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Landkreis Neu-Ulm: Wegen Corona: Reisebüros stehen am Abgrund

Landkreis Neu-Ulm

Wegen Corona: Reisebüros stehen am Abgrund

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    Reisebüros in ganz Deutschland leiden besonders stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wie hier in Berlin haben auch viele Geschäfte im Landkreis die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben – trotz einer stark angespannten finanziellen Lage.
    Reisebüros in ganz Deutschland leiden besonders stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wie hier in Berlin haben auch viele Geschäfte im Landkreis die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben – trotz einer stark angespannten finanziellen Lage. Foto: Kay Nietfeld/dpa

    Fünf Wochen Einschränkungen durch Corona haben ihre Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Während jedoch die ersten Geschäfte seit dieser Woche wieder öffnen dürfen, erleidet die Tourismusbranche einen Rückschlag nach dem anderen. Vor allem große Reisebüros stehen vor dem finanziellen Ruin. So auch im Landkreis Neu-Ulm.

    Alle Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze

    Das Reisebüro Honold mit Geschäftsstellen in Neu-Ulm und Ulm schließt laut einer Pressemitteilung zum Jahresende. Die hohen laufenden Kosten ohne jeden Umsatz hätten sie zu dieser Entscheidung gezwungen, teilt Geschäftsführer Wolfgang Brauchle mit. Alle 40 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze, aber sie blieben bis Jahresende im Unternehmen. So könnten Dienstleistungen des Reisebüros bis Ende Juni gewährleistet werden. Die Abwicklung bestehender Buchungen erfolgt bis Jahresende.

    Vor allem große Reisebüros leiden unter der Corona-Pandemie

    Laut Brauchle habe es keine Alternative zur Schließung gegeben. „Als großes Reisebüro haben wir deutlich zu hohe Kosten, um diese Krise auszusitzen“, sagt er in der Pressemitteilung. Das Reisebüro Honold, das in den 1960ern gegründet wurde, sei mit Zuversicht in die Reisesaison gestartet und hatte bereits viele Buchungen abgeschlossen. Deren Abwicklungen verursachten zusätzlich große Verluste. Die Schließung bedauert Brauchle sehr: „Wir haben diese Entscheidung schweren Herzens getroffen.“

    Hier finden Sie mehr Informationen über die Schließung des Reisebüros Honold.

    Der Tourismus wird die Auswirkungen länger spüren als andere Branchen

    Der Tourismus hat die Auswirkungen der Pandemie als eine der ersten Branchen gespürt: Unsicherheit bei den Kunden, Stornierungen, Rückabwicklungen, ausbleibendes Neugeschäft. Die Bundesregierung unternahm den Versuch, eine Gutscheinlösung einzuführen. Damit sollten bereits gebuchte und bezahlte Reisen den Kunden nicht in bar, sondern verbindlich als Gutschein erstattet werden. Doch das Unternehmen scheiterte an der EU-Kommission. Reiseguthaben verbindlich in Gutscheine umzuwandeln, sei nicht mit europäischem Recht vereinbar.

    Die Gutscheinlösung für Reisebüros hat Nachteile

    Ideal sei die Lösung nicht gewesen, sagt Petra Heinrich Spitz, die das Best-Reisebüro in Vöhringen leitet. Doppelte Arbeit für eine einmalige Provision – so verlagere sich der Umsatz nur. Dennoch hätte das Modell vorübergehend zur Sicherung der Liquidität der Geschäfte geführt.

    Heinrich Spitz hat sich als Mitglied des Best-Verbunds vergangene Woche mit vielen weiteren Reiseorganisationen an einem offenen Brief an die Bundesregierung beteiligt. Darin wird ein Rettungsmodell gefordert, das über die allgemeinen Unterstützungsmaßnahmen hinausgeht.

    Viele Unternehmen, die zur Tourismusbranche gehören, hoffen in diesen schwierigen Zeiten auf die Loyalität ihrer Stammkundschaft.
    Viele Unternehmen, die zur Tourismusbranche gehören, hoffen in diesen schwierigen Zeiten auf die Loyalität ihrer Stammkundschaft.

    Die Unternehmen sind durch die Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht

    Der offene Brief schildert eindringlich die Lage der stationären Reisebüros. Die Unternehmen mit etwa 100000 Arbeitsplätzen wären konkret in ihrer Existenz bedroht. Wenn der Staat nicht handle, gebe es nach der Corona-Pandemie für die Gesellschaft viele Reisebüros und Veranstalter nicht mehr.

    Nicht nur finanziell ist die aktuelle Situation eine große Belastung. Es sei für das ganze Team eine traurige Angelegenheit. „Reisen ist ein schönes Thema, wir lieben die positiven Gespräche mit unseren Kunden“, erzählt Heinrich Spitz. Doch eine baldige Besserung sei ohne staatliche Unterstützung nicht in Sicht.

    Auch Ramona Huber, die Inhaberin des Tui-Reisebüros Reisewelt in Illertissen, ist nicht zuversichtlich. „Alle unsere Arbeitsplätze wackeln“, sagt sie. Eine solche Situation habe sie noch nie erlebt: „Ich bin hilflos.“ In ihrem Team und mit Freunden aus anderen Reisebüros versuche man, sich gegenseitig aufzumuntern. Doch die düsteren Aussichten raube ihnen oft die Kraft.

    Am Mittwoch findet in Ulm eine Demonstration statt

    „Wir fragen uns, wofür wir eigentlich noch kämpfen.“ Ohne staatliche Unterstützung werde die Branche aussterben. Auch die Reiseveranstalter seien keine Hilfe. Sie hielten laut Huber die Provisionen zurück, die Reisebüros im Moment bräuchten. Im Normalfall werden diese erst ausgezahlt, wenn der Kunde die Reise antritt.

    Um ihrer Notsituation Ausdruck zu verleihen, findet am Mittwochnachmittag eine Demonstration der Mitarbeiter am Münsterplatz statt. Mit Koffern und Plakaten – und dem nötigen Mindestabstand – soll auf die Lage der Reisebüros aufmerksam gemacht werden.

    Laut Ramona Huber sei die Demonstration auch ein wichtiges Signal für die Kunden: „Wenn das Reisen wieder möglich ist, können sie nach wie vor bei uns buchen.“

    Die Tourismusbranche ist stark betroffen. Hier haben wir für Sie recherchiert, wie es Busunternehmen und Hotels im Landkreis geht.

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