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Illertissen: Sputnik V: Warum besucht Klaus Holetschek R-Pharm in Illertissen?

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Sputnik V: Warum besucht Klaus Holetschek R-Pharm in Illertissen?

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    Die Firma R-Pharm in Illertissen. Wird hier bald der russische Corona-Impfstoff Sputnik V hergestellt? Bayerns Gesundheitsminister Holetschek hat sich das Unternehmen angeschaut.
    Die Firma R-Pharm in Illertissen. Wird hier bald der russische Corona-Impfstoff Sputnik V hergestellt? Bayerns Gesundheitsminister Holetschek hat sich das Unternehmen angeschaut. Foto: Alexander Kaya

    Produziert R-Pharm in IllertissenIllertissen bald den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V? Vom Unternehmen selbst ist wenig zu erfahren. Anfragen unserer Redaktion zu diesem Thema blieben unbeantwortet. Jetzt geht das bayerische Gesundheitsministerium in eine Art Teiloffensive. Klaus Holetschek (CSU), also der Minister selbst, hat sich laut einer Pressemitteilung am Donnerstag das Unternehmen vor Ort angeschaut. Er will die Impfstoff-Herstellung im Freistaat voranbringen. In Illertissen (Landkreis Neu-Ulm) könnte demnach künftig, wie berichtet, der russische Corona-Impfstoff

    Die Pharmafirma nimmt nach eigenen Angaben aktuell ordentlich Geld in die Hand. Mehr als 30 Millionen Euro sollen in den Standort im 16.000-Einwohner-Städtchen investiert werden. So sollen nach Informationen unserer Redaktion bereits mehrere externe russische Spezialisten samt Familie in die Region gebracht worden sein, um die Anlagen auf Vordermann zu bringen. Wenn alles klappt, soll dem Vernehmen nach spätestens Ende dieses Jahres Sputnik V oder AstraZeneca über die Laderampe gehen. Unklar sei aber wohl noch, welches Vakzin den Vortritt erhält.

    Wird Sputnik V in Illertissen produziert? Fast alles hängt von der Zulassung ab

    Vieles bis fasst alles hängt von der Zulassung ab. Denn noch hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) über den Anfang März gestellten Antrag der R-Pharm Germany GmbH nicht entschieden. Die EMA will den russischen Impfstoff auf Effektivität, Sicherheit und Qualität prüfen. Sollte er den hohen europäischen Ansprüchen genügen, wird die Behörde Sputnik V in der EU zulassen.

    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat sich laut einer Pressemitteilung am Donnerstag das Unternehmen R-Pharm in Illertissen vor Ort angeschaut.
    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat sich laut einer Pressemitteilung am Donnerstag das Unternehmen R-Pharm in Illertissen vor Ort angeschaut. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    In Russland selbst wurde Sputnik V bereits im August vergangenen Jahres zugelassen. Die Entscheidung wurde damals vielfach kritisiert, weil sie auch in Expertenkreisen als überstürzt und vorschnell wahrgenommen wurde. Inzwischen haben Studien gezeigt, dass das Präparat eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent habe.

    Damit spielt Sputnik V in derselben Liga wie die bereits in der EU zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna. Das Wirkprinzip ähnelt aber dem des AstraZeneca-Stoffes. Russlands staatlicher Direktinvestmentfonds RDIF, der an der Finanzierung der Sputnik-Entwicklung beteiligt ist, begrüßte den Start des EMA-Verfahrens und kündigte für den Fall der Zulassung an, 50 Millionen Menschen in der EU mit dem Impfstoff zu versorgen. Das Präparat ist nach russischen Angaben bereits in fast 50 Ländern zugelassen, darunter ohne EMA-Zulassung im EU-Land Ungarn.

    Das Vakzin wurde vom Gamaleja-Forschungszentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. R-Pharm will den Impfstoff auch importieren und die Chargenfreigabe übernehmen.

    Impfstoff-Produktion bei R-Pharm: Gewerkschaft spricht von Standortsicherung

    Für Illertissen, die Region und vor allem rund 350 Beschäftigten wäre es ein enorm wichtiger Schritt. Denn klappt es mit der Zulassung und der Impfstoff-Produktion könnten womöglich noch mehr Stellen entstehen und der Standort mittelfristig gesichert werden, brachen nicht zuletzt etliche Aufträge weg. Wie Mitarbeiter berichten, würde es ohne den Impfstoff düster aussehen. "Für die Mitarbeiter wäre es ein Riesenthema, richtig gut. Das wäre die Standortsicherung", sagt Tobias Schrall von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, der aber nähere Informationen auch noch nicht vorliegen habe. Er war und wolle jetzt erneut mit dem Betriebsrat in Kontakt treten, der eine Anfrage unserer Redaktion bislang unbeantwortet ließ.

    Bis 2014 gehörte die Firma in Illertissen dem US-Konzern Pfizer, der dann an die Russen verkaufte. Zwar wurden weiterhin viele Aufträge für Pfizer abgewickelt. Als der Pharmakonzern dann ankündigte, die Zusammenarbeit einstellen zu wollen, setzte Standortleiter Ivan Semenov alles auf eine Karte und investierte in die Impfstoffproduktion - wohl wissend, dass R-Pharm sich damit in einem weltweiten Wettlauf befindet. Man stehe unter großem Zeitdruck, um auch ein Stück des Kuchens abzubekommen, sagte Semenov, als er seine Pläne vergangenen September im Unternehmen bekannt gab.

    Corona-Impfstoffe wie Sputnik V sind "weiterer Lichtblick und Hoffnungsschimmer"

    Der Besuch des Gesundheitsministers dürfte ein Indiz dafür sein, dass die Pläne von R-Pharm wohl aufgehen. "Die Impfungen sind ein entscheidendes Instrument im Kampf gegen die Pandemie. Nur sie bieten uns langfristig Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen und dem Tod durch eine Erkrankung", betonte Holetschek in der Pressemitteilung. "Deswegen ist jeder Impfstoff, der zugelassen wird, ein weiterer Lichtblick und Hoffnungsschimmer."

    Mehrere Länder-Regierungschefs sprechen sich für eine rasche Zulassung des russischen Vakzins aus. Produziert R-Pharm in Illertissen bald Sputnik V?
    Mehrere Länder-Regierungschefs sprechen sich für eine rasche Zulassung des russischen Vakzins aus. Produziert R-Pharm in Illertissen bald Sputnik V? Foto: Zoltan Mathe, dpa (Symbolbild)

    Keine Angaben aber machte das Ministerium auch auf Nachfragen unserer Redaktion, wie weit die Vorbereitungen in Illertissen denn schon vorangeschritten seien. Denn es ist davon auszugehen, dass eine solche Produktion nicht ohne behördliche Abnahme einfach starten kann und die entsprechenden Stellen in Kenntnis zu setzen sind. Unklar bleibt der genaue Zeitplan und in welche Länder der dann in Illertissen hergestellte Impfstoff gehen könnte - und ob auch für die Bundesrepublik schon Bestellungen aufgegeben wurden. (mit dpa, lby)

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