Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Illertissen: Wildwuchs willkommen: Auf Illertisser Wiesen soll es sprießen

Illertissen

Wildwuchs willkommen: Auf Illertisser Wiesen soll es sprießen

    • |
    Wildwuchs? Von wegen. Die sprießenden Grünflächen in Illertissen werden durchaus gepflegt. Allerdings nach einer Philosophie, wonach heimische Blumen natürlich wachsen dürfen. Das komme vielen Insektenarten zugute.
    Wildwuchs? Von wegen. Die sprießenden Grünflächen in Illertissen werden durchaus gepflegt. Allerdings nach einer Philosophie, wonach heimische Blumen natürlich wachsen dürfen. Das komme vielen Insektenarten zugute. Foto: Jens Carsten

    Manchmal wird es nichts mit der sprießenden Blütenpracht: Diese leidvolle Erfahrung hat Stadtgärtner Christian Haller heuer an der Grundschule in Au gemacht – im Frühjahr wurde eine Blumenwiese angesät. Den Bienen zu Liebe. Und auch den Kindern, die sich bei einem Projekttag mit den nützlichen Insekten beschäftigt hatten. Doch so Recht gewachsen sei es nicht, sagt Haller. Den Rückschlag nehmen die Mitarbeiter des Bauhofs allerdings sportlich: Schließlich zählt auch der Gedanke. Es ist einer, der auf mehreren öffentlichen Grünflächen in Illertissen umgesetzt wird. Dort wachsen Wildblumen, vor allem heimische Arten wie die Margerite und die Pimpinelle. „Wir wollen eine grüne Stadt sein“, sagt Michael Kienast, der Leiter des städtischen

    Zuletzt schlugen Naturschützer vielerorts Alarm: Ursache war eine Studie vom Oktober 2017, wonach die Zahl der fliegenden Insekten in den vergangenen Jahrzehnten um 75 Prozent zurückgegangen sei. Es gibt immer weniger Schmetterlinge, Wildbienen und Nachfalter, zumindest auf dem offenen Land. Als Ursachen wurden Pestizide angeführt. Zudem seien viele Naturschutzgebiete zu klein von landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten umgeben. Mehr Schutzräume für die dadurch bedrohten Tierarten seien wünschenswert, hieß es. „Da wollen wir ansetzen“, sagt Kienast. Als Garten- und Bienenstadt habe Illertissen einen Ruf zu verteidigen. Immerhin habe sich in Au einst Europas größte Bienenfarm befunden. Es gehe auch darum, eine Vorbildfunktion einzunehmen: Viel zu oft bekäme man hierzulande in den Gärten „englischen Rasen“ zu sehen. Fein säuberlich gestutzt, keine Blume weit und breit. „Das sieht vielleicht ordentlich aus, ist für die Natur aber fast wertlos“, sagt Kienast.

    Illertissen: Blumen als Gegenentwurf

    Die Illertisser Blühflächen mit den Wildblumen wollen einen Gegenentwurf bieten. Man wolle nicht allein Grünflächen schaffen, sondern Lebensräume für Tiere. Fluginsekten sollen wieder mehr Nahrung vorfinden. Ansatzpunkte gibt es in Illertissen und den Ortsteilen einige. Auf mittlerweile 13 Flächen wurden Blumensamen ausgebracht. Zu Beispiel auf Verkehrsinseln in Jedesheim, die im Zuge der Dorferneuerung an der Bayernstraße entstanden sind. Ein Projekt mit Potenzial, sagt Gärtner Haller. Denn die dort ausgebrachten Arten blühten erst im zweiten Jahr. Eines der größeren Blühareale befindet sich zwischen Auer Kreisverkehr (auch dessen Insel ist bepflanzt) und dem Bolzplatz – dort wachsen auf etwa 2000 Quadratmetern Sonnenblumen, auch zwischen ihnen sprießt es wild. Dazu kommen weitere Flächen in Wohngebieten und am Schloss bei der Schwabenbühne.

    Zudem hegen und pflegen die Mitarbeiter des Bauhofs 360 Staudenbeete auf 6000 Quadratmetern sowie 69 Blumentröge in der Stadt, in denen unter anderem heimische Kräuter sprießen. Und in Richtung Flugplatz hat die Stadt an einer Station des Bienenwanderwegs einen 800 Meter langen Feldstreifen von einem Landwirt gepachtet – dort wachsen Blumen wie die wilde Silphie. Sie tauge als „Bienenweide“, erklärt Kienast. Ihre grünen Daumen zeigen die Bauhofmitarbeiter auch an Straßenrändern, wo die Pflanzen schon mal etwas länger und höher wachsen dürfen. „Man muss ja nicht immer gleich mit dem Mäher kommen“, sagt Kienast. Insofern die Verkehrssicherheit gewahrt bleibt. Denn die habe Vorrang.

    Beschwerden gibt es durchaus: Nicht jeder Bürger schätze die ungewohnte Natürlichkeit. Gepflegt würden die Flächen allerdings, betont Kienast. Und keinesfalls sich selbst überlassen. Naturnähe sehen eben nicht so aus wie ein englischer Rasen.

    Damit es in Illertissen ökologisch sinnvoll sprießt, muss einiges getan werden: „Einfach ein paar Samen hinwerfen – so einfach geht das nicht“, sagt Haller. Die Mühe beginnt bei der Auswahl des Saatgutes. In Illertissen darf nach einer Verordnung des Verbands der Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten nur das für Bezirk acht (Alpenvorland) freigegebene Saatgut verwendet werden. Heimische Pflanzen sollen wachsen, keine Exoten. Verschiedene Mischungen gibt es trotzdem. Einige wurden schon ausprobiert, andere folgen noch. Alle zusammen bilden eine wildblühende Pracht. Und setzen ein Zeichen gegen das Artensterben.

    Illertissen zeigt seinen grünen Daumen: Mehr darüber lesen Sie hier: Was das Garten-Wochenende in Illertissen zu bieten hat, In Illertissen summt es bald noch mehr und Illertissen lässt es kräftig sprießen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden