Französisch-Aufgaben per Mail, Geometriezeichnungen per WhatsApp: Die Schulen in der Region haben unterschiedliche Wege gefunden, mit den schwierigen Umständen umzugehen, unter denen im Moment der Unterricht zu den Schülerinnen und Schülern nach Hause kommen soll. Die erste Online-Schulwoche liegt auch hinter der Johannes-von-LaSalle-Realschule in Illertissen. Schulleiterin Roswitha Nodin findet: Das klappt trotz der Umstände ziemlich gut. Unserer Zeitung gab sie Einblicke in die momentane Arbeit der Lehrkräfte – in Zeiten wie diesen natürlich ebenfalls per Mail.
Das Ziel: Direkt an das Gelernte anknüpfen, wenn der Unterricht wieder in der Schule stattfindet
Die Realschule habe sich auf das Szenario vorbereitet, so Nodin: „Lehrkräfte haben sich noch vor der Schulschließung in schulinternen Lehrerfortbildungen fit gemacht für die neue Art des Unterrichtens.“ In Illertissen werden verschiedene Online-Kanäle benutzt: Statt dem Klassenzimmer oder Fachraum wird jetzt via Teams, Sway oder Youtube-Kanälen unterrichtet. „Hier bieten die Lehrer ihre Lernbausteine tagesaktuell an, sodass die Schülerinnen und Schüler von zu Hause Aufgaben bearbeiten und den Stoff lernen können.“ Notengebung ist dabei jedoch nicht gestattet. Trotzdem ist das jetzt Gelernte sehr wichtig, erklärt die Schulleiterin: „Wenn der Unterricht wieder in der Schule stattfindet, kann der Lehrer auf das erarbeitete Wissen zurückgreifen. So entstehen keine Lücken in der Abfolge des Lehrplans.“
Eine wichtige Ausrede fällt weg
Hausaufgabe zu Hause vergessen – diese Ausrede gibt es natürlich im Homeoffice für die Schüler nicht mehr. Und die Lehrer können sehr genau kontrollieren, ob die Arbeit daheim auch gemacht wurde: „Die Überprüfungs-Funktion in Teams ermöglicht es dem Lehrer, auf einen Blick zu sehen, wer die Hausaufgabe hat und wer nicht.“ Die Kommunikation mit den Schülern könne individuell geschaltet werden, je nachdem, ob der Lehrer nur schriftlich, per Video oder Stimme mit seinen Schülern verbunden sein will.
Und wie kommt das ungewohnte Arbeiten bei den Betroffenen an? „Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern geben uns rundum positives Feedback“, erzählt Nodin. „Sie fühlen sich mit Lernstoff gut versorgt und loben die Lehrkräfte, die als Ansprechpartner erreichbar sind und bei Schwierigkeiten über Chat oder Telefon weiterhelfen.“ Besonders gut kämen dabei Audio- und Videokonferenzen bei den Schülerinnen und Schülern an. Gerade die Zehntklässler, die vor ihren Abschlussprüfungen stehen, fühlten sich nicht alleine gelassen, sagen Eltern. Und auch den jüngeren Schülern tut die Betreuung gut: „Die Kinder merken einfach, das ist nicht nur Beschäftigungstherapie, sondern da wird geschaut, dass ich das auch mache“, heißt es von Eltern.
Der Systembetreuer ist eigentlich Lehrer für Englisch und Geschichte
Der Mann, der all das am Laufen hält, heißt Matthias Röger. Eigentlich ist Röger Englisch- und Geschichtslehrer, normalerweise unterrichtet er an der Schule aber nur noch das Fach IT. „Das ist eigentlich schade“, findet die Schulleiterin. Aber es gibt einfach viel zu wenige Fachkollegen auf diesem Gebiet – und als Systembetreuer ist Röger gerade in der momentanen Lage unverzichtbar. Täglich bekommt er ein Dutzend Anfragen. „Ohne seinen technischen Support würde unsere Vernetzung nicht funktionieren“, so Nodin.
Er selbst sagt dazu: „Systembetreuer an einer Schule. Das bedeutet ein wahrlich buntes Spektrum an Aufgaben und Verantwortungsbereichen und gerade in Zeiten von Corona einiges an Mehrarbeit: Als erster Ansprechpartner bei EDV-Problemen (First-Level-Support) für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern und nicht zuletzt die Schulleitung und Verwaltungsangestellte, braucht man viel Geduld und die Fähigkeit, komplexe technische Zusammenhänge in verständliche Sprache zu fassen und umgekehrt.“
Der Beamer geht nicht oder mit der Schulwebseite stimmt etwas nicht
Während sich Röger im Alltag typischerweise mit Fragen wie „Der Beamer geht nicht“, „Ich habe mein Passwort vergessen“, „Die Bankingsoftware spinnt“, „Das WLAN geht nicht“ oder „Mit der Schulwebsite stimmt was nicht“ befassen muss, ist er jetzt noch mehr gefragt. „Meistens wird man dann konsultiert, wenn etwas nicht funktioniert – und dann soll es natürlich schnell gehen. Man kann diesen Job nur ausfüllen, wenn man sich dazu berufen fühlt und auch einen gewissen Spaß daran findet, Probleme systematisch, pragmatisch und effektiv zu lösen und dabei die richtige Balance zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit zu finden.“
Das beschäftigt unsere Facebook-User während der Corona-Krise
"Ich arbeite bei einem ambulanten Pflegedienst und gehe jeden Tag raus und versorge mit meinen tollen Kollegen zusammen unsere Patienten. Und versuche auch unseren Patienten ein Lächeln zu schenken und trotz allem auch aufbauende und motivierende Worte zu finden."
