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Illertissen: Wann kommt der Impfstoff Sputnik V? Jetzt äußert sich R-Pharm in Illertissen

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Wann kommt der Impfstoff Sputnik V? Jetzt äußert sich R-Pharm in Illertissen

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    Wann kann in Illertissen Corona-Impfstoff produziert werden? Ein Mitglied der Standortleitung äußert sich zu den Plänen.
    Wann kann in Illertissen Corona-Impfstoff produziert werden? Ein Mitglied der Standortleitung äußert sich zu den Plänen. Foto: Alexander Kaya

    Etwas Vergleichbares wie das aktuelle Projekt haben sie in Illertissen seit Jahrzehnten nicht erlebt: Noch in diesem Jahr soll beim Pharmakonzern R-Pharm Corona-Impfstoff hergestellt werden. Doch nach einem Baustopp fehlen weiterhin wichtige Genehmigungen. Vor Ort hielt man sich bislang bedeckt, es wurde immer an den Mutterkonzern in Moskau verwiesen. Jetzt aber äußerte sich ein Mitglied der Standortleitung im Gespräch mit unserer Redaktion zur Zusammenarbeit mit den Behörden, eigenen "kleinen Fehlern" und dem Zeitplan.

    Dass bei R-Pharm in Illertissen womöglich irgendwann Impfstoff produziert werden könnte, wurde erstmals im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung im vergangenen September bekannt. Seither war von den Verantwortlichen vor Ort nichts Offizielles mehr zu hören. Die Unternehmenssprecherin, die als Apothekerin für die Biotechnologie bei R-Pharm verantwortlich ist, bittet hierfür um Verständnis. Beim Thema Impfstoff bestehe eine "extreme Dynamik". Deshalb sei man zurückhaltend mit Aussagen in der Öffentlichkeit gewesen. Zumal aus Moskau die Bitte kam, Anfragen zur Causa Impfstoff weiterzuleiten.

    Impfstoff-Produktion bei R-Pharm: Wichtiger Antrag könnte bald kommen

    Die aktuelle Berichterstattung habe sie aber natürlich verfolgt. Die erhöhte Aufmerksamkeit habe viel Bewegung in die Sache gebracht. Hatte es kurz vor Ostern noch einen Baustopp wegen fehlender Unterlagen gegeben, darf nun in Teilen weitergearbeitet werden. Zudem wurde eine Teilgenehmigung für die Impfstoff-Produktion im kleineren Umfang, dem sogenannten "Technikumsmaßstab", erteilt. Ein immissionsschutzrechtliches Verfahren aber, das bis zu sieben Monate dauern kann, fehlt immer noch. Hier könnte wohl in den kommenden Tagen ein Antrag gestellt werden. R-Pharm ist offenbar derzeit dabei, entsprechende Unterlagen zusammen mit einer beauftragten Planungsfirma zu sammeln und einzureichen.

    Doch warum läuft es erst jetzt? Und warum musste es überhaupt zu einem Baustopp kommen? Ging so nicht wertvolle Zeit im Kampf gegen die Pandemie verloren?

    R-Pharm sei ein rechtskonformes Arbeiten sehr wichtig, betont die Sprecherin. Deshalb habe das Unternehmen vorab einen sogenannten Compliance-Check gemacht, um zu klären, welche Vorgaben eingehalten werden müssen. Bei dieser Prüfung sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)nicht notwendig sei und die Vorgänge für die Impfstoff-Herstellung nicht wirklich von dem abweichen würden, was ohnehin schon in den bestehenden Gebäuden gemacht wird. Auch hier seien bereits hochwirksame Stoffe im Einsatz, die Geräte aber auf entsprechendem technischenn Standard und alles so abgeriegelt, dass kein Virus entweichen kann.

    Das "Zünglein auf der Waage" beim Prozess der Impfstoff-Produktion

    Der Eindruck, man habe ungeachtet jeglicher Vorgaben die Produktion hochziehen wollen, sei so nicht richtig. Es gebe lediglich einen wesentlichen Unterschied zwischen den aktuellen Abläufen und dem einer Impfstoff-Produktion: "Wir mischen die Stoffe nicht, sondern wir züchten neu", erklärt die Sprecherin. Und das, sagt sie, ist das "Zünglein auf der Waage", warum ein aufwendigerer Genehmigungsprozess notwendig ist. Aus ihrer Sicht ist das eine "Auslegungssache". Das Mitglied der Standortleitung gesteht aber auch ein: "Das kann man uns auch als Fehler ankreiden."

    Die Apothekerin sieht das Problem zum Teil aber auch im "deutschen System", das gelähmt sei in Krisensituationen. "Wir haben hochtelefoniert bis zu Jens Spahn", erzählt sie. "Wir haben unsere Probleme dargelegt und gesagt: Helft doch den Produzierenden. Wir brauchen pragmatische Lösungen bei den Genehmigungen. So kommt kein Impfstoff aus Deutschland." Sie spricht von "Bürokratiewahnsinn", der nicht mehr zeitgemäß sei. Zum Beispiel müssten Anträge per Post eingereicht werden. E-Mails würden nicht ausreichen. Um erfolgreich zu sein, müsse man "schneller und pragmatischer" arbeiten.

    Mittlerweile aber würde es laufen. Geholfen hätte dabei auch der Besuch des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU). Auch die kürzlich einberufene "Task Force" sei ein Schritt in die richtige Richtung. Neu-Ulms stellvertretender Landrat Franz-Clemens Brechtel machte jüngst klar: "Wir sind ein Rechtsstaat und halten uns an die Gesetze. Aber natürlich werden alle Ärmel hochgekrempelt, um das so schnell wie möglich auf die Reihe zu bekommen." Doch dazu brauche es auch die Zuarbeit seitens des Pharmakonzerns. Denn was auch noch fehlt, ist eine Herstellungserlaubnis für Impfstoffe. Hier wurde bei der zuständigen Regierung von Oberbayern bislang kein Antrag seitens R-Pharm eingereicht.

    Wird Sputnik V oder AstraZeneca in Illertissen produziert?

    Ob die aus Moskau verlautbarten Pläne, im Juni oder Juli mit der Produktion zu starten, eingehalten werden können, dazu wollte die Sprecherin keine verlässliche Prognose abgeben. Das sei jetzt auch von den Genehmigungen abhängig. Das Ziel sei aber von allen Beteiligten das gleiche: Es soll so schnell wie möglich produziert werden können. Offen lässt sie aber auch, welcher Impfstoff in Illertissen zuerst hergestellt werden könnte: AstraZeneca oder Sputnik V. Seit sich der Freistaat Bayern an der EU und an der Bundesregierung vorbei 2,5 Millionen zusätzliche Impfdosen des russischen Vakzins über einen Vorvertrag bei R-Pharm gesichert hat, ist das britische Präparat in Vergessenheit geraten. Die Anlagen würden zwar so errichtet, dass jegliche Impfstoffe - auch unabhängig von Corona - gefertigt werden könnten. Bei Sputnik V steht die Zulassung aber noch aus.

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