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Illerberg: Ein Illerberger bringt alte Karossen auf Vordermann

Illerberg

Ein Illerberger bringt alte Karossen auf Vordermann

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    Josef Kast liebt Oldtimer. Auf seinem Hof in Illerberg hat er einige Prachtexemplare – wie den dunkelgrünen BMW 327 aus dem Jahr 1938 – stehen. Doch seine Leidenschaft gilt alten Motorrädern.
    Josef Kast liebt Oldtimer. Auf seinem Hof in Illerberg hat er einige Prachtexemplare – wie den dunkelgrünen BMW 327 aus dem Jahr 1938 – stehen. Doch seine Leidenschaft gilt alten Motorrädern. Foto: Archiv Kast

    Der Motor stottert, als Josef Kast aus der Garage fährt. Vier Versuche hat er gebraucht, um die dunkelgrüne Karosse zum Laufen zu bringen – sie hat immerhin 81 Jahre auf dem Buckel. „Da muss ich mal wieder was machen“, ruft Kast, bevor er mit offenem Verdeck und rauchendem Auspuff über den Hof fährt. Er muss es wissen. Seit über 60 Jahren werkelt und schraubt der Illerberger an alten Fahrzeugen.

    Der dunkelgrüne BMW aus dem Jahr 1938 ist nur eines von vielen Gefährten, das Kast auf Vordermann gebracht hat. Mit ihm ist er schon zur Goldenen Hochzeit durch die Alpen gefahren und hat Ulms Alt-Oberbürgermeister Ivo Gönner über den Münsterplatz kutschiert.

    Ein Leben ohne Oldtimer kann sich Kast nicht vorstellen

    Doch seine Spezialität sind Motorräder von BMW. Wie viele Kast in seinem Leben restauriert hat, weiß er nicht mehr. Dafür weiß er alles andere über die alten Zweiräder. Modell, Baujahr, PS, wie welches Teil verbaut ist. Am besten kennt er die Vorkriegsmodelle ab 1923. Für diese ist er Experte im BMW Club Mobile Classic, einem internationalen Verein für historische Autos und

    Sein erstes Gefährt hat Kast 1956 selbst zusammengeschraubt.
    Sein erstes Gefährt hat Kast 1956 selbst zusammengeschraubt. Foto: Archiv Kast

    Ein Leben ohne die alten Karossen kann sich Kast nicht vorstellen. Schon sein Vater hatte ein Motorrad von BMW. „Das habe ich als Kind immer bewundert“, sagt der 79-Jährige. Sein Vater ist im Zweiten Weltkrieg gefallen, ein Schwarz-Weiß-Foto über der Werkbank erinnert an ihn. „Bestimmt kommt meine Leidenschaft für Motorräder daher.“

    Sobald es das Alter erlaubte, war Kast mit dem Moped unterwegs. Mit 16 Jahren baute er sich ein eigenes Gefährt – ein Unterfangen, das sogar auf Foto festgehalten wurde. „Es hatte keine Zulassung, aber wir sind damit über die Feldwege gefahren“, erinnert er sich mit einem Lachen. Zwei Reifen vorn, einer hinten – wie beim Lastendreirad, das BMW 1932 auf den Markt brachte. Das sollte ein Kassenschlager werden, floppte aber, weiß Kast. Es gebe weltweit nur noch wenige Modelle. Eines davon steht auf seinem Hof in Illerberg. Er habe Jahrzehnte danach gesucht, in Zwickau wurde er fündig. Doch das alte Lastendreirad ist nicht die einzige Rarität in seiner Sammlung.

    Das älteste Motorrad stammt aus dem Jahr 1921. Auch das Modell, auf dem er 1958 seinen Führerschein machte, steht in der Garage. „Das war ein Klacks“, sagt er. Mit einer Fahrstunde hatte er den Motorradführerschein damals in der Tasche.

    Restauriert hat er die alten Maschinen in seiner Garage alle selbst. Dabei ist er kein gelernter Automechaniker. „Damals war keine Lehrstelle frei und ich musste Elektriker lernen“, erinnert sich Kast. Später arbeitete er als Elektriker, betrieb einen Supermarkt in Senden, einen Geflügelhof, zeitweise auch eine Pension. Doch am liebsten stand Kast in der Werkstatt.

    Ab 1985 machte er sein Hobby zum Beruf, restaurierte zusammen mit einem Werkzeugmechaniker und einem Dreher alte Fahrzeuge und verkaufte sie bis in die USA und Südamerika. Von den beiden habe er sich viel abgeschaut, erzählt Kast. Aber das meiste habe er auf seinen Motorradreisen gelernt. „Da geht immer etwas kaputt und man muss es am Straßenrand reparieren können“, sagt Kast. „Ich rate niemandem, sich einen Oldtimer zu kaufen, wenn er keine Ahnung hat.“

    Er hat an Motorradrallyes auf der ganzen Welt teilgenommen

    Das älteste Motorrad in seiner Garage ist die hellblaue Victoria KR1. Doch das ist nicht die einzige Rarität in seiner Sammlung.
    Das älteste Motorrad in seiner Garage ist die hellblaue Victoria KR1. Doch das ist nicht die einzige Rarität in seiner Sammlung.

    In seiner Garage in Illerberg hängen Startnummern von 1973 bis heute, im Arbeitszimmer reihen sich dutzende Pokale aneinander – die meisten für Motorradrallyes. Kast war mit seinen alten Maschinen in der ganzen Welt unterwegs, nahm schon an einer Fahrt nach Alaska teil. Ein Lieblingsmodell hat er nicht, aber die BMW R60 mit Beiwagen hat es ihm angetan. Mit ihr fährt er zusammen mit seiner Frau regelmäßig in den Urlaub. Außerdem ist Kast seit 60 Jahren im Gesangverein Illerberg-Thal und unternimmt mit den Mitgliedern Motorradtouren. Er war auch schon mit seinem Sohn und Enkel unterwegs. „Ich hatte Glück und in all den Jahren nie einen größeren Unfall.“

    Der 79-Jährige restauriert die alten Maschinen längst nicht mehr professionell, sondern nur noch für sich. Den Winter über steht er in der Werkstatt und schraubt. „Das Schönste ist die erste Fahrt“, sagt Kast. „Dann sieht man, ob sich die ganze Arbeit gelohnt hat.“ Von den Modellen, die jetzt in seiner Garage stehen, will er keines mehr hergeben. Einige davon wurden noch nie gefahren, manche kommen regelmäßig zum Einsatz. Kast sagt: „Solange es meine Gesundheit erlaubt, werde ich Motorrad fahren.“

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