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Illertissen: Die Kolonie im Illergries: So entstand der heutige Illertisser Ortsteil Dornweiler

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Die Kolonie im Illergries: So entstand der heutige Illertisser Ortsteil Dornweiler

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    Dornweiler war einst als Siedlung für die Ärmsten der Armen gedacht. Heute ist der Ort ein blühender Stadtteil Illertissens.
    Dornweiler war einst als Siedlung für die Ärmsten der Armen gedacht. Heute ist der Ort ein blühender Stadtteil Illertissens. Foto: Ralph Manhalter

    Der Bericht des Beamten Blauw diente als Expertise: „Meine Meinung gehet demnach dahin, dass besagte Plätze den Kolonisten erbeigen möchten überlassen werden, ohne einen Kaufschilling zu leisten, zu dem sie ohnehin nicht imstande sind, damit sie mehr Interesse und Lust bekommen, die möglichste Kultur auf die Plätze zu verwenden und so die hohe Absicht Eurer Exzellenz, ein besserer Nahrungszustand, erreicht werde.“ Adressat dieser Empfehlung war Graf Anton Sigmund Fugger zu Dietenheim-Brandenburg, vormals Grundherr der rechts der Iller gelegenen Gemeinde Au. Thema war ein neues Zuhause für die Ärmsten der Armen - der heutige Illertisser Stadtteil Dornweiler.

    Die Aufklärung machte sich auch im Raum Illertissen bemerkbar

    Während Illertissen im ausgehenden 18. Jahrhundert schon zum Kurfürstentum Bayern gehörte, verblieb der spätere Stadtteil bis zur politischen Neuordnung Napoleons bei der fuggerischen Herrschaft Brandenburg. Anton Sigmund schien ein Kind seiner Zeit gewesen zu sein: Die Macht des Adels hatte schon längst ihren Zenit überschritten, neue revolutionäre Gedanken machten sich breit, zwangen die Herrschenden zum Umdenken und Zugeständnissen. Aufklärerische Ideen drangen vor in alle Ecken und Enden Europas. Es ging fortan darum, überkommene Standeseinteilungen infrage zu stellen, schwächere Menschen gesellschaftlich zu integrieren statt auszugrenzen.

    Der Bruckhof liegt im Stadtteil Dornweiler.
    Der Bruckhof liegt im Stadtteil Dornweiler. Foto: Verena Mörzl (Symbolbild)

    Selbstverständlich spielte bei alledem die Verbesserung so mancher finanziellen Situation eine nicht ganz unwesentliche Rolle. So waren es dann auch „Leerhäusler und Habenichtse“, wie Anton H. Konrad in der Ortsgeschichte von Au darlegt, welche Anton Sigmund im Auge hatte. Menschen, die einer Unterstützung bedurften und keinen erwähnenswerten Anteil am Wirtschaftsleben der Gemeinde hatten. Kurzum: Den Ärmsten den Armen wies der großzügige und nicht ganz uneigennützige Fugger einen Platz im kiesigen Schwemmbereich der Iller, eben dem „Gries“ zu, worauf die Neusiedler ein Auskommen finden sollten.

    Spekulanten sollte in Dornweiler ein Riegel vorgeschoben werden

    Nicht nur dass der Grund, wie oben beschrieben, unentgeltlich überlassen wurde, der brave Beamte Blauw empfahl zudem eine Absicherung gegen lauernde Spekulanten: Den Kolonisten solle es nicht gestattet sein, die Grundstücke an Auswärtige oder auch an die Gemeinde Au zu verpachten, verkaufen, vertauschen oder gar zu verschenken. Ziel dieser wohltätigen Aktion war die soziale und finanzielle Gesundung der Siedler; folglich verharrten auch die Steuern und Abgaben auf niedrigem Niveau. Diese Rechnung schien aufgegangen zu sein.

    Dornweiler – die Bezeichnung sollte die Kolonie tragen, wie auf einer Flurkarte aus dem Jahr 1823 ersichtlich ist – war seit Beginn des 19. Jahrhunderts ebenfalls bayerisch. Keine Herrschaftsgrenze trennte die kleine Ansiedlung mehr vom benachbarten Illertissen. Dennoch gehörten die Häuser und Grundstücke der ehemaligen Kolonisten nach wie vor zu Au. 1880 beantragten die Einwohner von Dornweiler die Umschulung und Umpfarrung in die größere Marktgemeinde, wie Konrad weiter berichtet.

    Die Bewohner von Dornweiler wollten schon früh zu Illertissen gehören

    In dem Schreiben an das königliche Staatsministerium argumentierten die acht Unterzeichner vor allem mit der geografischen Nähe Illertissens und dessen zentrale Bedeutung für die Bürger Dornweilers. Zur Kirche gehe man ohnehin schon in den Marktort. Zudem führe nach Au lediglich ein einfacher Fuß- und Radweg, welcher bei schlechtem Wetter und Überschwemmungen sehr beschwerlich zu passieren sei. Hingegen sei die Straße nach Illertissen „vorzüglich“ ausgebaut, was auch den Schülern zugute kommen würde. Offenbar hatte die Eingabe Erfolg: Zwei Jahre später wurde der Wechsel durch einen Ministerialbescheid bestätigt. Politisch verblieb die Siedlung jedoch bei Au. Eine Vereinigung mit Illertissen sollte nach mehreren vergeblichen Versuchen in der Weimarer Republik erst mit der Eingemeindung des Ortes Au im Jahr 1978 erfolgen. Die Bevölkerungsstruktur der einst armen Kolonie hatte sich da natürlich bereits grundlegend geändert.

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