Während coronabedingt Museen und Kulturzentren für Gäste dichtmachen mussten, haben am Rand der Illertisser Jungviehweide, inmitten fremdartiger Bäume, ein Zauberer und ein Mönch die Besucher auf ihrer Seite. Die Skulpturen sind Teil eines 2012 angelegten Baum- und Kunstpfads auf Staatswaldgelände – und die sind in Corona-Zeiten noch beliebter als Ausflugsziel geworden. Förster Bernd Karrer hat dafür gesorgt, dass es dort nun noch mehr zu entdecken gibt.
Der Waldpfad hat sich zu einem beachtenswerten Rundweg auf 0,75 Hektar Fläche mit Kunst, Poesie, Spielereien und Wissenswertem über Bäume und Sträucher entwickelt – insgesamt 94 Arten sind dort zu finden. Als zuständigen Förster freut es Bernd Karrer, wie es in den Wochen der Ausgangsbeschränkungen täglich immer mehr Besucher wurden: „Morgens die Jogger, zur Mittagspause Berufstätige und nachmittags Familien mit Kindern.“
So viel Aufmerksamkeit gebe es für das durch den Pavillon weithin sichtbare Waldstück oft nur bei Veranstaltungen auf der Jungviehweide, etwa der Illertisser Gartenlust. An dieser Aktion hätten sich die Förster als unmittelbare Nachbarn am Waldrand seit Beginn mit Aktionen beteiligt, erzählt Karrer. So kamen Forstkollege Peter Schaffner und er im Jahr 2012 auf die Idee, die verwilderte Fläche für die Öffentlichkeit dauerhaft attraktiv zu gestalten. Das wurde genehmigt und die beiden Freunde legten auch gleich los. „Um rechtzeitig zur Gartenlust fertig zu sein“, so Karrer.
Aus Brennholz zimmerten sie ein breites Eingangstor. Dahinter legten sie einen Lehrpfad an mit 33 zu Bäumen des Jahres gekürten und nach ihrem Charakter beschriebenen Stämmchen sowie 16 heimischen Straucharten. „Wenn die passende Art schon stand, haben wir sie natürlich mitintegriert“, sagt der Experte. Die Wege wurden mit Hackschnitzeln begehbar gemacht und Hölzer vom Sommersturm 2012 zu originellen Holzstühlen verarbeitet.
Die Kunstwerke haben Menschen erschaffen - oder die Natur hat sie wachsen lassen
Von Menschenhand geschaffene Kunstwerke oder nach Laune der Natur entstandenes geschickt in Szene gesetzt, geeignete Gedichte auf gedruckten Tafeln, Ruhebankschaukel, Jägerhochsitz, Holzbrücke oder ein Biotop mit Schilf und Fröschen dürfen dabei nicht fehlen.
Jahr für Jahr, rechtzeitig zu Beginn der Gartenlust, gab und gibt es etwas Neues zu entdecken. Die Vielfalt an gezeigter Kunst in Holz ist groß. Sogar viele Meter hoch, indem Karrer ganze Stämme fächerartig einsägen ließ oder entwurzelte Baumriesen umgekehrt in die Erde eingrub, was beides den Einsatz schwerer Maschinen erforderte. Der 2014 dazugekommene Pavillon ist mit neunerlei Holzarten verkleidet, wie sich nachlesen lässt. Als Unterstand beherbergt er auch einige Raritäten aus Holz: Etwa ein wohlklingendes Monochord oder die Scheibe eines 250 Jahre alten Baumes von der Weiherhalde, dessen Jahresringen Stadtarchivar Hans Ranker wichtige Daten der Illertisser Chronik zugeordnet hat. Auch an die Kinder wurde gedacht, indem Schaffner und Karrer 2015 in aufwendiger Weise und über Sponsoren 14 Tiersilhouetten aus Stahl in Rostoptik fertigen ließen, die es vom Hochsitz aus zu entdecken gilt.
Auch Klimaschützer kommen im Wald auf ihre Kosten
Wer sich für den Klimaschutz interessiert, kommt beim Rundgang ebenfalls auf seine Kosten: 2016 legten die Förster zum Austesten einen Klimawald mit 22 exotischen Baumarten aus aller Welt an, den Karrer jetzt um 15 weitere fremdländische Arten ergänzte. Erste Schlussfolgerungen kann er auch schon daraus ziehen: „Der Blauglockenbaum aus China tut sich mit unseren Spätfrösten schwer, wogegen die japanische Sicheltanne oder der Tulpenbaum aus Nordamerika offenbar sehr gut zurechtkommen.“
Überhaupt scheinen die nordamerikanischen Klimaverhältnisse den hiesigen sehr nahe zu sein, weshalb von dort viele Baumarten übernommen würden, informiert Karrer. Die bestellten Exoten hatte eine Baumschule aus Albstadt-Burgfelden nicht nur geliefert und gepflanzt, sondern spontan auch den Sponsor dafür gespielt. Der ursprüngliche Finanzier war abgesprungen.
Auch der Bauhof und Unternehmen helfen mit
Den Baum- und Kunstpfad mit seinen unverwechselbaren Besonderheiten würde es bei aller von den Förstern mitgebrachten Eigeninitiative und Kreativität nicht in der Form geben, wäre da nicht hin und wieder ein Gönner, Künstler oder Unternehmer, der im Betrieb mal etwas mitanfertigen ließe. Nicht zu vergessen den Illertisser Bauhof und das Wohlwollen des Forstbetriebes Weißenhorn und zuständigen Staatswaldförsters Wilfried Sommer. Dieser erkennt dem Klimawald sogar eine Vorreiterfunktion zu: „Die Leute reden gerne von Alternativbäumen, ohne zu wissen, welche überhaupt in Frage kommen. Karrer schafft Möglichkeiten zum Anschauen und Vergleichen.“
Ein Geheimtipp also direkt in Illertissen, der durch die Corona-Krise offenbar erst richtig entdeckt wurde. Der Wermutstropfen dabei: Die zunehmende Besucherzahl zieht auch Vandalismus nach sich, weshalb Karrer seine Rundgänge erhöht und schon einiges ersetzen oder ausbessern musste.
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