Schlimmeres als Stillstand kann sich Sabine Hader, Vorsitzende des Kunstzirkels Illertissen, in ihrem Metier kaum vorstellen. Dabei ergeht es den Kunstschaffenden ähnlich wie anderen Vereinen in Zeiten der Corona-Restriktionen. Anfang März trafen sich die Illertisser Kunstschaffenden letztmals zu ihrem monatlichen Stammtisch. Dann war Schluss mit jeglichen Aktivitäten. Hader fühlt sich – wie beispielsweise auch Künstlerkollege Joachim Herzer – durch den Shutdown in ihrer Kreativität regelrecht ausgebremst: „Nichts kann ich weniger brauchen als den Stillstand“, sagt Hader im Gespräch mit unserer Redaktion.
Was also tun, wenn Anreize und Anregungen ausbleiben? Laut Satzung seien sie sogar verpflichtet, die Öffentlichkeit an ihren Aktivitäten teilhaben zu lassen. Herzer ergänzt: „Stattdessen habe ich im stillen Kämmerlein wie wild an neuen Skulpturen gearbeitet, Vorrat für eine ganze Ausstellung.“
Ausrangierte Holzrahmen werden zum Ventil für Kreativität
Da kam die Nachricht der befreundeten Susanne Kränzle-Riedl von vier ausrangierten großen Holzrahmen wie gerufen. Sabine Hader, Joachim Herzer, Marie Luise Schürer, Ulrike Schraml und Klaus Greck trafen sich in Absprache mit Thea Zedelmeier von den Gartenkulturförderern auf der Jungviehweide, um den Rahmen Farbe und Aussage zu verpassen. Hader freut sich: „Wir hatten ein Thema, das sich in Corona-Zeiten umsetzen und diese sogar beleuchten ließ.“ Einen knappen Tag lang wurde gemalt, gespachtelt und lackiert. Jetzt können sich die Förderer der Gartenkultur überlegen, welchen Orten rund ums Museum sie „einen Rahmen verleihen“ wollen.
Sabine Hader hat zum Beispiel auf ihren Rahmen geschrieben: „Aus Solidarität zu den Bienen, Respekt, Toleranz, Anstand“. Sie hofft, dass die in Corona-Zeiten häufiger gewordenen Ausflügler beim Durchqueren der Anlagen solche Werte auch verinnerlichen. Denn einige Besucher würden die Gärten, welche unter anderem der Samenzucht dienen, verwüsten oder abernten, weiß Hader. Joachim Herzer hat seinen Holzrahmen geometrisch gestaltet, ein anderer wurde mit einem Spinnennetz gefüllt.
Ein Rahmen für eine Parkbank?
Hader könnte sich vorstellen, dass eines der Exponate vor einer Parkbank aufgestellt wird, um die darauf Sitzenden fotogen einzurahmen. Zugleich würden, vom Ruheplatz aus betrachtet, die Gärten in einem schönen Rahmen erscheinen. Somit kann der Kunstzirkel – nach den Bienenfahnen im vorigen Jahr – heuer sogar trotz Corona-Stillstands die Museumsgärten kreativ bereichern.
Der Verein passe sich in seinen Aktivitäten den Möglichkeiten an, sagt Hader. Für die ersten Spaziergänger nach dem Lockdown hatten Ende Mai Theresia Richter-Numberger und Klaus Greck die Galerie „Schau mal rein“ an der Bräuhausstraße von außen gut einsehbar mit farbenfrohen „Mutmachbildern“ bestückt. Anschließend wurde nach fünfmonatiger Zwangspause das Künstlertreffen am ersten Mittwoch des Monats, inzwischen August, wieder aufgenommen: „In Form eines ersten Kunstpicknicks in den Museumsgärten auf der Jungviehweide unter strikten Abstandsregeln“, sagt die Vorsitzende.
Im Adler-Atelier seien die Künstlerstammtische nicht durchführbar. Schließlich rechnen die Veranstalter mit rund 25 Gästen. Daher soll auch der nächste Treff zum Austausch künstlerischer Ideen noch im Freien stattfinden, dann heiße es überlegen.
Das Jahresmotto: Unsere Welt bleibt trotzdem bunt
Die im April ausgefallene Jahresversammlung sei in Absprache mit dem Registergericht um über ein Jahr verschoben, so Hader. Die künstlerische Rückschau habe sie per E-Mail verschickt, ebenso die wenigen machbaren Aktivitäten im zweiten Halbjahr. Sie gelten bislang nur der Galerie, welche jetzt zu monatlich wechselnden Ausstellungen unter dem Motto „Unsere Welt bleibt trotzdem bunt“ genützt wird. Es sollen möglichst viele Künstler ein Forum bekommen, wobei das ursprüngliche Motto lediglich um das Wort „trotzdem“ erweitert wurde, erklärt Hader.
Derzeit stellen Olga Heimbach und Julia Schnur aus. Im September werden sie von Beate Wohlhöfler abgelöst, im Oktober folgt Olga Kellner, im November ist Zahn du Plessis an der Reihe und im Dezember eventuell Sabine Hader selbst. Was die Künstler vermissen, sind Märkte oder auch das Historischen Kinderfest, an dem sie sich wieder mit einer groß angelegten Straßenmalaktion beteiligen wollten.
Ob die Jahresausstellung, die für gewöhnlich in Verbindung mit dem Illertisser Weihnachtsmarkt veranstaltet wird, heuer überhaupt stattfinden kann, erscheint der Vorsitzenden sehr ungewiss.
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