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Memmingen: Raubüberfall: In der Tiefgarage nimmt das Unheil seinen Lauf

Memmingen

Raubüberfall: In der Tiefgarage nimmt das Unheil seinen Lauf

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    Ein 32-Jähriger wurde in einer Tiefgarage im Raum Babenhausen ausgeraubt und erpresst.
    Ein 32-Jähriger wurde in einer Tiefgarage im Raum Babenhausen ausgeraubt und erpresst. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Noch heute, Monate später, kann er nur mit brüchiger Stimme über jenen Abend sprechen: Ein 32-Jähriger ist im Frühjahr 2018 in einer Tiefgarage im Raum Babenhausen ausgeraubt und danach erpresst worden. Nun sitzt er im Saal des Memminger Landgerichts, um vor dem Richter und den Schöffen auszusagen.

    Zwei Männer sollen an den Taten beteiligt gewesen sein. Der jüngere, Anfang 20, ist bereits verurteilt und sitzt seine Strafe im Gefängnis ab. Dem mutmaßlichen Mitstreiter wird jetzt der Prozess gemacht. Vorgeworfen wird dem 38-Jährigen, der sich zuletzt in U-Haft befand, besonders schwerer Raub und versuchte Erpressung.

    Opfer und Täter kennen sich flüchtig

    Folgendes soll sich zugetragen haben: Der 32-Jährige, der andernorts wohnt und arbeitet, war mit dem jüngeren seiner späteren Peiniger verabredet. Sie kannten sich nur mit Spitznamen, hatten sich zuvor schon getroffen. Worum es bei den Verabredungen genau ging, bleibt in der öffentlichen Verhandlung unklar. Jedenfalls fuhr der Mann in die besprochene Straße, stellte das Auto ab und begab sich zum Treffpunkt. Von dort aus führte ihn der bereits verurteilte Täter in eine düstere Tiefgarage. „Auf einmal schwenkte die Stimmung“, berichtet der 32-Jährige rückblickend. „Aus dem toten Winkel kam der raus, der jetzt hier sitzt.“

    Der anfangs freundliche Umgangston wurde aggressiver: Er solle Geld herausrücken. Ein Faustschlag des jüngeren Mannes traf das Opfer im Gesicht, sodass es blutete. Dann durchsuchten die Peiniger den Mann und fanden ein Handy, ein paar Geldscheine und einen Autoschlüssel. Das Opfer bettelte, gehen zu können und ihm nicht das Handy mit privaten Daten wegzunehmen.

    Der Jüngere, der dem 32-Jährigen zufolge die Anweisungen gab, schnappte sich den Schlüssel und ging nach draußen. Der Angeklagte passte währenddessen auf das eingeschüchterte Opfer auf. Er habe ihm noch ein Taschentuch gereicht, erinnert sich dieses. Die Stimmung sei weniger aufgeheizt gewesen.

    Als der Jüngere nach wenigen Minuten zurückkam, hatte er eine Armbanduhr und geschätzt 150 Euro Bargeld aus dem Auto dabei – und hielt dem 32-Jährigen dessen dienstliche Visitenkarte unter die Nase. Man wisse nun, wo er arbeite, er solle keine Probleme machen, hieß es sinngemäß. Der 32-Jährige konnte mit Handy und Karte gehen.

    Der Angeklagte hat ein Messer bei sich

    Richter Christian Liebhart versucht in der Verhandlung zu ergründen, inwiefern der Tatbeschluss gemeinsam gefasst und der Raub geplant wurde. Ebenso ist es Thema, inwiefern der Angeklagte ein Messer ins Geschehen einbrachte. Laut Opfer zog dieser das Messer mit einer rund zehn Zentimeter langen Klinge in der Tiefgarage aus der Hosentasche und spielte damit herum. Direkt bedroht worden sei es damit allerdings nicht.

    Der Angeklagte, der eine Vergangenheit geprägt von Alkoholabhängigkeit hinter sich hat und vor seiner Inhaftierung arbeitssuchend war, entschuldigt sich bei dem Opfer. Er sagt aus, seinen Bekannten nach Alkoholkonsum „ohne groß nachzufragen“ zu dem Treffen in der Garage begleitet zu haben. Er habe gewartet, bis der Freund und der ihm Unbekannte kamen und dann sei Ersterer handgreiflich geworden. Das Messer habe er nur gezogen, weil es gegen sein Bein gedrückt habe – woraufhin Richter Liebhart antwortet: „Würden Sie das jetzt glauben?“

    Der Kompagnon, der bereits rechtskräftig nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde und als Zeuge auftritt, stellt die Situation in teils trotziger Art dar. Der Richter weist ihn an, sich im Tonfall zu mäßigen. „Die Sache war nicht geplant“, sagt der junge Mann schließlich, „wir wollten ihn ein bisschen ärgern und so kam das eine zum andern.“ Eigentlich hätte das Opfer zahlen und anschließend ohne eine zuvor „vereinbarte Leistung“ weggeschickt werden sollen. Den 38-jährigen Angeklagten bezeichnet er als Mittäter, wenngleich die Initiative von ihm selbst ausgegangen sei. Danach seien sie „was trinken gegangen“ von dem erbeuteten Geld.

    Auf den Raubüberfall folgt Erpressung

    Der zweite Punkt der Anklageschrift beinhaltet den Versuch der Erpressung. Das Opfer erhielt nach der Tat Nachrichten über ein soziales Netzwerk, in denen Geld verlangt wurde – ansonsten würden Filmaufnahmen veröffentlicht, die ihn diskreditieren und auch Einfluss auf dessen berufliche Stellung haben könnten. Auf diese Forderung ging der 32-Jährige nicht ein, sondern wandte sich an die Polizei. Der Mann sagt mit unterdrücktem Schluchzen, er leide noch heute psychisch unter dem Vorfall. Er habe Albträume und es falle ihm schwer, allein zu sein. Auch in therapeutische Behandlung habe er sich begeben.

    Richter Liebhart verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Haftstrafe in Höhe von sechs Jahren. Einen Teil der Strafe wird der Mann im Gefängnis verbüßen und dann in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden.

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