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Landkreis Neu-Ulm: "Mehr geht nicht": Das sagt der Schulamtsleiter zum Samstagsunterricht

Landkreis Neu-Ulm

"Mehr geht nicht": Das sagt der Schulamtsleiter zum Samstagsunterricht

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    Am Montag soll wieder Präsenzunterricht an den Grundschulen und für die Abschlussklassen stattfinden. Politiker fordern, dass künftig auch samstags unterrichtet wird.
    Am Montag soll wieder Präsenzunterricht an den Grundschulen und für die Abschlussklassen stattfinden. Politiker fordern, dass künftig auch samstags unterrichtet wird. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Es war ein Vorschlag, der bei den Betroffenen auf wenig Gegenliebe stößt: Josef Kraus, ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands, aber auch Politiker verschiedener Parteien fordern, dass im zweiten Schulhalbjahr Unterricht und Prüfungen an Samstagen und in den Ferien nachgeholt werden sollen, die durch Homeschooling ausgefallen sind. Jetzt hat sich Ansgar Batzner, Leiter des Staatlichen Schulamts im Landkreis Neu-Ulm, dazu geäußert.

    Als Dienstvorgesetzter für rund 800 Lehrkräfte im Schulamtsbezirk Neu-Ulm sieht sich Batzner in der Fürsorgepflicht für seine Kollegen, wenn er dem Vorschlag energisch entgegentritt. Batzner argumentiert: "Es ist kein Schulausfall, wenn Distanzunterricht stattfindet." So stehe es auch in der Bayerischen Schulordnung nachzulesen.

    Ansgar Batzner ist der Leiter des Schulamts im Landkreis Neu-Ulm.
    Ansgar Batzner ist der Leiter des Schulamts im Landkreis Neu-Ulm. Foto: Sammlung Batzner

    Von einem Ausfall des Unterrichts ist aus seiner Sicht also keine Rede, im Gegenteil: Für die Lehrerinnen und Lehrer bedeutet das derzeitige Modell einen gewaltigen Zusatzaufwand. "Die vielen tausend Lehrkräfte in der Region Donau/Iller leisten eine Arbeit, die deutlich mehr abverlangt als vor Corona: Digitale Bildung, Erklärvideos, Sprachnachrichten als digitaler Startschuss am Morgen, tägliche Videokonferenzen mit Schülerinnen und Schülern, Notbetreuung, Elterngespräche, Telefonate mit den Kindern und Jugendlichen, Arbeitspakete und so weiter kommen zu den herkömmlichen Aufgaben der Unterrichtsgestaltung und der Korrekturen hinzu.

    Unterricht am Samstag: Das sagt der Leiter des Schulamts Neu-Ulm dazu

    Batzner verweist außerdem auf die Faschingsferien in Bayern, die diese Woche eigentlich stattfinden sollten und nach Beschluss der Staatsregierung durch Distanzunterricht ersetzt wurden. "Bei Ferien geht es auch um die Erholungsphasen für die Schüler/innen, die in der Regel die Angebote des Distanzunterrichts gut annehmen. Dass es leider Schüler/innen gibt, die abgehängt werden, darf nicht sein und hat Gründe, die nicht in der Lehrerschaft zu suchen sind."

    Im Distanzunterricht sieht Batzner keine verlorene Zeit und keinen Schulausfall. Dennoch sei Präsenzunterricht – sofern infektionstechnisch möglich - die bessere Form. Lehrkräfte, Schüler und Eltern seien froh, dass am Montag zumindest wieder für die Grundschüler sowie die Abschlussklassen aller Schularten Wechselunterricht gelte. Auch dieser ist eine Herausforderung für die Lehrkräfte, wie Batzner betont: So halten die Lehrerinnen und Lehrer beim Wechselunterricht in Präsenz den Unterricht für einen Teil der Klasse und unterrichten oft zusätzlich digital den anderen Teil. Darüber hinaus werden Lehrkräfte in der Notbetreuung eingesetzt. An manchen Schulen im Landkreis Neu-Ulm nehmen diese laut Schulamt über 30 Prozent der Kinder in Anspruch.

    Batzner: Beamtinnen und Beamte schaffen genug

    Was Batzner gewaltig ärgert an der Diskussion: "Zu sagen, die Beamtinnen und Beamten würden nicht genug schaffen, ist einfach unwahr. Glaubt denn irgendjemand, dass in der Staatsregierung, in den Verwaltungsebenen und in den Landratsämtern Menschen sind, die nicht alles in ihrer Verantwortung Mögliche tun, um möglichst schnell und mit möglichst wenig Kollateralschäden diese Pandemie zu bewältigen?"

    Chronologie der Corona-Pandemie in Deutschland

    Im Januar 2020 ist die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt geworden. Ein Rückblick:

    27. Januar: Erste bestätigte Infektion in Deutschland. Zwei Wochen später ist der Mann aus Bayern wieder gesund.

    25./26. Februar: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen melden erste nachgewiesene Fälle. Weitere Bundesländer folgen, am 10. März hat Sachsen-Anhalt als letztes Land seinen ersten Fall.

    9. März: In NRW gibt es die ersten Todesfälle innerhalb Deutschlands. Die Zahl der Infektionen steigt bundesweit auf mehr als 1000.

    12./13. März: Immer mehr Theater und Konzerthäuser stellen den Spielbetrieb ein. Die Fußball-Bundesliga pausiert.

    16. März: An den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz gibt es Kontrollen und Einreiseverbote. In den meisten Bundesländern sind Schulen und Kitas geschlossen.

    17. März: Mehrere Konzerne kündigen an, ihre Fabriken vorübergehend zu schließen.

    22. März: Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Menschen. Ausgenommen sind Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Cafés, Kneipen, Restaurants, aber auch Friseure zum Beispiel schließen.

    15. April: Auf eine schrittweise Aufnahme des Schulbetriebs ab 4. Mai verständigen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs.

    20. April: Geschäfte unter 800 Quadratmetern Fläche dürfen wieder öffnen. Als erstes Bundesland führt Sachsen die Maskenpflicht für ÖPNV und Einzelhandel ein. Alle anderen ziehen nach.

    22. April: Für Firmen, Arbeitnehmer und Gastronomie werden milliardenschwere Hilfen beschlossen.

    6. Mai: Die Länder bekommen weitgehende Verantwortung für die Lockerung von Beschränkungen - etwa für Hotels, Gastronomie, Fahrschulen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.

    16. Mai: Sachsen-Anhalt registriert als erstes Bundesland seit Ausbruch der Pandemie keine Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Die Fußball-Bundesliga legt wieder los - ohne Fans in den Stadien.

    16. Juni: Im Kampf gegen das Virus geht eine staatliche Warn-App an den Start. Sie soll dabei helfen, Infektionen nachzuverfolgen. 

    29. August: Etwa 40.000 Menschen protestieren in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Demonstranten durchbrechen die Absperrung vor dem Reichstag und stürmen auf die Treppe.

    30. September: Angesichts wieder steigender Infektionszahlen fordert die Kanzlerin zum Durchhalten auf. "Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben", sagt Merkel im Bundestag.

    7./8. Oktober: Die Bundesländer beschließen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Risikogebieten. 

    22. Oktober: Die Zahl der Neuinfektionen binnen eines Tages hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Das Robert Koch-Institut (RKI) macht vor allem private Treffen dafür verantwortlich.

    2. November: Ein Teil-Lockdown mit Einschränkungen bei Kontakten und Freizeitaktivitäten soll die zweite Infektionswelle brechen.

    9. November: Als erste westliche Hersteller veröffentlichen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer vielversprechende Ergebnisse einer für die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs entscheidenden Studie.

    18. November: Unter dem Protest Tausender in Berlin machen Bundestag und Bundesrat den Weg für Änderungen im Infektionsschutzgesetz frei.

    25. November: Die Beschränkungen für persönliche Kontakte werden für weitere Wochen verschärft. Darauf verständigen sich Bund und Länder.

    27. November: Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen in Deutschland hat nach RKI-Daten die Millionenmarke überschritten. 

    2. Dezember: Als erstes Land der Welt erteilt Großbritannien dem Impfstoff von Biontech und Pfizer eine Notfallzulassung und startet seine Impfkampagne wenige Tage später. 

    16. Dezember: Der seit November geltende Teil-Lockdown reicht nicht aus. Der Einzelhandel muss mit wenigen Ausnahmen schließen.

    18. Dezember: Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Infektionen in Deutschland ist erstmals auf mehr als 30.000 gestiegen.

    21. Dezember: Zum Schutz vor einer infektiöseren Virus-Variante dürfen keine Passagierflugzeuge aus Großbritannien mehr in Deutschland landen. Der Corona-Impfstoff von Biontech erhält von Brüssel die bedingte Marktzulassung. Somit können die Impfungen in der EU beginnen. Am 6. Januar wird auch der von Moderna zugelassen.

    24. Dezember: Heiligabend im Zeichen der Pandemie. Familienfeiern sollen klein bleiben, Christmetten wenn überhaupt nur auf Abstand stattfinden. Zudem wird die in Großbritannien aufgetretene Variante des Coronavirus erstmals auch in Deutschland nachgewiesen.

    26. Dezember: Einen Tag vor dem offiziellen Impfstart werden in einem Seniorenzentrum in Sachsen-Anhalt eine 101 Jahre alte Frau und etwa 40 weitere Bewohner geimpft. 

    27. Dezember: In allen Bundesländern beginnen die Impfungen. Zuerst sollen Menschen über 80, Pflegeheimbewohner sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal immunisiert werden.

    1. Januar 2021: Deutschland kommt vergleichsweise ruhig ins neue Jahr. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk war verboten. 

    14. Januar: Das Statistische Bundesamt schätzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent eingebrochen ist.

    15. Januar: Mehr als zwei Millionen Corona-Fälle sind hierzulande bekannt geworden, knapp 45.000 Menschen sind an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektion gestorben.

    19. Januar: Bund und Länder verlängern den Lockdown bis Mitte Februar. Zudem werden die besser schützenden FFP2-Masken oder OP-Masken in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen obligatorisch.

    21. Januar: Mehr als 1,3 Millionen Menschen haben in Deutschland bereits ihre erste Corona-Impfung erhalten, etwa 77.000 auch schon die zweite. (dpa)

    Beamtinnen und Beamte aus dem Landratsamt, aus dem Schulamt und die Schulleitungen seien nun dabei, freiwillige und kostenlose Testungen für Schüler und Lehrkräfte sowie weiteres schulisches Personal zu organisieren. Es brauche in Zeiten der Corona-Pandemie ein Miteinander, ein Zusammenstehen und Wertschätzung. Und die Anstrengungen seien bereits enorm. Batzner: "Mehr geht nicht, zumindest gilt das für die meisten Beamtinnen und Beamten, damit es nicht irgendwann vor Erschöpfung heißt: Es geht nicht mehr."

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