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Illertissen/Neu-Ulm: Nach dem tödlichen Unfall bei Jedesheim gibt es ein unerwartetes Gerichtsurteil

Illertissen/Neu-Ulm

Nach dem tödlichen Unfall bei Jedesheim gibt es ein unerwartetes Gerichtsurteil

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    Ein schwerer Unfall hat sich Anfang März 2020 bei Jedesheim ereignet. Ein Mann starb, nun kam der Fall vor Gericht.
    Ein schwerer Unfall hat sich Anfang März 2020 bei Jedesheim ereignet. Ein Mann starb, nun kam der Fall vor Gericht. Foto: Wilhelm Schmid (Archivfoto)

    Es muss jedem Autofahrer wie ein Albtraum vorkommen. Ohne Vorankündigung biegt ein anderer direkt vor dem eigenen Wagen ab, und einem wird klar: Diesen Unfall kann ich nicht mehr verhindern. Am Ende stirbt ein Mensch. Diese Situation erlebte eine 62-Jährige im vergangenen März. Noch am Unfallort sagen ihr alle, sie trage keine Schuld. Die Angehörigen des Verstorbenen entschuldigen sich sogar noch bei ihr. Doch nun verurteilt ein Gericht sie wegen fahrlässiger Tötung. Der Richter sagt: So ein Unfall könnte jedem passieren.

    Notarzt geht von Herzinfarkt als Unfallursache in Jedesheim aus

    Es geht in diesem Fall um den schweren Verkehrsunfall, der sich am 1. März 2020 auf der Staatsstraße 2031 an der Abbiegung nach Jedesheim ereignete. Die 62-Jährige kam aus Richtung Altenstadt und wollte geradeaus nach Illertissen. Der Senior, der an diesem Tag sein Leben verlor, kam ihr entgegen. Er bog nach links Richtung Jedesheim ab und nahm der Frau die Vorfahrt. Offensichtlich bemerkte er den Kombi im Gegenverkehr nicht. Als der Notarzt eintraf, war der Mann wohl nicht mehr bei Bewusstsein. Der Arzt, zufällig auch der Hausarzt des Verletzten, reanimierte vergebens und notierte anschließend - vermutlich weil er die medizinische Vorgeschichte des Mannes kannte - eine natürliche Todesursache. Er ging von einem Herzinfarkt aus, der dann auch Ursache des gefährlichen Fahrmanövers gewesen sein könnte.

    Eine Frau steht vor Gericht, weil sie an einem tödlichen Unfall im vergangenen März eine Teilschuld haben soll.
    Eine Frau steht vor Gericht, weil sie an einem tödlichen Unfall im vergangenen März eine Teilschuld haben soll. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    So schien zunächst alles geklärt. Doch die Sache kommt der Staatsanwaltschaft merkwürdig vor. Ein Rechtsmediziner konnte bei einer genauen Obduktion dann auch keinen frischen Herzinfarkt feststellen. Todesursache war eine Verletzung am Herzen, die durch die heftige Kollision entstand. Es gab einen Riss in dem Organ, Blut floss in die Herzkammer. Daran sei der Mann letztendlich gestorben, stellt der Gerichtsmediziner fest.

    Verkehrssachverständiger stellt zu hohe Geschwindigkeit fest

    Ein weiteres Expertengutachten belegt vor Gericht, wie schnell die Frau an diesem Tag unterwegs war. Laut einem Sachverständigen für Verkehrsunfälle sei sie statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zwischen 104 und 112 Stundenkilometer gefahren. Damit trägt sie eine Mitschuld, die Staatsanwaltschaft hat einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung ausgestellt. Diesen konnte die Frau zunächst nicht akzeptieren, weshalb der Fall vor Gericht verhandelt wurde.

    Ihrer Darstellung nach war sie nicht zu schnell und hatte gar keine Zeit mehr zu bremsen. Das erklärt auch die heftige Kollision bei einer Aufprallgeschwindigkeit von rund 80 Stundenkilometern. Auch einige Zeugen, unter anderem die Beifahrerin, schätzten ihre Geschwindigkeit auf unter 80. Doch laut Gutachter habe die Frau definitiv gebremst und sei demnach zuvor zu schnell gewesen. Dass sie sich nicht an alle Details des Unfalls, insbesondere den Bremsvorgang, erinnern kann, sei verständlich, so der Gutachter. Die Bremszeit betrug unter eine Sekunde. Auch dass die Zeugen in dieser kurzen Zeit nicht alles genau wahrnehmen, sei normal. Richter Thorsten Tolkmitt formuliert es so: "Manche Dinge sind in der menschlichen Wahrnehmung nicht wahrnehmbar, dafür aber technisch messbar."

    Der Unfall belastet die Angeklagte noch heute

    Am Ende der Verhandlung akzeptierte die Frau angesichts der deutlichen Gutachten, dass ihre Erinnerung zum Unfall sie wohl trügt. Sie nahm die Mitschuld an dem Unfall durch die Geschwindigkeitsübertretung und ihre Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 25 Euro an. Zu ihren Gunsten wertete das Gericht unter anderem, dass der Unfall und seine gravierenden Folgen sie sichtlich mitnehmen. Eigenen Aussagen zufolge habe sie deswegen mehr als 30 Kilo abgenommen.

    In seiner Urteilsverkündung beurteilte Richter Thorsten Tolkmitt die Situation so: So ein Unfall könne fast jedem passieren. Er hofft, dass sich die Fragen, die sich die Angeklagte und ihr Anwalt noch stellten, durch die Darstellung der Gutachter nun gelöst haben. Wichtig ist, dass das Verfahren nun nach geltenden Regeln abgearbeitet ist. Angeklagte und Staatsanwaltschaft haben angekündigt, das Urteil so zu akzeptieren und keine Rechtsmittel einzulegen.

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