Bei der Corona-Demonstration am Sonntag in Illertissen waren deutlich mehr Polizeibeamte vor Ort als sonst - und die Einsatzkräfte haben erstmals Platzverweise gegen Menschen ausgesprochen, die sich außerhalb der Absperrung am Marktplatz aufhielten. Leser unserer Zeitung kritisieren das Großaufgebot der Polizei. Doch die Polizei hatte dafür gute Gründe.
Alois Heinrich war zufällig am Ort des Geschehens. Der Vöhringer wollte am Sonntag mit seiner Frau einen Spaziergang in Illertissen machen und wurde Zeuge der Demonstration. "Nachdem wir von dieser Demonstration immer wieder in der IZ gelesen haben, hat uns doch die Neugier übermannt und wir haben außerhalb der Absperrung auf einer Bank Platz genommen", so Heinrich. Dadurch waren die Polizeibeamten auf das Paar aufmerksam geworden und forderten sie auf, Masken aufzusetzen.
Das taten Heinrich und seine Frau auch. Doch etwa 15 Minuten später seien drei Personen der Bereitschaftspolizei erneut zu ihnen gekommen und hätten gefragt, ob sie an der Demo teilnehmen würden. Als sie dies verneinten, seien sie mit Verweis auf die geltende Verordnung bei der Demonstration aufgefordert worden, den Platz zu verlassen. Wie Alois Heinrich betont: in einem sachlichen und freundlichen Ton. Die Beamten seien deeskalierend auf die Menschen zugegangen, die sich längere Zeit außerhalb der Absperrung aufgehalten hatten und erkennbar von dort aus die Demonstration verfolgten, schildert Heinrich seine Eindrücke.
Illertisser übt Kritik an Polizeibeamten mit Kameras und Knüppeln
Wolfgang Hetzel aus Illertissen hat die Situation anders wahrgenommen. In einem Brief an unsere Redaktion schreibt er, dass auch er zusammen mit seiner Ehefrau am Sonntag auf dem Marktplatz war, allerdings, um selbst an der Demo teilzunehmen. Die beiden hätten nach etwa 20 Minuten Aufenthalt auf dem abgesperrten Gelände eine Bekannte treffen wollen, die am nördlichen Ende des Marktplatzes gestanden habe.
Was dann passierte, schildert der Illertisser so: Eine Gruppe von zwei Polizistinnen mit Kamera und elf Polizisten mit Knüppeln sei auf verschiedene Menschenansammlungen, unter anderem auch auf ihn, seine Frau und die Bekannte, zugestürmt. "Mit der Begründung, in einer Pandemie ist es in Bayern verboten, Gruppen von drei Personen zu bilden (zwei davon allerdings aus unserem Haushalt) wurden wir dann mit gezogenen Knüppeln gezwungen, den Marktplatz zu verlassen", schreibt Hetzel.
Polizeiaufgebot bei Corona-Demo: Das sagt das Landratsamt
Warum aber hat die Polizei überhaupt Menschen außerhalb der Absperrung der Corona-Demo kontrolliert? In den Wochen und Monaten zuvor hatte die Polizei in ihren Berichten über die Demonstration immer die Anzahl der Teilnehmer angegeben und auch die Zahl der Zuschauer, die das Geschehen von außen betrachtet hatten. Erstmals hieß es nach der Demonstration am vergangenen Sonntag: Etwa 40 Interessierte versuchten unter anderem, das Geschehen außerhalb des abgegrenzten Versammlungsraumes zu beobachten. Da dies nicht erlaubt ist, sprachen die Beamten Platzverweise aus.
Grundlage dafür ist nach Angaben der Polizei der Bescheid, den das Landratsamt der Versammlungsleiterin hat zukommen lassen. Unserer Redaktion liegt ein Auszug daraus vor. Darin heißt es wörtlich: „Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist das Verweilen außerhalb der Absperrung nicht erlaubt.“
Der zuständige Fachbereichsleiter für Sicherheit und Ordnung am Landratsamt Neu-Ulm begründet diesen Passus gegenüber unserer Redaktion so: "Die Teilnehmerzahl wurde aus Infektionsschutzgründen auf 200 Teilnehmer begrenzt. Um zu gewährleisten, dass dies eingehalten wird, wurde das Verweilen direkt an der Absperrung nicht gestattet. Zudem hat sich herausgestellt, dass Versammlungsteilnehmer, die keine Maske tragen wollen, sich bewusst außerhalb der Absperrung aufhalten, um damit die Maskenpflicht zu umgehen."
Bisher hatte die Polizei von friedlichen Demonstrationen gesprochen
Wolfgang Hetzel wundert sich über das große Aufgebot von Einsatzkräften an diesem Sonntag. Er habe mindestens 18 Polizeifahrzeuge gezählt. Er sei auf dem Weg zum Demogelände mehrmals gefilmt worden. Rund um den Marktplatz hätten Hetzel zufolge über 70 uniformierte Polizeibeamte etwa 50 Demonstranten gegenübergestanden. Die Polizei hingegen spricht in ihrem Bericht von etwa 175 Teilnehmern der Demo. "Wir finden, dass ein solcher Einsatz die Polizei bei der Bevölkerung sehr unbeliebt macht", so Hetzel weiter.
Auch Alois Heinrich äußert zwar Verständnis für die eingesetzten Polizeibeamten. Doch er ist irritiert über das Großaufgebot der Ordnungshüter, die mit Kräften aus Illertissen sowie der Bereitschaftspolizei Königsbrunn vor Ort war. "Aufgrund der Erfahrungen bei den vorherigen Demonstrationen, die laut ihrer Zeitung alle friedlich und ohne Zwischenfälle über die Bühne gingen, war das Aufgebot der Bereitschaftspolizei absolut unverhältnismäßig", findet er.
Friedlich seien die Demonstrationen bis zum vergangenen Sonntag auch durchaus immer gewesen, betont Alexander Kurfürst, Sprecher der Polizei Illertissen. Doch der große Polizeieinsatz sei dennoch nötig geworden: "In der jüngeren Vergangenheit haben wir festgestellt, dass die Auflagen der Demonstration teilweise nur noch sehr lax eingehalten worden." Kurfürst nennt die Maskenpflicht und das Abstandhalten auf der Demonstration als Beispiele. "Die Teilnehmer sind mit dem Freiraum, den wir ihnen gegeben haben, nicht so umgegangen, dass wir so hätten weitermachen können." Auch die Versammlungsleiterin und die Ordner seien an Grenzen gestoßen, wenn es um das Einhalten der Auflagen durch die Teilnehmer ging. "Wir haben dagegen die Absprachen immer eingehalten."
Lesen Sie auch:
- Platzverweise bei Corona-Demo in Illertissen: Das steckt dahinter
- Corona-Demo in Illertissen: Polizisten sprechen Platzverweise aus
- Corona: 80 Teilnehmer bei Demo in Weißenhorn