Die Deutsche Bahn (DB) hat immer wieder mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. Nicht so in Illertissen: Dort sitzt schließlich der „Done“ hinter dem Verkaufstresen und sorgt für zufriedene Gesichter. Er ist eine lebende Legende des Unternehmens, wenn man so will. Von weit her kommen Kunden zu ihm, wenn sie einen Fahrschein kaufen oder eine Reise buchen wollen. Und der „Done“ hilft, wo er nur kann – so gut, dass er schon einmal dafür ausgezeichnet wurde.
Anton Wagner, wie „Done“ eigentlich heißt, ist vor genau zehn Jahren in den „Vip-Club der Top-Verkäufer“ der Deutschen Bahn aufgenommen worden, weil er schon damals zu den besten 100 unter rund 3500 DB-Reiseberatern in Deutschland zählte. Doch Wagner hat sich seither nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Inzwischen ist er mit „seinem“ Bahnhof nach München, Nürnberg und Augsburg auf dem vierten Platz in ganz Bayern, was die Umsatzzahlen verkaufter Reisen angeht. So behauptet sich Illertissen quasi als „Gallisches Dorf“ unter den Großstädten. Und in einem „gallischen Dorf“, genauer gesagt in der Partnerstadt Carnac, begann vor 46 Jahren auch Wagners Karriere im Dienst der DB.
Anton Wagner ist im Vip-Club der Top-Verkäufer
Damals fuhr er als Realschüler zum Jugendaustausch in die Bretagne – und dorthin ging es mit dem Zug, begleitet vom damaligen Illertisser Bahnhofschef Hermann Leidner. Der lud ihn ein, sich bei der Bahn zu bewerben. Und obwohl Wagner bereits einen anderen Ausbildungsplatz in Aussicht hatte, entschloss er sich, zur damaligen Bundesbahn zu gehen. Von Anfang an war der Illertisser Bahnhof sein Arbeitsplatz, nur unterbrochen von rund sieben Jahren als Fahrdienstleiter in Vöhringen und zwei Jahren in der Verkaufsleitung in Kempten. Dort erwachte Wagners Interesse am Bahn-Reisedienst „Ameropa“. Und schon bald nach der Rückkehr in seine Heimatstadt hatte er den Bahnhof in Illertissen zur umsatzstärksten Reise- und Fahrscheinverkaufsstelle auf der gesamten Strecke der Illertalbahn entwickelt.
Das bedeutete schließlich auch die Rettung für den Standort. Denn während Wagner die traurige Aufgabe erhielt, sämtliche Bahnhöfe von Neu-Ulm bis Bellenberg zu schließen, wurde „sein“ Bahnhof zu einem modernen Reisezentrum umgebaut.
Bahnberater Anton Wagner: Seine Kunden kommen seit Jahrzehnten aus Nah und Fern
Seine Kunden kommen seit Jahrzehnten aus Nah und Fern, und nicht nur bei diesen, sondern auch bei der DB gilt Anton Wagner als Legende, wie ihn kürzlich auf einer Reisemesse ein junger Kollege ansprach. Mit seiner Erfahrung plant er Reisen besser als jeder Computer. Es kam sogar schon vor, dass Fahrgäste aus Illertissen bei längeren Fahrten vom ICE-Schaffner gefragt wurden, wer diese kreative Reiseroute erstellt habe, denn im Internet hätte diese nie so praktisch zusammengestellt werden können. Dabei plant Wagner nicht nur die Zugfahrt, er organisiert die komplette Reise. So kommt es durchaus vor, dass er für eine Schulklasse zur Abschlussfahrt eine Woche in einem Vier-Sterne-Hotel in Berlin zu einem unglaublich günstigen Preis aushandeln kann. Denn er hat zu Veranstaltern und Hotels beste Kontakte.
Der „Done“ vom Illertisser Bahnhof: Er ist eine lebende Legende
Legendär sind seine „Info-Abende“, die er in Illertissen für seine Kundschaft veranstaltete: Unter anderem trat dabei eine Gruppe kubanischer Tänzerinnen in der Schranne auf, stets gab es Reisen zu gewinnen, die von Veranstaltern gesponsert wurden. Originellerweise gewann dabei einmal ausgerechnet die zufällig in Illertissen weilende Partnerschaftspräsidentin Nicole Camenen aus Carnac eine Reise nach Paris, die sie dann weiter verschenkte.
Darüber hinaus war Wagner selbst als Reiseleiter mit seinen Gästen – die alle seine Freunde wurden – von Illertissen aus in ganz Europa unterwegs. Beim Männergesangverein war im Mai 1994 die Überraschung groß, als man mit Fähre und Bus auf Konzertreise in Finnland unterwegs war: Mitten in Helsinki musste der Bus an einer Kreuzung warten, auf dem Zebrastreifen davor spazierte Wagner mit seiner Reisegruppe fröhlich winkend über die Straße.
Ende Juni geht nun eine Ära am Bahnhof in Illertissen zu Ende, wenn der „Done“ nach 46 Dienstjahren in den Ruhestand geht. Fragt man ihn, ob es auch Probleme gegeben habe, so antwortet er: „Von den Beschwerdeformularen, die hier in der Schublade liegen, hat noch nie jemand eines verlangt, und auch von einer sogenannten Jugend-Gang habe ich nie etwas bemerkt.“ Diebstähle und Gewalt: Was wurde aus der Illertisser Jugendgang?
Besonders freut ihn, dass der Betrieb nach seinem Ausscheiden genauso weitergehen kann wie bisher, sein Nachfolger ist bereits eingearbeitet. So kann man am Bahnhof Illertissen als einzigem zwischen Ulm und Memmingen auch in Zukunft Fahrscheine bei Beratern kaufen.
Engagiert sind aber auch einige jüngere Illertisser: Illertissen ehrt Taucher, Turner und Theaterspieler