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Kirchhaslach: Warum wählen in Kirchhaslach so viele die AfD? Eine Spurensuche

Kirchhaslach

Warum wählen in Kirchhaslach so viele die AfD? Eine Spurensuche

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    Die AfD erzielte in Kirchhaslach besonders hohe Ergebnisse.
    Die AfD erzielte in Kirchhaslach besonders hohe Ergebnisse. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Die Frau zuckt mit den Schultern. Die linke Hand umklammert den Griff der Mülltonne, welche sie gerade über den Hof schieben wollte, die rechte ist in die Hüfte gestemmt. „Ich kann mir das Ergebnis auch nicht erklären“, sagt die 54-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Wie ihr geht es offenbar vielen in der 1300-Einwohner-Gemeinde am Tag nach der bayerischen Landtagswahl.

    Nirgendwo sonst im Unterallgäu hat die AfD so viele Stimmen erhalten wie dort. Jeder Fünfte – genau: 20,9 Prozent der Wähler – stimmte für den Direktkandidaten Christoph Maier. Auch bei den Zweitstimmen kam die umstrittene Partei bei ihrer ersten bayerischen Landtagswahl prompt auf vergleichsweise hohe 18,1 Prozent. Wie ist das zu erklären?

    Die Wahlergebnisse sorgen am Montag für Gesprächsstoff in der Gemeinde am nördlichen Rand des Unterallgäus, zu der mehrere Ortsteile und Weiler gehören. Die 54-jährige Frau erzählt, sie sei am Morgen schon wegen eines Termins in Oberroth gewesen und dort auf das AfD-Resultat angesprochen worden. Bis dahin habe sie noch gar nicht gewusst, dass die Partei in ihrem Heimatort auf mehr als 20 Prozent gekommen ist. Die Kirchhaslacherin mutmaßt, dass vor allem „jüngere Leute“ für die AfD gestimmt haben. Vielleicht um ein Zeichen gegen alteingesessene Strukturen zu setzen. „Wir Älteren haben da vielleicht noch eine andere Einstellung“, sagt die Frau. „Also ich war’s jedenfalls nicht“, fügt sie hinzu, lächelt und geht letztlich ohne Mülltonne über den Hof.

    Viele Leute sind an diesem Mittag nicht im Ort anzutreffen. Entlang der Babenhauser Straße spaziert ein Mann, der zwar nicht in Kirchhaslach wohnt, aber dort arbeitet. Auch unter Kollegen sei das Wahlergebnis Thema gewesen. Er sagt: „Für mich ist das schon ein bisschen erschreckend.“ Eine große Überraschung sei es jedoch nicht gewesen – es erinnere ihn an das vergangene Jahr. Als es 2017 um den Bundestag ging, hatte der AfD-Kandidat Gerhard Großkurth in

    "Da müssen Sie was tun!", sagte einer zum Bürgermeister

    Welche Gründe das seiner Ansicht nach haben könnte? „Es waren einmal recht viele Asylsuchende hier untergebracht“, sagt der 59-Jährige und deutet auf ein Haus, das nahe der Kirche Maria Himmelfahrt und dem Rathaus steht. „Da hat sich dann wohl so eine Szene entwickelt. Sonst käme ein solches Ergebnis ja nicht zustande.“ Gewiss hätten viele auch allein aus Protest gewählt. Die Streitereien innerhalb der Regierungspartei seien zuletzt ja vielen „auf den Wecker gegangen“.

    Vor einer Garage erzählt eine junge Frau, dass sie sich selbst kaum für Politik interessiere, aber dennoch zum Wählen gegangen sei. Ein solches Ergebnis habe sie nicht erwartet. Dennoch findet die 26-Jährige: „Jeder hat seine Meinung und die sollte er auch vertreten.“

    Auch Bürgermeister Franz Grauer (Freie Wählerschaft/CSU) beschäftigt das Wahlergebnis am Montag. „Ich weiß nicht, wie es dazu kommt. Ich habe wirklich keine Ahnung“, sagt er am Telefon. Bereits bei der Bundestagswahl habe es in seiner Gemeinde viele AfD-Wähler gegeben. „Ich habe darum schon vermutet, dass wir wieder an die 20 Prozent ’rankommen.“

    Auch er sieht es als einen möglichen Grund an, dass in Kirchhaslach vor ein paar Jahren Geflüchtete untergebracht waren. Der Landkreis hatte ein Gebäude neben Rathaus und Kirche als Unterkunft genutzt – „Aber jetzt ist gar keiner mehr da“. Außerdem sei ihm aufgefallen, dass die Partei viele Plakate mit Wahlwerbung aufgehängt habe, auch in den einzelnen Ortsteilen.

    Ob es eine Gruppe aus AfD-Anhängern in Kirchhaslach gibt wie im Nachbarort Babenhausen (mehr dazu lesen Sie hier)? „Hier ist niemand, der sich aus dem Fenster lehnt“, sagt Grauer. Soll heißen: Kaum jemand tritt offen als Anhänger auf. Der Bürgermeister vermutet, dass es sich meist um Protestwähler handelt. Er will außerdem darauf hinweisen, dass die CSU trotz Einbußen noch immer ein Ergebnis erzielt hat, dass über dem Landesschnitt liegt: knapp über 47 Prozent.

    Und dann erzählt Grauer noch von folgender Begebenheit: Am Montagmorgen waren Bürger bei ihm im Rathaus. Einer sagte: Da müssen Sie was tun! – „Was nur?“, habe er darauf geantwortet.

    Lesen Sie außerdem: Hier Freude, dort Leid: Was am langen Wahlabend in der Region passierte.

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