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Landkreis Neu-Ulm: "Extrem viele Anfragen": Andrang auf Schwimmkurse im Kreis Neu-Ulm

Landkreis Neu-Ulm

"Extrem viele Anfragen": Andrang auf Schwimmkurse im Kreis Neu-Ulm

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    Im Lockdown waren keine Schwimmkurse möglich. Nun ist der Andrang groß.
    Im Lockdown waren keine Schwimmkurse möglich. Nun ist der Andrang groß. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolbild)

    Die Schwimmlehrer in der Region haben gerade alle Hände voll zu tun: "Extrem viele Anfragen" von Eltern trudelten in den vergangenen Wochen ein, sagt Alfons Sailer, Sprecher der BRK-Kreiswasserwacht Neu-Ulm. Denn: Die Schwimmkurse starten allmählich wieder - und es gibt einiges aufzuholen nach der Pandemie-Pause, in der die Becken in den Bädern verwaist blieben. Wie händeln die Kursanbieter den Ansturm? Und welche Möglichkeiten haben Eltern?

    Das Problem ist nicht neu, die Pandemie hat es aber verschärft: Dass rund zwei Drittel der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer mehr sind, darauf machte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schon 2017 aufmerksam. Mancher spricht nun von einer "Generation Nichtschwimmer", die gerade aufwächst. "Da ist ein Jahrgang, der komplett verloren gegangen ist", stimmt Alfons Sailer zwar zu. In seinen Worten schwingt aber mit: bisher.

    Denn die Wasserwachtler des Roten Kreuzes im Landkreis "fahren jetzt doppeltes Programm", um auch Mädchen und Buben dieses Jahrgangs zu sicheren Schwimmern zu machen. Zunächst würden jene Kurse fortgeführt, die 2020 gestartet sind, aber nach zwei oder drei Einheiten unterbrochen werden mussten. Danach können neue starten. In Senden beispielsweise, wo Sailer die Ortsgruppe anführt, seien die Kurse bis zum Jahresende komplett ausgebucht. Wartelisten für 2022 gibt es nicht. Nicht, weil sie sich nicht füllen ließen - aber eine Liste mit hundert Namen zu führen, das halte er persönlich für wenig sinnvoll.

    Es mangelt an Schwimmlehrern im Landkreis Neu-Ulm

    Ein Hindernis für das Kursangebot: Für den Bäderbetrieb gibt es Auflagen; Hygiene- und Abstandsregeln. So hängt zum Beispiel von der Beckengröße ab, wie viele Menschen gleichzeitig ins Wasser dürfen. Sailer will die Unterstützung der Kommunen an dieser Stelle lobend erwähnen: Ihnen sei sehr daran gelegen, dass die Kurse schnellstmöglich wieder beginnen. Sie reservieren extra Wasserflächen. Das ist etwa in Illertissen so: Svenja Berchtold von der örtlichen Wasserwacht berichtet, dass die Stadt den Schwimmkursen zusätzliche Zeit im Becken in der Bischof-Ulrich-Schule zur Verfügung stellt. Solche Lehrschwimmbecken gibt es immer weniger. Die DLRG sieht in zunehmenden Bäderschließungen einen der Gründe, weshalb immer weniger Deutsche sicher schwimmen können.

    Berchtold spricht außerdem ein Problem an, das auch an der Illertisser Ortsgruppe nicht vorbeigeht: Es mangelt an Schwimmlehrern. Mancher hat in Lockdown-Zeiten aufgehört, die Ausbildung und Schulungen waren nicht möglich. Das macht sich bemerkbar: "Wir haben Minimalbesetzung, aber wir schaffen das", sagt Berchtold. Dazu trage ein "Helferkonzept" bei; die ausgebildeten Schwimmlehrer bekommen Unterstützung von Helfern, die in den Kursen mit dabei sind. Denn eines ist ihr wichtig zu betonen: Die Qualität der Schwimmausbildung darf auf keinen Fall leiden.

