Alles begann relativ harmlos, doch dann wurde daraus einer der größten Feuerwehreinsätze, die bisher in diesem Jahr im südlichen Landkreis Neu-Ulm abzuarbeiten waren: Ein Unwetter mit selten dramatischen Ausmaßen hat sich am Mittwochabend über dem Bereich Altenstadt-Kellmünz-Osterberg entladen. Bis in den frühen Donnerstagmorgen hinein kämpften rund 160 Feuerwehrleute gegen die Wassermassen. Keller waren teilweise bis zur Erdgeschossdecke vollgelaufen, Straßen wurden überflutet, in der Altenstadter Pfarrkirche drang das Wasser durchs Dach in die Orgel ein und in Filzingen stand es „Spitz auf Knopf“, weil bei einer Firma eine Trafostation kurz vor dem Kollaps stand und rund 400 Kubikmeter Öl-Wasser-Gemisch abgesaugt werden mussten. Auch den Raum Babenhausen im Unterallgäu hat das Unwetter heftig getroffen.
Angefangen hatte alles am Mittwoch gegen 19.15 Uhr, als im beginnenden Starkregen auf der A7 kurz nach der Einfahrt Altenstadt ein Auto gegen die Mittelleitplanke und dann quer über die Fahrbahn schleuderte, um schließlich auf einem Feldweg hinter dem Wildschutzzaun liegen zu bleiben. Der Fahrer blieb unverletzt. Kurz danach ereignete sich wenige Hundert Meter vor der Ausfahrt Dettingen ein ähnlicher Unfall. Fast genau gegenüber passierte in Richtung Norden dasselbe. In der Summe nahm die Autobahnpolizei an dem Abend insgesamt neun Verkehrsunfälle in diesem Bereich auf, glücklicherweise kam dabei niemand zu Schaden. Unfallursache war nach Polizeiangaben in jedem Fall die nicht angepasste Geschwindigkeit bei regennasser Fahrbahn, sodass die Autofahrer jeweils die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren. Der Gesamtschaden an den Autos, Schutzplanken und Wildschutzzäunen wird auf mehr als 60.000 Euro geschätzt.
Doch dann brach das Unwetter erst richtig los: Ab etwa 21 Uhr folgte ein Alarm dem anderen, denn innerhalb der folgenden beiden Stunden ergossen sich rund 90 Liter Regenwasser pro Quadratmeter aus den massiven Wolkenformationen. „Das Schlimme daran war“, so berichtet Altenstadts Bürgermeister Wolfgang Höß, „dass das Gewitter nicht weitergezogen ist und alles über dem Bereich der drei Gemeinden ausgeschüttet wurde.“
Von Weiler, wo insbesondere der Ortsteil Bahnhof betroffen war, über Kellmünz und Filzingen bis Altenstadt wurden reihenweise vollgelaufene Keller gemeldet. In ganzen Straßenzüge – wie in der Altenstadter Mitterfeldstraße oder in Kellmünz über die Friedhofstraße bis zur Mariengrotte, um nur wenige Beispiele zu nennen – mussten nun die Pumpen der Feuerwehrfahrzeuge, die Tragkraftspritzen und sämtliche verfügbaren Wassersauger in Aktion treten.
In die Altenstadter Pfarrkirche drang Wasser ein
Dazu waren innerhalb kurzer Zeit rund 160 Feuerwehrleute im Einsatz. Sie kamen nicht nur aus den betroffenen Orten selbst: Kreisbrandinspektor Benedikt Kramer, der das Ganze vom Kellmünzer Gerätehaus aus koordinierte, ließ Unterstützungskräfte von Illertissen bis zum Unterallgäu anrücken. Die Wehren aus Altenstadt, Betlinshausen, Fellheim, Filzingen, Illereichen, Illertissen, Jedesheim, Kellmünz, Osterberg, Neu-Ulm mit Pfuhl, Pleß und Untereichen waren teilweise bis fünf Uhr am Donnerstagmorgen im Einsatz. Neben der Altenstadter Pfarrkirche „Zum Guten Hirten“, wo durch das vom Dach her eindringende Wasser nicht nur die Orgelempore, sondern auch das Kirchenschiff überflutet waren, bildete auch die Firma Miller in Filzingen einen Einsatzschwerpunkt. Dort waren riesige Wassermassen ins Betriebsgelände eingedrungen. Im Untergeschoss einer Fertigungshalle befinden sich Ölreinigungsanlagen des Präzisionswerkzeugherstellers. „Innerhalb von Minuten standen die Anlagen knietief unter Wasser“, berichtet Geschäftsführer Frank Rieber. Das konnten die alarmierten Feuerwehrleute auch durch schnellen Einsatz von Abdichtungen mit Folien, Paletten und Sandsäcken, die Landwirte von ihren Silos zur Verfügung stellten, nicht verhindern. So bildeten sich schließlich ein rund 400 Kubikmeter Wasser-Öl-Gemisch.
Wie das Unternehmen mitteilt, verhinderten die Einsatzkräfte durch ihr professionelles Vorgehen, dass das kontaminierte Wasser nach außen dringen konnte. „Es bestand somit zu keiner Zeit eine Gefahr für die Umwelt und glücklicherweise sind auch keine Personen zu Schaden gekommen“, zeigt sich Frank Rieber, der bei dem Einsatz vor Ort war, erleichtert. Das Wasser wurde abgepumpt, in einem aus Neu-Ulm angelieferten Bassin gesammelt und schließlich vom Saugwagen einer Abfallbeseitigungsfirma aufgenommen. Ein Fachmann der Stromversorgerfirma konnte gemeinsam mit der Feuerwehr gerade noch verhindern, dass die 20-Kilovolt-Trafostation, die sich neben den Ölreinigungsanlagen befindet, überflutet wurde.
Auch durch das nordwestliche Unterallgäu zog die Gewitterzelle. Die Schneise habe man geradezu beobachten können, berichtet Kreisbrandinspektor Jakob Schlögel aus Klosterbeuren. Er selbst habe sich nach der Alarmierung vom Feuerwehrauto zu Hause abholen lassen müssen, weil er wegen der Wassermassen allein nicht weit gekommen sei. Mehrere Feuerwehren rückten aus – schwerpunktmäßig nach Winterrieden und Klosterbeuren. „Es war extrem, das Ganze“, so Schlögel. Das Wasser sei in viele Keller geflossen und habe teils Kanaldeckel nach oben gedrückt, sodass sich regelrechte Fontänen ergossen. In Babenhausen waren etwa Weiherweg und Bahnhofstraße betroffen; Anwohner schickten unserer Redaktion am Tag danach Fotos von überschwemmten Gärten, einem trüben Swimmingpool und Sandsackreihen. Bis weit in die Nacht hinein waren die Unterallgäuer Feuerwehrler gefordert – sogar am Donnerstag noch. „Manche haben erst in der Früh bemerkt, dass ihr Keller vollgelaufen ist“, berichtet Schlögel. Und auch Aufräumarbeiten waren noch zu erledigen.