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Gespräch: Hart, derb, schwäbisch

Gespräch

Hart, derb, schwäbisch

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    Elmar Kaufer, die einstige Stimme der Illertal-Rockband „Die Taucher“. Ihr erstes Album tauchte sogar in blauem Vinyl in den Läden auf.
    Elmar Kaufer, die einstige Stimme der Illertal-Rockband „Die Taucher“. Ihr erstes Album tauchte sogar in blauem Vinyl in den Läden auf. Foto: Fotos: hip

    Vöhringen Niemand kann behaupten, dass er es nicht probiert hätte. Der erste Versuch war noch einigermaßen erfolgreich, die anderen weniger. Ein Popstar ist Elmar Kaufer nicht geworden. Ein Poster von ihm und seiner Band Die Taucher ist nie gedruckt worden, dafür hängt in der Bellenberger Traube seit mehr als zwei Jahrzehnten immer noch ein geräuchertes altes Konzertplakat seiner Band. Das dürfte ihm viel wichtiger sein.

    Den verpassten Chancen, „den heul’ ich nicht nach“, sagt er heute und freut sich, mit seiner aktuellen Combo „Tauchermeister“ immer noch in der Bellenberger Kultkneipe vor ein paar Hundert Leuten spielen zu können, die jede Zeile der alten Lieder mitsingen. Ein bisschen Trauer um die alten Zeiten zieht sich allerdings schon durch seine Sätze, wenn er sagt, dass damals, in den späten 80ern und frühen 90ern im Illertal musikalisch noch deutlich mehr los war: „In jedem Keller hat es gewummert. Im Jugendhaus hat alle 14 Tage eine hiesige Band gespielt.“ Und im Bucher Hinterland kamen jahrelang Tausende zusammen, um bei Halbertshofen regionale Bands zu feiern. Die lokalen Helden hießen neben den Tauchern Gravestone, Century, Sherman, Menace, Stranger, Arrakis oder Scrap Heap. Solche örtliche Gruppen, die ihr eigenes Ding durchziehen wollen, gibt’s natürlich heute noch, doch „in der Öffentlichkeit passiert wenig bis gar nichts“.

    Coverbands, ja, das schon. Die spielen die Hits der „Großen“, und das oft ziemlich gut, aber etwas Eigenes eben nicht – und das würden die Leute vermutlich nicht wollen. Elmar Kaufer: „So Bands wie uns früher, das mögen die meisten nicht mehr hören. Da sagt man, des kenn i net, des kann nix sein! Heute ziehst du damit keine 2500 Leute mehr nach Buch.“ Aber jammern möchte er auch nicht, denn mit sich und seiner eher flach verlaufenen Karriere ist er längst im Reinen. „Ich spiel lieber in der Regionalliga mit meinem eigenen Scheiß’ – und alle haben ihren Spaß. 400 oder 600 Leute, das ist doch auch toll.“

    Vor gut einem Vierteljahrhundert war der Ehrgeiz allerdings deutlich größer. Geboren wurden Die Taucher einst auf einer Silvesterfeier zum Jahreswechsel 1985/86 aus einer Bierlaube heraus. „Es muss auf jeden Fall nach Mitternacht gewesen sein“. So fanden sich „Elmex“, Harry, Pete und Vince zusammen. Sie verschwanden zwei Jahre lang im Proberaum und tauchten dann auf der Bühne des Vöhringer Jugendhauses wieder auf – vor vollem Haus. „Es war wohl ein schreckliches Konzert“, doch wenig später standen die Taucher mit Gravestone – den damaligen Heavy-Metal-Königen vom Illertal – schon auf der deutlich größeren Bühne beim legendären Open Air Halbertshofen.

    Sie kamen an, weil sie anders waren, hart, derb, schwäbisch. Wenn Elmar Kaufer seiner Vöhringer Zunge so richtig Auslauf gibt, tauchen in den Augen von Nichtschwaben ganz große Fragezeichen auf. Trotzdem fand die Band eine Plattenfirma im hessischen Offenbach, die schon solche Deutschrock-Größen wie Schwoißfuaß („Oiner isch emmer dr Arsch“) und die Rodgau Monotones („Erbarme’, die Hesse komme!“) betreuten.

    Eitelkeiten und Starallüren

    Vor genau 22 Jahren gingen die vier ins Studio und nahmen zehn Songs auf. In einer Zeit, als Die Ärzte und Die Toten Hosen mit Punkrock berühmt wurden, war auch Platz für Die Taucher. „In sechs Wochen hatten wir mehr als 10000 Platten verkauft“, erinnert sich Elmar Kaufer. Die Band aus der Provinz bekam einen Fernsehauftritt beim WDR, ein Video lief bei RTL, eine Deutschlandtour folgte sowie diverse Auftritte mit den Ärzten in der Schweiz.

    Und dann? Ja dann ging’s dahin: „Wir hätten richtig Geld verdienen können. Mit der Plattenfirma, das war abartig geil – wenn wir nicht so blöd gewesen wären.“ Persönliche Eitelkeiten und Starallüren, Debatten übers Geld. Elmar Kaufer schied aus, doch mit neuem Sänger konnten Die Taucher nichts mehr reißen. „Der Wahnsinn war weg“, sagt Kaufer heute und hat recht.

    Mit ihrer ersten Platte hatten die vier noch ein Lebensgefühl bedient, das der Jungen vom Land. Die Illertisser Zeitung schrieb damals: „Eine volksnahe Band, die dem Volk nicht nur aufs Maul schaut, sondern auch mal draufhaut.“ Die Texte drehten sich um die Stammkneipen, die verhassten „Popper“ aus dem „Flair“, das es längst nicht mehr gibt, um das Gerenne nach dem fünften Bier in der Traube oder dem „Chic“ in Illertissen, das Mopedfahren auf dem Feldweg. „Wir waren für die damalige Jugend ein Stück weit Sprachrohr“, meint Elmar Kaufer – und wer je erlebt hat, wie die Menge bei Konzerten auch heute noch lauthals „Ooohjeoooh, ich muss aufs Klo“ singt, zweifelt nicht daran.

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