder zeigten sich aus dessen Sicht negative Auswirkungen auf das Kindeswohl, so könne die Behörde davon abweichen.

    Die betroffene Mutter beklagt etwa, dass einem Schreiben des Jugendamts zufolge „urlaubsbedingt“ drei Wochen lang keine Umgänge stattfinden.

    Mitunter komme es vor, dass Umgänge nicht durchgeführt werden können, sagt Jugendamtsleiterin Keller und nennt Ursachen: Ereignisse wie eine Klassenfahrt, Krankheit in der Familie oder bei Mitarbeitern des beauftragten Trägers, personelle Engpässe oder Terminprobleme zählen dazu. Trotzdem gelinge es in der Regel, den steigenden Bedarf abzudecken.

    Vereitelt eines der Elternteile die Treffen, indem es nicht mitwirkt, so müssen sich die Umgangsberechtigten laut Memminger Jugendamt gegebenenfalls an das Familiengericht wenden. Besonders im März und April kam es laut der Behörde gelegentlich vor, dass mit Verweis auf die Pandemie Einwände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil erhoben wurden. Nach Auffassung des Stadtjugendamts ist dies „kein allgemeiner Grund gegen die Durchführung“. Allerdings sei dabei der Einzelfall zu prüfen.

    Eine Häufung von Verfahren, bei denen ein Elternteil dem anderen den Umgang mit Verweis auf die Infektionsgefahr verweigert, sei nicht wahrnehmbar, teilt das Amtsgericht in Memmingen mit. Bei Verfahren, die generell das Umgangsrecht betreffen, zeige sich dagegen in den vergangenen fünf Jahren ein leichter Anstieg.

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