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Landkreis Neu-Ulm: Pistole im Internet bestellt: Mann aus dem Kreis Neu-Ulm landet vor Gericht

Landkreis Neu-Ulm

Pistole im Internet bestellt: Mann aus dem Kreis Neu-Ulm landet vor Gericht

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    Weil er eine Waffe kaufen wollte, muss sich ein 69-Jähriger vor Gericht verantworten.
    Weil er eine Waffe kaufen wollte, muss sich ein 69-Jähriger vor Gericht verantworten. Foto: Alexander Kaya

    Über einen Internetchat wollte ein Mann aus dem südlichen Landkreis Neu-Ulm einen Waffe kaufen. Dabei geriet er an verdeckte Ermittler und flog auf. Nun musste sich der 69-Jährige vor dem Neu-Ulmer Amtsgericht verantworten. Er berichtet von traumatischen Erlebnissen in der Kindheit und einem einschneidenden Todesfall in der engsten Familie, die der Grund für den geplanten Waffenkauf sein sollen. Am Ende kommt der Angeklagte noch glimpflich davon.

    Prozess in Neu-Ulm: Unnötiges Leiden vor dem Tod?

    Was wollte er denn mit der Waffe anfangen, lautete die Frage des Richters Thorsten Tolkmitt. Um das zu erklären, müsse er weit ausholen, sagte der Mann, der ohne Anwalt zu seiner Verhandlung erschienen ist. Im vergangenen Jahr war die 95-jährige Mutter des Angeklagten gestürzt und musste mehrmals operiert werden. Entgegen anfänglicher Hoffnungen der Ärzte erholte sich die Frau nicht. Stattdessen begann ein mehrmonatiger Leidensweg, bis sie schließlich nach palliativer Behandlung starb.

    Ein unnötiger Leidensweg sei das gewesen, findet der Angeklagte. Medizinische Behandlungen hätten das Leben seiner Mutter in die Länge gezogen. Eine Patientenverfügung, in der sich die Frau gegen Leben verlängernde Maßnahmen ausgesprochen hatte, hätten in diesem Fall nichts gebracht. Die Mutter sei trotzdem zu lange von Ärzten in ihrer Berliner Heimat behandelt worden.

    Sterbehilfe nicht erlaubt: Mann aus Kreis Neu-Ulm will selbst vorsorgen

    Der Sohn, der schon seit vielen Jahren in Bayern lebt, konnte aus der Ferne wenig tun. Immer wieder fuhr er den weiten Weg nach Berlin. Viel Zeit zum Nachdenken, sagte er nun rückblickend. Da sei dann irgendwann der Entschluss gefallen, dass er später nicht irgendwelchen Ärzten ausgeliefert sein will. Er will selbstbestimmt sterben dürfen. Dabei galt seine Kritik in erster Linie nicht den Medizinern. Er verstehe die Politik nicht, die aktive Sterbehilfe in Deutschland nicht zulassen will, sagte der Angeklagte. So reifte die Idee, selbst vorzusorgen: mit einer halbautomatischen Handfeuerwaffe, die er in dunklen Kanälen im Internet besorgen wollte.

    Ein Grund für diesen radikalen Entschluss liegt wohl auch in der Jugendzeit des Angeklagten. Sein Vater sei schwer krank gewesen, auch ein Pflegefall. "Die letzten Jahre konnte er eigentlich nur noch an die Decke starren", berichtet der Mann vor Gericht. Bis seine Verzweiflung überwog und er sein Bettzeug anzündete. "Diese Bilder von der verbrannten Wohnung, das wünsche ich niemandem", sagte der Angeklagte. Daher fiel seine Wahl auf eine Waffe.

    Verdeckte Ermittler kommen dem Angeklagten auf die Schliche

    Der 69-Jährige, der bisher noch nie kriminell auffiel und wohl wenig Ahnung vom Darknet hat, versuchte über die Chat-Anwendung Telegram einen Händler zu finden. Ein User, der sich selbst Cat Williams nannte, wollte ihm die gewünschte Waffe besorgen, zahlbar in Bitcoin. Der Angeklagte leistete eine Anzahlung, wurde dabei aber wohl von Cat Williams betrogen. Die Pistole bekam er nie. Stattdessen bekamen australische Ermittler von dem Waffendeal Wind und informierten das deutsche Bundeskriminalamt (BKA). Das verfolgte die Spur zu dem Angeklagten, der erst von der Ermittlungen gegen ihn erfuhr, als die Kripo Neu-Ulm sein Haus durchsuchte. Außer dem misslungenen Waffenkauf werden dem 69-Jährigen keine Verbrechen zur Last gelegt.

    Weil er sich von Anfang an kooperativ und geständig zeigte, kam er vor Gericht noch mal mit einem blauen Auge davon. Unerlaubter Waffenerwerb könne mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden, versuchte Richter Thorsten Tolkmitt dem Angeklagten die Schwere des Delikts begreiflich zu machen. Er beließ es dann dennoch bei einer Geldstrafe, obwohl er anders als die Staatsanwältin nicht von einem minderschweren Fall ausgeht.

    Neu-Ulm: Angeklagter muss 4800 Euro Strafe zahlen

    Zugunsten des Angeklagten spreche außer seinem Geständnis auch, dass er noch weit davon entfernt war, tatsächlich eine Waffe zu kaufen und dass er nicht vorbestraft ist, so der Richter. Auf der anderen Seite habe der Mann doch einiges an Energie und Zeit aufgewendet, im Internet einen Verkäufer zu finden. Das belegen Chat-Verläufe. Zudem habe der Mann auch schon Geld für eine Waffe angezahlt. Auch das zeigt, wie ernst es ihm damit war. Die Strafe beläuft sich nun auf 120 Tagessätze von je 40 Euro, also insgesamt 4800 Euro plus die Kosten des Verfahrens.

    Der Angeklagte beteuerte, seine Lektion gelernt zu haben. Von Waffenkäufen will er nun nichts mehr wissen.

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