    Ein Unglück spielte für Manuela Vil aus Oberroth eine wichtige Rolle

    Manuela Vill aus Oberroth verfolgt einen anderen Ansatz. Sie betreibt eine Online-Schwimmschule, und das nicht erst seit der Pandemie, in der sich viele Angebote ins Netz verlagert haben. Online schwimmen lernen - wie soll das gehen? Am Anfang sei sie selbst erstaunt gewesen, wie gut dies funktioniert, sagt sie.

    "Seepferdchen"-Gutscheine für Kinder

    Nach den Ferien erhielten bayerische Vorschulkinder und Erstklässler einen 50-Euro-Gutschein für einen Kurs zum Erwerb des Frühschwimmerabzeichens, bekannt als „Seepferdchen“. "Dadurch sollen die Corona-bedingt großflächig ausgefallenen Schwimmkurse kompensiert und die Schwimmfähigkeit der Kinder unterstützt werden", so die Begründung der bayerischen Staatsregierung.

    Der deutsche Schwimmlehrerverband hält die Gutscheine für nicht für sinnvoll. Laut Präsident Alexander Gallitz setzt das ein falsches Signal. Kinder mit dem "Seepferdchen"-Abzeichen könnten noch lange nicht richtig schwimmen. Außerdem müsse die Wassergewöhnung viel früher beginnen. Gallitz schlägt stattdessen einen Gutschein in derselben Höhe für alle Kinder ab drei Jahren vor, damit sie in den Kitas schon mit der Wassergewöhnung beginnen könnten. (dpa/lby)

    Die Meisterin für Bäderbetriebe hat mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Schwimmunterricht, begleitete Tausende Kinder bei den ersten Versuchen im Wasser. Dann musste sie eine Reanimation nach einem Badeunfall miterleben, was sie nachhaltig beschäftigte. "Ich habe mir das Versprechen gegeben, dass ich das Wissen, das ich habe, möglichst vielen Menschen zur Verfügung stellen möchte", sagt sie. Allmählich entstand die Idee der Online-Schwimmschule, auf die sie sich nun konzentriert - und die insbesondere in Zeiten geschlossener Schwimmbäder für manche Eltern "eine Alternative zum herkömmlichen Schwimmkurs" wurde.

    Oberrotherin coacht Eltern in Online-Schwimmschule

    Vill möchte Kinder so unterstützen, dass sie im eigenen Tempo und in einem vertrauten Rahmen schwimmen lernen können, was ihrer Ansicht nach in einer größeren Gruppe kaum möglich sei. "Für mich ist Schwimmen lernen mehr als ein Schwimmkurs. Ich spreche da immer von Wasserliebe, die ich wecken möchte", sagt die Oberrotherin. Nun coacht sie Familien, die ihren Kindern selbst, aber mit professioneller Begleitung das Schwimmen beibringen möchten. Zunächst führt sie Vorgespräche, um zu erfahren, ob das Konzept für die Familien überhaupt infrage kommt. Danach bekommen die Eltern einen Fahrplan und zehn Module - unter anderem mit Videos, die Trockenschwimmübungen oder Hilfsmittel erklären - sowie eine individuelle Betreuung.

    Manuela Vill betont aber, dass das Schwimmenlernen über einen Kurs hinaus geht. Während der Pandemie war regelmäßiges Üben allerdings nicht möglich. Ihr Wunsch wäre es, dass Familien das Schwimmen künftig zum fixen Bestandteil des Alltags machen. Auch Alfons Sailer von der Kreiswasserwacht bedauert, dass Schwimmern die Übung fehlt. Sein Anliegen: "Kinder, aber auch Erwachsene sollten immer jemanden dabei haben, der Hilfe holen kann, wenn sie lange Strecken schwimmen." Außerdem sollten Badegäste aufeinander Acht geben.

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