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Kultur: Die Barockstraße führt jetzt auch nach Illertissen

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Die Barockstraße führt jetzt auch nach Illertissen

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    Eine Symbiose für Auge und Geist: Die Kapelle im Vöhlinschloss in Illertissen fasziniert mit ausdrucksstarken Fresken von Franz Martin Kuen.
    Eine Symbiose für Auge und Geist: Die Kapelle im Vöhlinschloss in Illertissen fasziniert mit ausdrucksstarken Fresken von Franz Martin Kuen. Foto: Ralph Manhalter

    Der eingefleischte Franz-Martin-Kuen-Kenner mag sich in der Illertisser Schlosskapelle schon gleich auf die Suche machen, nach dem fast obligatorischen Hund, der immer wieder in den Fresken des berühmten Weißenhorner Rokokomalers in Erscheinung tritt. Doch die Gemälde in der Kapelle im Illertisser Vöhlinschloss stehen unter dem tierischen Aspekt: Wir müssen draußen bleiben! Keine Hunde. Stattdessen zeigt sich der Künstler Kuen höchstpersönlich, direkt über der Orgelempore. Er hat sich dort zusammen mit seinem Auftraggeber Johann Joseph Vöhlin verewigt, in einer Szene, die sie geradezu – so scheint es – inmitten einer letzten Baubesprechung zeigt. Der Maler auf etwas hinweisend, der Schlossherr kritisch aber auch anerkennend das Geschaffene betrachtend. Der Raum selbst ist intim und heimelig, filigran bespickt durch die Spielwiese des Rokoko, korrespondiert mit den Gemälden des letztjährigen Jubilars. Eine Symbiose für Auge und Geist, erschaffen Mitte des 18. Jahrhunderts, als der ganze Glanz und die Pracht des Alten Reiches nochmals ihren – letzten – Höhepunkt erlebte.

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    Nun also, mehr als 250 Jahre später, soll eben dieses Kleinod quasi geadelt werden, indem eine der bekanntesten Touristikrouten, die „Oberschwäbische Barockstraße“, künftig in einem Bogen den Landkreis Neu-Ulm erfasst und mit ihm die Kirchen in Witzighausen, Roggenburg und auch die Schlosskapelle Illertissen anbindet. Die Barockstraße verläuft über Hunderte Kilometer – zwischen Ulm und Sankt Gallen, Bodensee und Vorarlberg, bis nach Bayern. Sie wurde 1966 als Ferienstraße ins Leben gerufen, Zielpunkte sind dabei die herausragenden, weltlichen und sakralen Bauwerke des Barock entlang der Straße.

    Das liegt im Landkreis Neu-Ulm auf der oberschwäbischen Kulturroute

    Henning Tatje von der kommunalen Wirtschaftsförderung der Stadt Illertissen sieht die Erweiterung der Routenführung durchaus als Chance, einen kräftigen Schub in den Tourismus zu bekommen – wobei in den nächsten Monaten auch verstärkt auf die neue-alte Attraktion in Illertissen hingewiesen werden soll. Allerdings wird der Besucher der Kapelle die Öffnungszeiten der Museen im Schloss berücksichtigen müssen. Denn nur, wenn das Schlossmuseum sowie das Bienen- und Heimatmuseum geöffnet haben, wird künftig ein Blick in den kleinen Kapellenraum möglich sein. Andernfalls müsste der Reisende mit einem Außenblick auf die Schlossanlage vorliebnehmen, was selbstredend – wenn auch nicht barock – ebenfalls einen Umweg lohnen würde.

    Ein heller Raum umgibt den Eintretenden in der Kapelle, Lichtstrahlen treffen auf Heilige und Engel, die den Altar umkränzen. Bereits Erhard II. Vöhlin, der 1520 die Herrschaft in Illertissen erhielt, zog im Rahmen eines großzügigen Um- und Anbaues einen Kapellenraum in sein neues Domizil ein. Doch erst 1751 sollte sich der neue Stil auch in Illertissen manifestieren. Verbunden mit leichter, manchmal allzu sorgloser Lebensart repräsentierte das höfische Rokoko einen Ausgleich zu alltäglichen Sorgen und Gefahren, Kriegen und Hungersnöten. Leider führte diese Unbefangenheit wenige Jahre später zur Überschuldung des Hauses Vöhlin, sodass die Herrschaft Illertissen veräußert werden musste.

    Was erhalten blieb, ist der großzügige Schlosskomplex mit seiner malerischen, südländisch ambitionierten Arkadengalerie, der trutzige Turm und eben die Kapelle. Kuens Deckenfresken erzählen von der Himmelfahrt und der Krönung Mariens, während der heilige Nepomuk als Familienpatron der Vöhlins über das Schmuckstück zu wachen scheint.

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