Margit Merk
"Mein Mann und ich sind eine Woche im Urlaub zu Hause. Gehen nur wenn es sein muss einkaufen, sonst feiere ich mein Geburtstag ohne Familie. Feiern wenn alles gut ist. Nächste Woche ist Kurzarbeit angesagt in der Gastronomie. Müssen wohl durchhalten bis Mai.. wünsche allen eine gute Zeit."
Marina Pletscher
"Es hat leider nicht jeder Home-Office, da es auch andere Berufe gibt. Die berufstätigen Eltern dürfen jetzt schauen, wie sie damit klar kommen, wie sie es auf die Reihe bekommen. Denn nicht jeder Arbeitgeber ist so zuvorkommend für die nächsten 5 Wochen... Das ist keine Heulerei wie sich manche äußern, das ist die Realität."
Yeliz Bagci Gültaslar
"Was bei uns Gesprächsthema ist, ist die Entbindung. Da es jeden Moment los gehen könnte, macht man sich schon Gedanken. Noch dürfen die Papas bei der Geburt dabei sein. Aber wie lange noch? Es dürfen keine Besucher ins Krankenhaus, was auch völlig okay ist, aber das mit der Geburt an sich im Kreißsaal macht uns doch sehr zu schaffen... Ich hoffe einfach, dass die kleine ganz schnell kommt, dass der Papa noch dabei sein kann. Es ist schließlich für Mama und Papa wichtig die Geburt zu erleben."
Janina Grieser
"Wir müssen jetzt insbesondere auch an die Kinder denken, die nun für viele Wochen von Schulen und Sportstätten getrennt sind. Doch wir dürfen nicht verzagen, die Welt dreht sich weiter. Taekwondo - Home - Training, für Erwachsene und Kinder, aber auch nahezu alle anderen Sportmöglichkeiten stehen als sinnvolle und stützende Maßnahme gegen latente Ängste zur Verfügung."
Alfred Brandner
"Ich arbeite im Einzelhandel. Kindergarten zu - Tochter zu Hause. Klar ist nicht ganz prickelnd, aber was sein muss muss sein. Sehr doof ist es das es bei uns keine Notbetreuung gibt, weder von der Gemeinde noch vom Kindergarten. Alle anderen in der Familie sind ebenfalls voll berufstätig! Aber das Leben geht weiter."
Nici Müller
"Ich habe ein sehr großes Problem. Meine Kids sind in der Grundschule, ich bin alleinerziehend und muss unbezahlt zu Hause bleiben. Das ist eine reine Katastrophe. Familie ist zu weit weg. Bin echt am Boden."
Michaela Mayer
"Ich hab "Glück" und kann Homeoffice machen...wäre dennoch lieber im Büro anstatt im Hausarrest Hoffe das sich die Lage bald normalisiert."
Facebook-User
"Ich arbeite in der Kommissionierung. Überstunden sind jetzt üblich (freiwillig), damit die Regale immer gefüllt sind."
Astrid Bosch
"Home Office ist nicht gleich ausruhen und nicht wissen, was man tun soll. Es ist sogar schwieriger, den Alltag zu organisieren, die Kinder beim Lernen zu unterstützen und noch nebenher den Haushalt zu erledigen. In diesem Sinne bleibt gesund und vor allem wenn möglich zu Hause."
Horst Fuchs
Unsere Facebook-Gemeinde teilt mit, wie sie sich in Zeiten von Home-Office und Hamsterkäufen fühlt.
Eine Ausbildung dafür gab es für ihn allerdings nicht: „Die wenigsten Systembetreuer an Realschulen haben Informatik studiert. Physiker und Mathematiker, die die Systembetreuung oft aufgedrückt bekommen, wollen eigentlich lieber ihren Fachunterricht halten. Aber irgendeiner muss den Job ja machen.“ Fachpersonal für die Systemadministration fehle, sagt Röger. „Eine bedenkliche Entwicklung, gerade in Zeiten, in denen die Digitalisierung in aller Munde ist und ohne Internet nicht mehr viel geht.“
Verwaltungsaufgaben wachsen - und die Arbeit als Lehrer gerät in den Hintergrund
Auch ohne Corona-Krise müssen die Schulverwaltungssoftware des Kultusministeriums, Online-Plattformen zur Eltern- und Schülerkommunikation und zum Dateiaustausch, Voice-over-IP-Telefonanlage oder digitale Elternabende bewältigt werden. Rögers Fazit: „Die Verwaltungsaufgaben werden immer mehr und die pädagogische Arbeit rückt in den Hintergrund. Und das, obwohl die Systembetreuer eigentlich primär eine pädagogische Funktion haben und sowohl das Kollegium als auch die Schülerschaft im Umgang mit den Medien ausbilden sollen.“
Der Systembetreuer würde sich wünschen, dass der Betreuung der Computersysteme an Schulen durch die Politik und die Schulträger durch Ausbildung und zusätzliche personelle Ressourcen ein größerer Stellenwert beigemessen würde. „Und das meint eindeutig nicht Einmalmaßnahmen wie die Anschaffung von immer noch mehr digitaler Technik, ohne auf die Folgen zu schauen. Denn die laufenden Kosten belasten dann die Budgets der Schulen und die Wartung landet on top bei Hausmeister und Systembetreuer.“
Wie gehen andere Schulen mit dem digitalen Lernen während der Coronakrise um? Das lesen Sie hier:
- Schulen zu - Wie es aus Sicht der Lehrerverbände läuft
- Was in der Corona-Zeit hinter verschlossenen Schultüren passiert
- Wie gut funktionieren die Schulen online?
- Holpriger Start ins Online-Zeitalter für Schulen