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Kellmünz: Kostenlos surfen via Freifunk

Kellmünz

Kostenlos surfen via Freifunk

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    An öffentlichen Plätzen kostenlos im Internet surfen. In Kellmünz ist das nun möglich. Über ein sogenanntes Freifunk-Netz können sich Bürger ohne Passwort und zeitliche Begrenzung in ein freies Wlan-Netz einwählen. Gesurft werden kann etwa am Rathaus, was von Bürgermeister Michael Obst (links) und Wilhelm Gasser von der Piratenpartei bereits plakatiert wurde.
    An öffentlichen Plätzen kostenlos im Internet surfen. In Kellmünz ist das nun möglich. Über ein sogenanntes Freifunk-Netz können sich Bürger ohne Passwort und zeitliche Begrenzung in ein freies Wlan-Netz einwählen. Gesurft werden kann etwa am Rathaus, was von Bürgermeister Michael Obst (links) und Wilhelm Gasser von der Piratenpartei bereits plakatiert wurde. Foto: Madeleine Schuster

    Mit Laptop, Smartphone oder Tablet-PC an öffentlichen Plätzen kostenlos im Internet surfen – in Kellmünz ist das nun möglich. Seit gestern können sich Bürger über das Netzwerk „ulm.freifunk.net“ in einigen Teilen der Gemeinde via Wlan ins Internet einwählen. Der Zugang ist frei, ein Passwort ist nicht nötig. Über das sogenannte Freifunk-Netz soll vor allem Asylbewerbern ein kostenloser Internetzugang ermöglicht werden. Aber auch Touristen oder Schüler sollen davon profitieren. Für das Konzept, das bislang nur aus Großstädten bekannt ist, kooperiert die Kommune mit der Piratenpartei – ein Modellprojekt im Landkreis.

    Wie Bürgermeister Michael Obst gestern bei der offiziellen Inbetriebnahme sagte, biete das mobile Netz für Kellmünz einen Mehrwert, „der eigentlich selbstverständlich sein sollte“. Vor allem Asylbewerber, die Kontakt zur Heimat aufnehmen möchten, profitierten davon. Aber auch für Jugendliche, die vor dem Rathaus auf den Bus zur Schule warten, oder Touristen, die sich über die Gemeinde informieren wollen, sei es nützlich.

    Beim Freifunk geht es um kostenloses Internet - immer und überall

    Beim Freifunk geht es vor allem um kostenloses Internet – immer und überall. Diese Vision verfolgen die sogenannten Freifunker, die sich bundesweit bereits in mehreren Städten, etwa in Ulm oder Stuttgart, zu losen Gruppen zusammengeschlossen haben. Ziel der Freifunker ist es, ein freies und unabhängiges Netzwerk zu schaffen, bei dem jeder mitmachen und anonym surfen kann. Dafür werden handelsübliche Router mit einer speziellen Software ausgestattet. Jeder kann einen solchen Router kaufen und bei sich Zuhause aufstellen.

    Über Funkverbindungen erkennen sich die einzelnen Router dann untereinander und können miteinander „kommunizieren“. In einem freien Funknetzwerk stellen alle Nutzer ihre Wlan-Router für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Im Gegenzug können diese Nutzer ebenfalls Daten übertragen – wie Texte, Musik oder Fotos. Im Fall von Kellmünz stellt die Marktgemeinde den Internetanschluss zur Verfügung. Über Wlan-Router wird das DSL-Signal dann weitergegeben. Die ersten drei Freifunk-Router sind in der Gemeinde bereits installiert: zwei im Rathaus, einer im City-Treff. Bis zu sieben weitere sollen folgen.

    Eine Lösung mit einem kommerziellen Internetanbieter stand für die kleine Gemeinde nicht zur Debatte. „Das wäre für uns nicht finanzierbar“, so Obst. Da gerade die Piraten in Sachen Freifunk kompetent seien, sei man die Kooperation mit der Partei gerne eingegangen. „Was zählt, ist der Mehrwert für den Bürger“, sagte Obst. Nicht die Partei.

    Ersten beiden Sender sind am Rathaus installiert

    Die Kosten für die derzeit verbaute Hardware hat der Kreisverband Neu-Ulm übernommen. Die Gemeinde sorgt für Strom, Breitbandzugang und den freien Zugang zu passenden Senderstandorten. Die ersten beiden Sender sind nun am Rathaus installiert. Ein Viertel der Gemeinde könne so bereits mit freiem Wlan abgedeckt werden, erklärt Obst. Marktplatz, Marktstraße, Kohlstatt, Gartenstraße und weitere Teile des Oberdorfes verfügen derzeit über den drahtlosen Zugang zum Internet.

    Geht es nach dem Bürgermeister, ist das allerdings erst der Anfang: Auch Bahnhof und Römerkastell etwa sollen bald über kostenloses Wlan verfügen. Als Betreiber weiterer Knoten könnten sich auch Privatleute oder Gewerbetreibende anschließen. „Je mehr mitmachen, desto größer, dichter und besser wird das Netz.“

    Ganz unumstritten ist das Freifunk-Netz allerdings nicht. Freifunker müssen sich immer wieder die Frage gefallen lassen, wie dafür gesorgt wird, dass es nicht für illegale Aktivitäten missbraucht wird. In Deutschland lässt sich das Problem mit einem rechtlichen Begriff zusammenfassen, der sogenannten Störerhaftung. Diese besagt, dass hierzulande jener, der einen Internetzugang bereitstellt, für die abgerufenen Inhalte haftet. Der Betreiber eines offenen Wlans ist daher nicht nur für die eigenen Aktivitäten verantwortlich, sondern auch für die der anderen Nutzer.

    Software schickt Daten per VPN-Verbindung nach Schweden

    Die Software, die Freifunk den Mitmachern zur Verfügung stellt, schickt daher alle Daten über eine sogenannte VPN-Verbindung, eine Art verschlüsselten Tunnel, nach Schweden – denn dort gibt es die Regelung der Störerhaftung nicht. Damit kann der Betreiber des Routers nach deutschem Recht nicht mehr abgemahnt werden, da als IP-Adresse der schwedische Anbieter auftaucht und nicht die des deutschen Routers.

    Auch die IP-Adresse des Freifunk-Servers in Kellmünz befindet sich in Schweden. Laut Wilhelm Gasser von den schwäbischen Piraten sei der Freifunk-Nutzer von der Störerhaftung also nicht betroffen. Mögliche Probleme seien juristisch geprüft worden, versichert auch Obst. Außerdem wendeten bereits viele andere Städte in Deutschland das System an – mit Erfolg. „Für den Nutzer ist Freifunk nicht riskanter als das normale Internet“, sagt Gasser. Im Gegenteil: „Bei uns ist jeder anonym unterwegs.“ Und sei damit frei von Überwachung.

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