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Illertissen: Naturschützer setzen Kampf gegen Illerkraftwerk fort

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Naturschützer setzen Kampf gegen Illerkraftwerk fort

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    Um dieses Wehr in der Iller bei Dietenheim gibt es seit längerer Zeit einen Rechtsstreit: Investor Mathias Fontin aus München will ein Schachtkraftwerk einbauen, der Bund Naturschutz will das juristisch verhindern. Bisher ohne Erfolg.
    Um dieses Wehr in der Iller bei Dietenheim gibt es seit längerer Zeit einen Rechtsstreit: Investor Mathias Fontin aus München will ein Schachtkraftwerk einbauen, der Bund Naturschutz will das juristisch verhindern. Bisher ohne Erfolg.

    Der Rechtsstreit um den Einbau eines Schachtkraftwerks in ein Wehr bei Dietenheim geht weiter: Mit seiner Klage gegen die Baugenehmigung war der Bund Naturschutz im November 2018 vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen gescheitert – will den Kampf aber nicht aufgeben. Nun wurde bei der nächsthöheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, ein Antrag auf Berufung eingereicht.

    Die Gegner des Kraftwerks erwarten negative Auswirkungen für die gesamte Iller. Das bekräftigten sie am Montag bei einem Ortstermin am Wehr. Mit dabei war auch der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz, Richard Mergner. In der 84 Seiten umfassenden Urteilsbegründung aus Sigmaringen sehen die Kläger „grobe fachliche Fehler“. Die wollen sie nun in Mannheim anführen. Kritisiert wird, dass im Verfahren zur Genehmigung des Kraftwerkbaus keine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt wurde. Diese exakte Untersuchung der Auswirkungen der Anlage auf die gesamte Iller fehle, sagt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bundes Naturschutz im Kreis Neu-Ulm. Sie müsse aber her: Fischarten wie Huchen und Äschen seien in Gefahr. Zu diesem Fazit komme ein Gutachten, das der Bund Naturschutz vorlegen will.

    Mitglieder mehrerer Bund-Naturschutz-Ortsgruppen sprachen sich vor Ort gegen die Kraftwerkspläne aus, dabei war auch Landesvorsitzender Richard Mergner (Mitte).
    Mitglieder mehrerer Bund-Naturschutz-Ortsgruppen sprachen sich vor Ort gegen die Kraftwerkspläne aus, dabei war auch Landesvorsitzender Richard Mergner (Mitte).

    Weitere Kritikpunkte: Durch den nötigen Umbau des Illerufers verlören Zauneidechsen ihre Heimat, die aktuell zwischen den großen Steinen, totem Holz und einem alten Fischpass lebten. Und die umstehenden Bäume könnten von Fledermäusen bewohnt werden – durch den Bau einer Stromleitung hin zum Kraftwerk werde es wohl zu Fällungen kommen, so Kurus-Nägele. „Das sind schwere Eingriffe.“

    Gegner: Kraftwerksbau verstößt gegen EU-Richtlinie

    Er bleibt dabei, dass die Pläne zum Bau der Anlage gegen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verstoßen: Diese fordere bis 2027 ein „gutes ökologisches Potenzial“ bei Gewässern wie der Iller. Ziel sei ein naturnahes Fließverhalten. „Das ist hier gar nicht gegeben“, sagt Kurus-Nägele mit Blick auf das bestehende Wehr. Gehe es nach der WRRL sollte dieses nicht umgebaut werden – sondern komplett weichen. Sonst könnten Fische und Steine nicht passieren. Zudem grabe sich der Fluss immer tiefer ein: Angrenzende Feuchtgebiete in den Auen würden die nötige Wasserzufuhr verlieren. Und das gefährde unter anderem die seltenen Kammmolche, die zwischen Vöhringen und Ulm lebten.

    "Agile Iller" als Widerspruch zum Kraftwerk

    Diese Argumente seien vom Verwaltungsgericht außer Acht gelassen worden, so Kurus-Nägele. Es sei „sehr schwer“, einem Richter die komplexe Ökologie eines Flusses zu erklären. Völlig unverständlich sei das Urteil vor dem Hintergrund des Programms „Agile Iller“, bei dem die Länder Bayern und Baden-Württemberg gemeinsam 78 Millionen Euro in eine Renaturierung stecken. Auch wenn das Wehr bei Dietenheim dabei keine Rolle spielt: Es wurde laut Kurus-Nägele in den 1980er-Jahren erbaut und gilt damit als jung. Eine Umgestaltung sei nach Angaben der zuständigen Wasserwirtschaftsämter nicht ins Auge gefasst. Das ärgert die Mitglieder des Bundes Naturschutz: „Entweder bin für eine naturnahe Iller und verzichte auf neue Kraftwerke oder ich setze auf Technisierung – dann kann ich mir aber auch die Millionen sparen“, so Kurus-Nägele.

    Sie befürchten auch Eingriffe in den angrenzenden Wald.
    Sie befürchten auch Eingriffe in den angrenzenden Wald.

    Der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Wolfgang Döring, hält es für „bedauerlich“, dass die zuständigen Behörden zurückzuckten und nicht klar Stellung für die so wichtige Durchgängigkeit der Iller bezögen. „Ein Kraftwerk hat da keinen Platz.“ Mit Sorge blickt Landesvorsitzender Mergner auf die Iller: Wie sie seien viele Flüsse in Bayern in keinem guten Zustand. Renaturieren laute das Gebot der Stunde.

    Bauherr Fontin will im Herbst loslegen

    Dass die Berufung abgelehnt wird, davon geht Bauherr Mathias Fontin aus. Das Sigmaringer Gericht habe keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorhabens gelassen. Es dränge sich der Eindruck auf, dass es seitens der Kläger inzwischen nicht mehr um Fakten, sondern um eine eher ideologische Position gehe. Ihm fehle die Fantasie, was nach den verlorenen drei Verfahren (samt Eilverfahren) noch vorgetragen werden soll. Das Kraftwerk behindere die ökologische Aufwertung nicht, es unterstütze sie. Der bereits genehmigte Bau soll im Herbst beginnen, bekräftigt Fontin.

    Ob und wie es in dem Rechtsstreit weitergeht, entscheidet sich in Mannheim. Wie lange das dauert, ist unklar. Kurus-Nägele rechnet mit mehreren Wochen oder Monaten.

    Was im Rechtsstreit um das Kraftwerk bisher passiert ist:

    Streit um Kraftwerk in der Iller: Fällt jetzt die Entscheidung?

    Umweltminister wirft kritische Blicke auf die Iller

    Wie Illertissen das Illerufer zum Erlebnis machen will

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