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Illertissen: Tierschützer fordern Schließung des Geflügelmarktes in Illertissen

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Tierschützer fordern Schließung des Geflügelmarktes in Illertissen

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    Zarte Tauben und flauschige Küken sind besonders bei den kleinen Besuchern des Illertisser Geflügelmarktes die große Attraktion. Die Tierschutzorganisation Peta hat jetzt die endgültige Schließung gefordert.
    Zarte Tauben und flauschige Küken sind besonders bei den kleinen Besuchern des Illertisser Geflügelmarktes die große Attraktion. Die Tierschutzorganisation Peta hat jetzt die endgültige Schließung gefordert.

    Ein Schreiben der Tierschutzorganisation Peta hat in Illertissen Kopfschütteln ausgelöst. Die Tierschützer fordern, dass auch nach der Coronakrise der bekannte Geflügelmarkt nicht mehr stattfinden darf. Doch den Illertisser Markt haben sich die Verantwortlichen offenbar gar nicht richtig angeschaut.

    Jeden Sonntag von 7.30 bis 11 Uhr piepst und flattert es beim Geflügelzüchterverein Illertissen und Umgebung. Wassergeflügel, Ziergeflügel, Hühner, Tauben, Vögel, aber auch Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster werden angeboten – und normalerweise ist der Markt auch ein weit über die Region hinaus bekannter Besuchermagnet. Normalerweise – wenn nicht Corona das öffentliche Leben und damit auch das Marktgeschehen lahmlegt. Doch ausgerechnet jetzt melden sich die Tierschützer von Peta zu Wort – mit dem Ziel, den derzeit abgesagten Geflügelmarkt komplett zu verbieten. Die Organisation zieht dabei Vergleiche zwischen dem Illertisser Markt und dem Lebendtiermarkt im chinesischen Wuhan, der als Ursprung des

    Peta: Gestresste Tiere auf engem Raum

    Die Tierschutzorganisation mit Sitz in Stuttgart hatte sich in einem Schreiben an Illertissens Bürgermeister Jürgen Eisen gewandt und ihn zur dauerhaften Schließung des Marktes aufgerufen. Die Begründung: Tiermärkte, auf denen gestresste Tiere auf engem Raum verkauft werden, böten optimale Bedingungen für die Verbreitung von Keimen. Dadurch steige die Wahrscheinlichkeit von Mutationen an, „antibiotikaresistente Keime und Zoonosen finden beste Bedingungen, um sich zu vermehren“, heißt es in dem Schreiben. Kranke und stressbedingt geschwächte Tiere auf diesen Märkten könnten als Überträger von Viren zu einem großen Risiko mit nicht absehbaren Konsequenzen werden.

    Agrarwissenschaftlerin Lisa Kainz, die als Fachreferentin der Organisation für Tiere in der Ernährungsindustrie spricht, sagt dazu: „Die Corona-Krise könnte nur ein erster Vorgeschmack auf das sein, was durch die Ausbeutung von Tieren immer öfter passieren könnte. Zwar gilt im Falle von Corona ein Lebendtiermarkt in Wuhan als Ausgangspunkt der Pandemie, aber auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind diese Märkte ein Gesundheitsrisiko. Deshalb müssen sie verboten werden – auch in Illertissen.“

    Den Vergleich mit dem chinesischen Tiermarkt sieht Illertissens Bürgermeister Eisen als sehr weit hergeholt an. Schließlich handelt es sich beim wöchentlichen Illertisser Geflügelmarkt nicht um eine kommerzielle Veranstaltung, sondern um die ehrenamtliche Arbeit eines Vereins. Eisen: „Das sind alles Menschen, die das als Hobby machen, und die ihre Tiere sehr gut behandeln.“ Der Bürgermeister spricht aus Erfahrung: Seine eigenen Laufenten, die sich seit 16 Jahren in seinem Garten tummeln, stammen vom Illertisser Markt, sind gesund und munter und völlig stressfrei aufgezogen worden.

    Züchter in Illertissen halten alte Rassen am Leben

    Außerdem sieht Eisen in der Arbeit des Vereins eine wichtige Funktion: „Die Tierzüchter, die in Illertissen dabei sind, züchten in der Regel alte Rassen. Viele Tauben, Hühner oder Kaninchenrassen würde es gar nicht mehr geben, wenn die Züchter nicht wären.“ Die Tiere, die auf den Illertisser Märkten angeboten werden, haben es gut, sagt Eisen. Und das auch und vor allem an den Tagen, an denen sie zum Verkauf ausgestellt werden.

    So genau scheint man sich bei Peta allerdings den Illertisser Markt gar nicht angeschaut zu haben. Denn in der Pressemitteilung ist von Tieren die Rede, die sich in der Ernährungsindustrie mit ihren „Brutstätten für tödliche Keime“ infizieren würden. „Anschließend werden die teilweise kranken oder verletzten Tiere unterschiedlicher Arten und Herkunft auf den Märkten ausgestellt und verkauft“, schreiben die Tierschützer.

    Doch solche Anbieter treten in Illertissen nicht auf. „Wir haben 98 Prozent private Anbieter, es sind in der Regel gerade mal zwei kommerzielle da, die Legehennen anbieten“, sagt Peter Sametschek, der als Vorsitzender der Illertisser Züchter auch den Markt leitet. Ansonsten seien es Hobbyzüchter, die ihre drei, vier Jungtiere verkaufen würden. Den Vergleich, den Peta mit Wuhan zieht, findet er noch aus einem anderen Grund lächerlich: „Dort geht’s doch um tote Tiere – bei unseren Märkten wird lebendes Geflügel angeboten.“ Außerdem legen die Illertisser Organisatoren extrem viel Wert auf die Gesundheit der Tiere: Ohne Impfnachweis kommt das Geflügel nicht in die Halle – und für die Sauberkeit der Käfige sind die schwäbischen Veranstalter berühmt.

    Immer mehr Menschen wollen daheim Hühner und Enten halten

    Und nicht nur dafür. Die Nachfrage nach den Tieren, die an 52 Wochen im Jahr angeboten werden, ist groß. Zu normalen Zeiten kommen zwischen 300 Besucher im Winter und 1000 in den Frühjahrsmonaten nach Illertissen. Denn die Haltung vor allem eigener Hühner liegt im Trend. Bei Sametschek laufen deswegen jetzt, zu Zeiten der Krise, Telefon und Maileingang heiß. Denn die Kundschaft, die sonst aus der Region zwischen Stuttgart und Augsburg, aus Heidenheim oder auch aus der Schweiz und Österreich nach Illertissen kommt, verlangt gerade jetzt nach Jungtieren für die private Haltung. Und der Vereinsvorsitzende hat alle Hände voll damit zu tun, zwischen Käufern und Züchtern zu vermitteln.

    Auch das Seminar, das Sametschek im April bei der Volkshochschule Illertissen zum Thema Hühnerhaltung daheim halten wollte, hatte bereits ein großes Echo hervorgerufen. „Da hatten sich sogar schon eine Menge Leute angemeldet, obwohl der Vortrag ohne Anmeldung war.“ Sametschek verspricht: Sobald es die Gegebenheiten wieder zulassen, ist er bereit, den Vortrag zu wiederholen und sein Wissen weiterzugeben.

    Mehr über die Arbeit der Illertisser Geflügelzüchter lesen Sie hier:

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