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Illertissen: Prozess gegen Raser: Mit Tempo 120 durch Illertissen

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Prozess gegen Raser: Mit Tempo 120 durch Illertissen

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    Weil er durch Illertissen gerast ist, musste sich ein Mann nun vor Gericht verantworten.
    Weil er durch Illertissen gerast ist, musste sich ein Mann nun vor Gericht verantworten.

    Er flüchtete mit 200 Stundenkilometern über die Landstraße, raste mit mindestens 120 Sachen durch Illertissen und überfuhr mehrere rote Ampeln. Nur durch großes Glück kam bei der Verfolgungsjagd, die sich der junge Mann im Februar dieses Jahres mit der Polizei lieferte, niemand zu Schaden. Jetzt musste sich der 21-Jährige wegen seines damaligen gefährlichen Verhaltens im Straßenverkehr vor dem Amtsgericht Neu-Ulm verantworten.

    „Ich gebe alles zu. Es tut mir wirklich sehr leid“, sagt der junge Mann, als er Richter Bernhard Lang die Ereignisse vom Februar schildert. „Dafür schäme ich mich heute noch, weil ich nicht nur mich, sondern auch andere Leute in Gefahr gebracht habe.“

    Wohin er denn damals unterwegs gewesen sei, fragt der Richter. „Zum Grab meiner Mutter.“ – „Nachts um halb elf?“ – „Ja.“ Wie der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Karl Abt, schildert, befand sich der 21-Jährige damals in einer psychischen Ausnahmesituation. Sein bester Freund hatte sich das Leben genommen. Seine Freundin hatte Angst, dass er nun sich selbst etwas antun könnte, und alarmierte die Polizei. Als der Angeklagte im südlichen Landkreis mit dem Auto zum Friedhof fuhr, um sich dort von seiner Mutter zu verabschieden, erwartete ihn bereits eine Streife. Als er das Polizeiauto sah, gab er Vollgas und flüchtete über einen Feldweg auf die Staatsstraße Richtung Illertissen.

    Raser im südlichen Landkreis: Polizei kam kaum hinterher

    Die Polizisten kamen in ihrem 3er BMW kaum hinterher, erinnert sich einer der Beamten im Zeugenstand. „Der ist mit 200 Stundenkilometern durch den Ort gefahren“, sagt der Polizist vor Gericht. Ganz so schnell war es vermutlich nicht – laut Anklageschrift war der 21-Jährige in Illertissen mit Tempo 120 unterwegs. Zuvor soll er allerdings tatsächlich bis zu 200 Sachen drauf gehabt haben. Im Ort fuhr er mit hoher Geschwindigkeit zwei oder drei Mal bei Rot durch und überholte zwei Autos. „Man kann von Glück sagen, dass nicht mehr passiert ist“, so der Polizist. „Das war nervenaufreibend. Das kam einem vor wie in einem Computerspiel.“ Bei Bellenberg brachen die Polizisten die Verfolgung ab, „weil es nicht mehr zu verantworten war“.

    „Ich wollte mit niemandem sprechen, wollte allein sein“, sagt der Angeklagte über den Grund für seine Flucht vor der Polizei. Doch in der Zwischenzeit hatte damals ein Beamter im Führungs- und Lagezentrum Ulm bereits per WhatsApp Kontakt mit dem verzweifelten Autofahrer aufgenommen und nicht mehr locker gelassen. Mehrere Sprachnachrichten gingen hin und her. „Lasst mich in Ruhe“, sagte der Flüchtende. Und: „Sollte die Polizei versuchen, mich aufzuhalten, erschieße ich mich.“ Doch der erfahrene Beamte im Polizeipräsidium gab nicht nach: „Es nützt nichts, wenn Sie wie ein Wahnsinniger durch die Gegend rasen und sich und andere gefährden.“ Schließlich brachte er den Mann dazu, ihn anzurufen – während die Polizei bereits mit einem Großaufgebot unterwegs war, auch mit einem Hubschrauber. Der Beamte im Lagezentrum brachte den jungen Mann dazu, aufzugeben. Im Kreis Biberach endete seine Fahrt. Niemand war zu Schaden gekommen.

    21 Jahre alter Fahrer wird nach Jugendstrafrecht bestraft

    Der 21-Jährige sei „schuldig der verbotenen Fortbewegung im Straßenverkehr“, so das Urteil von Richter Bernhard Lang. Der „Raserparagraf“ war vor zwei Jahren ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden, um gegen illegale Autorennen vorgehen zu können. Jedoch kann auch ein einzelner Fahrer danach bestraft werden, wenn er sich „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.

    Der Angeklagte, der aufgrund von Reiferückständen nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, muss eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro an den Förderkreis für tumor- und leukämiekranke Kinder bezahlen. Außerdem erhielt er eine Führerscheinsperre von mindestens acht Monaten. Es sei zwar niemand konkret gefährdet worden, so Richter Lang, der ausdrücklich das besonnene Verhalten der damals beteiligten Polizisten lobte. Aber: „Die abstrakte Gefahr, die war im allerhöchsten Bereich.“

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