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Illertissen: Ein Illertisser entdeckt eine echte Rarität im Stadtweiher

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Ein Illertisser entdeckt eine echte Rarität im Stadtweiher

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    Dieter Zeller wohnt neben dem Illertisser Stadtweiher, der gerade saniert wird. Dabei ist eine alte Cola-Flasche zum Vorschein gekommen, die er gefunden hat.
    Dieter Zeller wohnt neben dem Illertisser Stadtweiher, der gerade saniert wird. Dabei ist eine alte Cola-Flasche zum Vorschein gekommen, die er gefunden hat.

    Welche Geheimnisse schlummern im Illertisser Weiher? Diese Frage stellte sich, als das Wasser kürzlich abgelassen wurde. Ein Schatzfund, auf den manche Zuschauer der Aktion vielleicht heimlich gehofft hatten, blieb zunächst aus. Zunächst.

    Zum Vorschein kamen unter anderem einige überraschend große Fische, ein verrostetes Fahrrad, ein pinkes Spielzeugtelefon und eine Handtasche, die einer Frau bereits 2009 gestohlen wurde.Die Tasche wurde der Dame zurückgebracht, den Dieb konnte die Polizei trotz dieser neuen Spur nicht finden.

    Eigentlich wollte er nur ein bisschen aufräumen

    Nun, rund drei Wochen nach der großen Abfischaktion, hat Anwohner Dieter Zeller einen kuriosen Fund gemacht. Eigentlich wollte er nur ein bisschen aufräumen, erzählt er. Denn derzeit wird der Weiher ausgebaggert. Arbeiter transportieren den Schlamm ab. Entdecken sie Glasflaschen in dem Matsch, werden sie neben dem Weiher abgelegt. „Die wollte ich wegwerfen, bevor da noch Scherben entstehen“, sagt Zeller. Er hat die Flaschen, die zu schmutzig für den Altglascontainer waren, also mitgenommen und in seinem Garten grob gereinigt. Dabei entdeckte der 63-Jährige eine Flasche, die ihm durch ihr etwas altmodisches Design auffiel. 0,2 Liter fasst das Fläschchen aus Weißglas, auf das eine Palme, zwei Mal der Schriftzug „Afri Cola“ und die Bezeichnung „Limonade coffeinhaltig“ aufgeprägt sind. Eine erste Internetrecherche ergab: Solche Flaschen werden auf einschlägigen Verkaufsplattformen für bis zu 40 Euro angeboten. Afri-Cola verwendete dieses Design in den Anfangsjahren der Firma, von Anfang der 30er-Jahre bis Ende der 50er. Auch in alten Werbefilmen ist es zu sehen.

    So sahen die Afri-Cola-Flaschen von Rafael Becker aus.
    So sahen die Afri-Cola-Flaschen von Rafael Becker aus.

    Doch ist die Flasche „echt alt“ oder gab es in den späteren Jahren, vielleicht als Marketing-Aktion des Limonadenherstellers, eine neue Auflage der Retroflaschen? Nein, schreibt die Marketing-Managerin des Unternehmens, Helga Peter, auf Nachfrage unserer Redaktion. Das Design sei Anfang der 60er-Jahre von dem charakteristischen Entwurf von Jupp Ernst abgelöst und nicht mehr produziert worden. Ernsts Flasche mit den typischen Einbuchtungen an den Seiten sollte der Marke ein hipperes, jüngeres Image verleihen. Bis heute wird es weitgehend unverändert von Afri-Cola genutzt und hat sich zu einem wahren Design-Klassiker entwickelt. Die Flaschenform erinnert an die Silhouette einer Frau. Mit einer für die damalige Zeit ungewöhnlich lasziven Werbekampagne und dem Slogan „Sexy-mini-super-flower-pop-op-cola – Alles ist in afri-cola …“ trat das Unternehmen in den 1960er-Jahren eher provokant auf.

    Seit den 60ern wird das Design von Jupp Ernst verwendet.
    Seit den 60ern wird das Design von Jupp Ernst verwendet.

    Die alten Flaschen nach einem Entwurf des Kölner Kunstmalers Rafael Becker sind inzwischen tatsächlich eine Rarität. Selbst das Unternehmen – die Marke ist seit 1998 im Besitz der Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG – hat heute nur noch zwei der ursprünglichen Exemplare in seinem Archiv. „Und wir hüten sie wie einen Schatz“, schreibt Marketing-Managerin Helga Peter.

    Aber kann es sein, dass eine dieser seltenen Flaschen seit nunmehr mindestens 60 Jahren unentdeckt im Illertisser Stadtweiher gelegen hatte? Möglich wäre das schon, sagt Gerhard Steinle vom Illertisser Bauamt. Seines Wissens liegt die letzte größere Sanierung des Gewässers rund 25 bis 30 Jahre zurück. Dabei sei der Weiher mit einem Kiesbagger ausgebaggert worden. Dafür müsse das Wasser nicht unbedingt komplett abgelassen worden sein – so wie es im Moment der Fall ist.

    Welche Geschichte hinter dem Afri-Cola-Design steckt

    Das alte Afri-Cola-Design spielt auch für Kunsthistoriker eine Rolle. Im Kölner Stadtmuseum ist eine solche Flasche ausgestellt. Der Limonadenhersteller war in seinen Anfangszeiten in der Stadt am Rhein ansässig. Bei dem Museum ist zu der Flasche zu erfahren, dass sie ein Beweis dafür sei, dass auch deutsche Hersteller von Alltagsprodukten im 20. Jahrhundert damit begannen, Markenidentitäten zu kreieren. Dafür spreche unter anderem das aufgeprägte Logo der Firma. In dem urtümlichen und bodenständigen Design könne man auch einen Gegenentwurf zu der schlanken, dynamischen Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten sehen. In den 1930er-Jahren ging dieses Konzept auf, resümieren die Experten des Kölner Stadtmuseums: „Statt der herrschenden gesellschaftlichen Gleichschaltung, Krieg, Zerstörung und Elend brachte die Afri-Cola etwas Abenteuer in biedere deutsche Wohnstuben.“ Bei Kriegsende 1945 hatte Afri-Cola einen ähnlich hohen Marktanteil in Deutschland wie Coca-Cola. Später setzte sich die amerikanische Marke doch durch.

    Dieter Zeller will seine Flasche erst einmal behalten – trotz der hohen Internetpreise. Schließlich ist sie ja tatsächlich etwas Besonderes.

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