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Illertissen: Sagenhaftes Illertissen: Wo die spukende Agnes zu Hause ist

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Sagenhaftes Illertissen: Wo die spukende Agnes zu Hause ist

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    Was spukt da, am Schlossberg von Illertissen?
    Was spukt da, am Schlossberg von Illertissen? Foto: Ralph Manhalter

    Die Grafen von Kirchberg schienen schon seit jeher eine besondere Verbindung zu Tod und Übersinnlichem zu besitzen. Im Schloss Illerzell, in dem einst die Wullenstetter Linie der Adelsfamilie residierte, soll im fernen Jahr 1250 ein gewisser Wilhelm, versehen mit dem Attribut „der Starke“, seinen eigenen Vater erschlagen haben. Nun befand der Sohn sich im hohen Mittelalter mit dieser Tat aber in bester schlechter Gesellschaft, wie allein der Verweis auf den Habsburger Johann Parricida belegt; Parricida bedeutet Vater- beziehungsweise Verwandtenmörder. So hätten die Mönche des Klosters Wiblingen auch den starken Wilhelm fortan genannt, wenn man der Erzählung Glauben schenken kann. Von postmortalen übersinnlichen Erscheinungsformen des Grafen wird jedoch nichts berichtet; im Gegensatz zu einer verehelichten Nachfahrin.

    Wir machen einen Sprung in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Graf Eberhart, zwischenzeitlich der Vierte, oder nach anderen Quellen der Siebte seines Namens, entschließt sich, seinen bisherigen Sitz in Wullenstetten aufzugeben und nach Illertissen umzusiedeln. Die dortige, vermutlich bereits unter den Herren von Aichheim errichtete Höhenburg war strategisch eindeutig die bessere Wahl für den Adligen. Was er sicher nicht wissen konnte: Einige Zeit nach dem Umzug sollte es in den gräflichen Gemächern recht unheimlich werden.

    Vertrauen wir der berühmten Zimmer´schen Chronik, so ergibt sich folgendes Bild: Des Grafen Töchterlein war die Einzige, die den Spuk nicht nur empfinden, sondern auch mit eigenen Augen wahrnehmen konnte. Und das, was sie da sah, war niemand anderes als der Geist ihrer leiblichen Mutter, Gräfin Agnes von Kirchberg, geborene von Werdenberg-Heiligenberg. Sie sei in einem braunen Gewand durch die Burg geschritten und habe mal hier und mal da dem Kind gewunken. Da beschlossen der Graf und seine Berater, der Tochter den Auftrag zu geben, der Erscheinung zu folgen, um die Ursache der nächtlichen Gespensterstunde zu entdecken. Es geschah: Das Kind verfolgte den Geist auf verschlungenen Wegen durch das Schloss bis hin zur Kapelle. Dort vor dem Altar habe Gräfin Agnes ihre Arme ausgebreitet und sei verschwunden.

    Auch die Bierkeller geben Spaziergängern Rätsel auf

    Indessen dauerte es nicht lange, bis die Erscheinung erneut bemerkt wurde. Nun schlug die Stunde der Chronisten: Die belesenen Herren konnten nachweisen, dass die spukende Gräfin zu Lebzeiten einst eine Pfarrgemeinde unrecht behandelt haben soll. Ein später Ausgleich mit den Geschädigten gelang, sodass die Gräfin jetzt endlich in Frieden ruhen konnte. Welche Gemeinde hier infrage käme, muss offen bleiben, zumal Agnes vor der Ehe mit Eberhart mit einem Tiroler Adligen verheiratet war. Es ist also möglich, dass sich der Streitfall außerhalb unserer Region ereignete, zumal die Gräfin in Illertissen in guter Erinnerung blieb, was auch ihre Förderung der Klöster Wiblingen und Ursberg untermauert. Hat es überhaupt eine Ungerechtigkeit gegeben? Letztlich lässt sich das aus den Quellen nicht herauslesen, jedoch liegt einer Sage oft entweder eine historische Begebenheit oder zumindest die Wahrnehmung einer solchen zugrunde.

    Auch spannend, jedoch weniger geheimnisumwoben, sind die beiden ehemaligen Bierkeller, die in die Nordseite des Schlossbergs gegraben wurden. Heute verschlossen, wurden die Lagerstätten für den Gerstensaft zuletzt von der Illertisser Brauerei Kempter benutzt, wie Telesphorus Lindinger berichtet. Aufmerksame Spaziergänger können im Schlossgarten heute noch Ausgänge von Lüftungsschächten sehen; bei Dunkelheit und mit Fantasie gelingt es vielleicht, sich hier in die Epoche der Gräfin zurück zu träumen – notfalls kann mit einem kräftigen Schluck Bier nachgeholfen werden.

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