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Kellmünz: Was Wölbäcker über unsere Vergangenheit verraten

Kellmünz

Was Wölbäcker über unsere Vergangenheit verraten

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    Ungeschulte Betrachter sehen hier nur Wald. Helmut Märkle glaubt, an dieser Stelle zwischen Kellmünz und Illereichen Spuren unserer Vorfahren entdeckt zu haben.
    Ungeschulte Betrachter sehen hier nur Wald. Helmut Märkle glaubt, an dieser Stelle zwischen Kellmünz und Illereichen Spuren unserer Vorfahren entdeckt zu haben. Foto: Zita Schmid

    Über diesen eher unbekannten oder vielleicht vergessenen Teil unserer Vergangenheit ist wahrsten Sinne des Wortes Gras gewachsen. Oder auch Bäume – je nach dem. Es geht um die Überreste sogenannter „Wölbäcker“ im Wald zwischen Kellmünz und Illereichen. Sie sind ein mögliches Zeugnis einer uralter Bewirtschaftungsform. Die heutige Waldfläche, wo dem geschulten Auge an verschiedenen Stellen regelmäßige und parallel verlaufende Wölbungen auffallen, sind nach der Erkenntnis von Helmut Märkle Spuren unserer Vorfahren, die hier einst Ackerhochbeete angelegt haben.

    Märkle wohnt in Erolzheim und ist Mitglied in der Gesellschaft für Archäologie in Stuttgart. Denn Geschichte ist eine Leidenschaft des Vermessungsingenieurs und Rentners. Erst vor wenigen Monaten hat er dem Markt Altenstadt ein historisches Keltenschwert übergeben (wir berichteten).

    So sehen Wölbäcker aus

    Die Wölbäcker nun seien ihm einmal bei einem Ausflug entlang des Waldweges zwischen dem Waldparkplatz in Illereichen und der Abzweigung nach Kellmünz aufgefallen, erzählt er. Denn die etwa zehn bis 15 Meter breiten Erhebungen im Waldboden, die sich wellenförmig in regelmäßigen Abständen nebeneinander erstrecken, seien keine natürlichen Bodenunebenheiten. „Kartiert sind sie nicht“, bemerkt Märkle. Auch weiß er von keinen geschichtlichen Unterlagen, wo Wölbäcker zwischen Illereichen und Kellmünz erwähnt werden. „Wölbäcker alleine sind für Archäologen vermutlich zu uninteressant“, meint er.

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    Anders ist es in dem rund 20 Kilometer entfernten, württembergischen Tannheim. Dort wurden einst Wölbäcker nachweislich über Hügelgräber errichtet. Bereits in einer Publikation aus dem Jahr 1910 mit dem Titel „Hügelgräber im Illertal bei

    Was Historiker über diese Äcker wissen

    Die Anlage von Wölbäcker, auch Hochäcker oder Ackerhochbeete genannt, war eine in früheren Jahrhunderten in Mitteleuropa weit verbreitete Ackerbautechnik, die wissenschaftlich noch nicht endgültig erforscht ist. Entstanden sind sie vermutlich im Frühmittelalter. Es waren lange, nebeneinander verlaufende, gewölbte Ackerbeete mit einer Scheitelhöhe bis zu einem Meter. Es wird angenommen, dass sie durch eine spezielle Pflugtechnik geformt wurden. Verwendet wurden eiserne Pflüge, die von Ochsen oder Pferden gezogen wurden und im Gegensatz zum späteren Wendepflug den Ackerboden nur in eine Richtung wenden konnten. Die Hochäcker müssen also in gegenseitigen Bahnen aufgehäuft worden sein. Um das Pfluggespann möglichst selten wenden zu müssen, wurden die Flure zudem in der Form von Langäckern mit Längen von 100 Metern und mehr angelegt.

    Als Gründe für die Anlage von Wölbäckern wird etwa die Entwässerung feuchter Böden, die Anreicherung von Nährstoffen und Humus sowie der Risikominderung angenommen. Denn in nassen Jahren brachte die erhöhte und damit trockenere Fläche wohl noch guten Ertrag. In Jahren, in denen der Regen fehlte, waren die tieferen Furchen noch ausreichend feucht.

    Wölbäcker in Waldflächen zeigen an, dass der Wald auf brachliegendem Kulturland entstand. Viele Wölbäcker sind unbekannt, da die Kartierung aufwendig ist. Wölbäcker, als ein anschauliches Beispiel für die Geschichte der Kulturlandschaft, sind in Deutschland meist nur noch unter Wäldern erhalten, da moderne Landmaschinen in Bereichen der heutigen Ackerflächen die Reste alter Wölbäcker zerstört haben.

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